Freitag, 19. April 2024

Archiv

Trump ante portas
EU und NATO in nervöser Erwartung

Nach Besuchen in mehreren islamischen Staaten kommt US-Präsident Donald Trump diese Woche auch noch nach Europa, wo er mit Vertretern der Europäischen Union und der NATO sprechen wird. Gespannt warten alle darauf, wie er diesmal das Verhältnis der USA zu beiden Organisationen definieren wird und wie die Zusammenarbeit künftig aussehen wird.

Von Kai Küstner | 22.05.2017
    US-Präsident Donald Trump verlässt das Weiße Haus zu seiner ersten Auslandsreise.
    US-Präsident Donald Trump kommt jetzt auch nach Europa: EU und NATO sind gespannt, was sie erwartet. (imago stock&people)
    Als Donald Trump einst Brüssel als "Höllenloch" bezeichnete, war das gemünzt auf Brüssel als Hauptstadt Belgiens. Weniger auf die EU. Doch auch was die Europäische Union betraf, so ließ der US-Präsident bis vor Kurzem kaum eine Chance aus, diese schlechtzureden. Er pries die "Brexit"-Entscheidung der Briten und beschrieb den Kontinent kurz vor Amtsantritt als von Deutschland dominiert und kurz vor dem Kollaps stehend:
    "Wir haben es hier mit dem ersten US-Präsidenten überhaupt zu tun, der nicht nur wenig angetan ist vom europäischen Projekt, sondern offen dagegen ist", sagt Thomas Valasek, ehemals slowakischer NATO-Botschafter und heute Direktor der Denkfabrik Carnegie Europe. Aus dessen Sicht schwebt das Treffen Trumps mit den EU-Spitzen in noch größerer Gefahr, schief zu gehen, als der NATO-Gipfel.
    Wie unberechenbar der Mann im Weißen Haus ist, hat er hinlänglich unter Beweis gestellt. Ende Februar pries Trump die EU auf einmal als "wundervoll". Er befürworte sie absolut. Die Europäer hatten daraus schon früh die Lehre gezogen, dass sie die Herausforderung Trump – genau wie all die anderen – nur meistern können, wenn sie es schaffen, irgendwie zusammenzuhalten.
    NAT könnte der Anti-IS-Allianz beitreten
    "Beweis dafür, dass wir hier einig sind, war die Tatsache, dass einige meiner Kollegen einen neuen Spitznamen für mich erfanden. Und mich als 'Ihren Donald' bezeichneten in Abgrenzung zum US-Präsidenten", plauderte unlängst nach dem Sondergipfel auf Malta EU-Ratspräsident Donald Tusk aus. Der mit dem US-Präsidenten in der Tat den Vornamen gemeinsam hat. Am Donnerstag also wird nun der eine Donald den anderen treffen. Der EU-Donald den US-Donald. Erstmalig. Ein paar Stunden später dann werden weitere Premieren gefeiert – im NATO-Hauptquartier:
    "Es wird das erste Treffen sein, bei dem der neue US-Präsident und der neue französische Präsident allen anderen NATO-Alliierten begegnen", erklärt NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Als der vor gut einem Monat Washington besuchte, tat ihm Trump den Gefallen, zu erklären, dass er die Militärallianz nun doch nicht mehr für "obsolet", also überholt, halte. Und damit der mächtigste Verbündete seine Meinung nicht wieder ändert, wird die NATO versuchen, ihm Wünsche zu erfüllen. Einer davon lautet, dass das Bündnis mehr tun möge im Kampf gegen die Terrormilizen vom sogenannten 'Islamischen Staat'. Noch ist die NATO nämlich formal nicht Mitglied der internationalen "Anti-IS-Koalition". Doch auch wenn gerade Berlin und Paris bis zuletzt dagegen Vorbehalte hatten, gut möglich, dass die Allianz dieser offiziell beitritt.
    "Das wird jetzt diskutiert. Es geht dabei nicht darum, dass NATO an Kampfhandlungen teilnimmt. Das wurde auch gar nicht gefordert", betont zwar Generalsekretär Stoltenberg. Ein Signal in Richtung Trump wäre es aber natürlich doch, sollte das Bündnis in der Krisenregion bald offiziell Flagge zeigen.
    Vorschläge zur Erhöhung der Militärbudgets
    Zum anderen werden Trump's NATO-Partner geloben, wie gefordert ihre Militär-Budgets zu erhöhen. Auf dem Tisch liegt der Vorschlag, wie das ARD-Europastudio Brüssel aus Bündniskreisen erfuhr, dass jeder Mitgliedsstaat einmal pro Jahr ein Papier, eine Art Plan, ins Hauptquartier schickt, aus dem hervorgeht, wie es um die nationalen Verteidigungshaushalte bestellt ist. Wofür man das Geld auszugeben, aber drittens auch, inwiefern man zu NATO-Missionen beizusteuern gedenkt.
    Es dürfte also mit dem Geschäftsmann Trump auf ein Tauschgeschäft hinauslaufen: Die Alliierten machen ihm bestimmte Zusagen, der bekennt sich als Gegenleistung zu ihnen und verspricht, sie nicht im Stich zu lassen.
    Sowohl auf EU- als auch auf NATO-Seite muss man allerdings darauf hoffen, dass jedes warme Wort länger nachhallt als nur bis zum nächsten Tweet.