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Tiefgreifende Aufbauwirkung

Medizin. – In Magdeburg steht seit dem 9. Januar der Leichtathletiktrainer Thomas Springstein vor Gericht. Er soll Athleten Dopingmittel verschafft haben. In einer von der Staatsanwaltschaft sichergestellten Email ist auch vom Gendoping-Mittel Repoxygen die Rede. Der Sportmediziner und Doping-Experte Professor Wilhelm Schänzer von der Deutschen Sporthochschule nimmt dazu im Gespräch mit Arndt Reuning Stellung.

    Reuning: Herr Professor Schänzer, was ist das Besondere am Gendoping?

    Schänzer: Am Gendoping ist das Besondere, dass nun der menschliche Organismus das Dopingmittel selber produziert. Das geschieht in dem Falle so, dass man die Information, wie zum Beispiel Epo vom Körper produziert wird, in diese Erbinformation eingeschleust wird. Deshalb eben eine Genmanipulation gemacht wird, das ist eine Gentherapie zu medizinischen Zwecken. Für den Dopingbereich wäre so etwas auch anwendbar, und seit zwei Jahren sind solche Maßnahmen von der Weltdoping-Agentur als Gendoping verboten.

    Reuning: Sie haben erwähnt, es geht um Epo, also ein Mittel, das als Dopingmittel verwendet und im Körper selbst verwendet wird, welche Effekte hat das?

    Schänzer: Epo selbst wird in den Nieren produziert, des menschlichen Organismus. Es bewirkt dann, dass in den Knochen Markstammzellen, die roten Blutkörperchen, schneller ausreifen und somit die Anzahl der roten Blutkörper gesteigert wird, die selber dann den Sauerstoff vermehrt transportieren können und damit für den Ausdauersportler eine bessere Leistung ermöglichen.

    Reuning: Also eigentlich ein Medikament gegen Blutarmut. Würde denn ein Einsatz von Epo oder Repoxygen bei Spitzensportlern Sinn machen?

    Schänzer: Ja, vielleicht noch einmal ganz kurz zur Repoxygen selber, die Firma, die das produziert hat, Oxford Biomedica aus England, die hat das Produkt ja nicht vermarktet, sie hat es entwickelt, an Mäusen getestet, sie wollte es dann auch für den Humanbereich entwickeln, zumindest wurde das angedacht. Es ist dann aber nicht weiter verfolgt worden. Also, es liegt im Augenblick kein marktfähiges Produkt vor. Das Verfahren selber, also wie man das macht, ist sicherlich publiziert worden. Dieses könnten Sportler natürlich anwenden, wobei das Verfahren, wie es hier für Repoxygen beschrieben ist, eigentlich aus meiner Sicht für Sportler wenig effektiv ist, weil in dem Verfahren selber ist ein so genannter Kontrollmechanismus eingebaut, wobei eben, wenn der Körper normal Sauerstoff besitzt, aufgenommen hat und transportiert, dieses Gen nicht aktiviert ist, also das Epo-Gen, nur in einem Zustand, wo der Organismus eben zu wenig rote Blutkörperchen hat, also eine gewisse Blutarmut hat, wird über zu wenig Sauerstoff eben ein entsprechender Sensor aktiviert, der das Gen dann aktiviert. Für den Kranken wäre das eine ideale, eine ganz tolle Therapiemöglichkeit.

    Reuning: Wie könnte man erkennen, ob jemand so ein Gendopingmittel eingenommen hat?

    Schänzer: Also, es gibt sicherlich zwei Möglichkeiten, so etwas zu erkennen. Die eine Möglichkeit ist, dass die entsprechenden Substanzen, wie dieses Gen in die Zellen eingeschleust wird, also in diese Muskelzellen, identifiziert. Diese Verfahren sind allerdings noch nicht ausgereift, die müßten wir sicherlich erst entwickeln. Die andere Möglichkeit ist, dass wir bei dem Epo-Test selber schauen, ob es hier Veränderungen gibt, die eine Unterscheidung zu dem körpereigenen Epo, was der Mensch normalerweise produziert, ermöglichen.

    Reuning: Wie gefährlich könnte es für einen Sportler werden, der dieses Repoxygen einnimmt?

    Schänzer: Wenn die Gefährlichkeit natürlich wäre, dass dieses Präparat bisher für den Menschen nicht entwickelt wurde, auch die Gefahren bisher nicht getestet sind. Problem ist sicherlich, wenn das Gen einmal aktiviert ist, die Kontrolle und die Abschaltung nicht optimal funktioniert. Im schlimmsten Fall würde dann der Körper Epo produzieren, ohne das zu kontrollieren, damit mehr rote Blutkörperchen, das Blut würde langfristig verdicken, also viskoser werden, es käme zu Thrombosen und dann schließlich auch zum Todesfall.