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Vierter Anlauf für Evonik

Schon dreimal hat der Spezialchemiekonzern Evonik den Versuch zu einem Börsengang unternommen. Dreimal hat man davon wieder Abstand genommen. Nun steht nach Medienberichten ein neuer Versuch bevor.

Von Michael Braun |
    Das Eis scheint gebrochen, die Preisvorstellung von Käufern und Verkäufern klaffen nicht mehr auseinander. Elf bis zwölf Milliarden Euro – so haben potenzielle Investoren den Essener Spezialchemiekonzern im Juni vorigen Jahres bewertet. Das war Evonik zu wenig. Jetzt liege die Bewertung "deutlich" höher, teilte Evonik heute mit. Und dies nicht nur auf Basis von Kaufabsichten, sondern auf der Basis von schon getätigten Aktienverkäufen.

    Denn die bisherigen Eigentümer, die RAG Stiftung und der Finanzinvestor CVC, haben insgesamt etwas weniger als zehn Prozent der Aktien an, wie es heißt, "ausgewählte in- und ausländische institutionelle Investoren" verkauft. Dies außerbörslich im Wege der sogenannten Privatplatzierung.

    "Bei einem Börsengang würde man wahrscheinlich als Kleinanleger billiger rankommen. Wenn man den Umweg über die Parklösung bei großen Investorenhänden sucht, wird es teurer werden. Das ist klar. Auch die starken Hände wollen natürlich eine Marge verdienen, was ja auch legitim ist. Grundproblem ist: Im Augenblick ist die Börsenstimmung für sehr wenige große Börseneinführungen gut, dass man einen vernünftigen Preis bekommt."

    Sagt Robert Halver von der Baader Bank. Ein Trost für kleinere private Kaufinteressenten: Die Privatplatzierung ist als erster Schritt auf dem Weg zur Börse gedacht. Werner Müller, der frühere Bundeswirtschaftsminister und jetzige Chef des Evonik-Großaktionärs RAG Stiftung, ließ sich heute zitieren mit dem Hinweis, die Tür für die geplante Börsennotierung des Unternehmens sei ein weiteres Stück geöffnet. Und der Vorstandsvorsitzende von Evonik, Klaus Engel, ließ wissen, ihm seien alle Aktionäre, alte wie neue, gleich lieb. Er wolle mit allen den bisherigen Kurs fortsetzen, und das sei ein Wachstumskurs. Engel ist als solider Optimist bekannt:

    "Von einer Krisenstimmung in unserer Brache kann keine Rede sein. Denn es wird weiter aufwärts gehen."

    In Frankfurt heißt es, schon Ende April könne Evonik an die Frankfurter Börse kommen. Mit einem Marktwert von rund 14 Milliarden Euro reicht Evonik an Adidas, Beiersdorf, Fresenius, Henkel oder RWE heran und wäre deutlich mehr wert als Commerzbank, Deutsche Börse, Heidelberger Cement, K+S, Lanxess, Lufthansa, Merck oder ThyssenKrupp. Evonik dürfte also, einmal notiert, schnell in den DAX 30 aufrücken. Eine Vorgängerin war da schon mal. Thomas Schiessle von Equi.TS weiß, wer da an die Börse kommt, wenn Evonik kommt:

    "Im Wesentlichen kommt da die alte Degussa an die Börse, also Spezialchemie, wie wir sie noch aus der Historie kennen."

    Neues Geld fließt dem Unternehmen mit dem Wechsel im Aktionärskreis nicht zu. Die Aktionäre wollen Kasse machen. CVC will Gewinne realisieren. Die RAG Stiftung braucht von 2019 an jedes Jahr rund 200 Millionen Euro, um die Ewigkeitslasten des Ruhrkohlebergbaus zu finanzieren, vor allem das Abpumpen von Wasser aus stillgelegten Kohlengruben.