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Trumps Wirtschaftspolitik
Viele Wahlkampfversprechen sind wenig realistisch

In manchen Politikbereichen hatte sich Donald Trump mit Wahlkampfversprechen merklich zurückgehalten, in der Wirtschaft folgte jedoch ein Vorschlag nach dem nächsten: Handelsabkommen verhindern, Strafzölle gegen China, kein teurer Klimaschutz! Aber was davon wird er wirklich umsetzen?

Von Brigitte Scholtes | 09.11.2016
    Händler auf dem Parkett der New York Stock Exchange am Morgen nach dem Sieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl.
    Sorgenvolle Blicke an der New Yorker Börse am Morgen nach dem Sieg von Donald Trump. (Picture alliance / dpa / EPA / Justin Lane)
    "Internationale Handelsbeziehungen – was genau hat Trump vor?"
    Donald Trump möchte knapp fünf Millionen Arbeitsplätze, die aus den USA in Billiglohnländer abgewandert sind, zurückholen. Deshalb lehnt er Freihandelsabkommen wie TTIP ab. Er wirft China Währungsmanipulationen vor und erwägt Strafzölle. Mexiko will er mit dem Bau einer Mauer abschotten.
    "Was wären die Konsequenzen?"
    Eine Abschottung der USA würde den Welthandel schwer belasten. Die deutsche, exportorientierte Wirtschaft würde darunter leiden, erklärt Ralph Wiechers, Chefvolkswirt des Maschinenbauverbandes VDMA:
    "Jeder Protektionismus führt natürlich dazu, dass sich unsere Handelsbeziehungen eintrüben, dass wir es schwieriger haben, unsere Erzeugnisse in dem jeweiligen Land abzusetzen. Wir haben oft ein Alleinstellungsmerkmal bei Produkten, die wir anbieten, aber wenn es generell eine Belastung des Außenhandels gibt, tun wir uns natürlich auch dort schwer."
    Sollte sich das Verhältnis zu China eintrüben, es sogar zu einem Handelskrieg kommen, in dem die USA hohe Strafzölle erhöben, dann dürften die Chinesen sich dagegen zur Wehr setzen, meint Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank:
    "Wenn China wirklich geärgert würde, hätte China beispielsweise die Möglichkeit, durch einen gewissen Verkauf von US-Staatsanleihen das Zinsniveau in den USA nach oben zu treiben. Da reichen ja oft Ankündigungen aus, um Marktturbulenzen auszulösen. China könnte selektive Ausfuhrverbote verhängen. Es würde sich selbst damit schaden, aber vielleicht im Bereich Seltene Erden eben auch Teilen der US-Industrie."
    Seltene Erden aber werden etwa für den Bau von Handys, Elektroautos oder Batterien verwendet, die Firmen im Silicon Valley wie Apple würden schwer getroffen.
    "Wie realistisch ist das? Kann Trump das wirklich machen?"
    Eher wenig realistisch, meinen die Fachleute, so etwa Achim Wambach, Präsident des ZEW, des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung:
    "Ein Großteil der Wertschöpfung, der in den USA geschaffen wird, basiert auf Inputs, die aus dem Ausland kommen, sei es aus Kanada, aus Mexiko oder aus Deutschland. Das heißt, wenn man dort die Grenze dicht macht oder dichter macht, dann schadet man sich selber."
    Und auch Marcel Fratzscher, Präsident des DIW, des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, glaubt:
    "Alle wichtigen Entscheidungen, das Abschließen eines Freihandelsabkommens wie TTIP oder auch NAFTA, aber auch ein Aufkündigen eines wichtigen Abkommens wie dem Klimaabkommen oder dem Freihandelsabkommen unterliegen der Zustimmung des Kongresses, da kann der Präsident alleine erst mal überhaupt nichts machen."
    "Abschiebung von Einwanderern ohne legalen Status – was genau hat Trump vor?"
    Donald Trump möchte mehr als elf Millionen nicht registrierte Immigranten abschieben. Außerdem will er eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen lassen, damit weniger Menschen von dort in die Vereinigten Staaten einwandern.
    "Was wären die Konsequenzen?"
    Sollte es tatsächlich zu einer massenhaften Ausweisung kommen, dann würden in den USA auf einen Schlag viele Arbeitskräfte fehlen, die in den Fabriken, aber auch als Servicepersonal in den Hotels oder in den Häusern der Vermögenden eingesetzt würden. Dadurch könnte sich die Wertschöpfung der amerikanischen Wirtschaft verringern.
    "Wie realistisch ist das? Kann Trump das wirklich machen?"
    In dem Ausmaß auf keinen Fall, davon sind die Fachleute überzeugt, wenngleich auch Achim Wambach vom ZEW meint:
    "Er hat das ja so ins Zentrum seiner Politik geführt, dass er da Maßnahmen wird machen müssen, das sind keine guten Aussichten."
    Und Holger Schmieding von der Berenberg Bank sagt:
    "Trump wird vom Kongress nicht das Geld bekommen, um eine Mauer zu bauen. Zum Zweiten wird er vermutlich auch nicht in der Lage sein, sehr viele Mexikaner aus den USA einfach abzuschieben. Die USA sind ein Rechtsstaat. Punkt."
    "Annullierung des internationalen Klimaschutzabkommens von Paris – was genau hat Trump vor?"
    Trump hält den Klimawandel und Treibhausgase für eine Erfindung, um die Auflagen in den USA hoch zu schrauben, Arbeitsplätze zu vernichten und Länder wie China zu begünstigen. Das Klimaschutzabkommen von Paris will er aufkündigen.
    "Was wären die Konsequenzen?"
    Zunächst nicht unbedingt negative für die USA, glaubt Schmieding:
    "Wir haben ja eigentlich in den USA die Entwicklung seit einigen Jahren, dass der vergleichsweise saubere Einsatz von Gas so zugenommen hat, dass insgesamt die USA wesentlich weniger Klimasünder sind als noch vor einigen Jahren, und zwar unabhängig von den Verpflichtungen des Klimaschutzabkommens."
    "Wie realistisch ist das? Kann Trump das wirklich machen?"
    Auch hier: Nein. Marcel Fratzscher vom DIW:
    "Er kann es erst mal nicht ohne Zustimmung des Kongresses, er kann sicherlich das Abkommen verwässern oder versuchen zu verschieben, aber verhindern wird er es nicht."
    Das System der Checks and Balances, der gegenseitigen Kontrolle von Präsident und Kongress, wird auch hier wirken.