
US-Präsident Donald Trump will den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine schnell beenden. Aus dem Grund will er mit dem russischen Machthaber Putin telefonieren. Ob Russland einer 30-tägigen Waffenruhe zustimmt, ist offen. Die deutsche Bundesregierung rechnet nicht mit einer schnellen Einigung. Nach Ansicht der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas zeigten die von Putin gestellten Bedingungen für eine Waffenruhe einen mangelnden Friedenswillen.
Dem geplanten Telefonat waren Gespräche zwischen Delegationen der USA und der Ukraine in Saudi-Arabien über ein Ende des russischen Angriffskriegs vorausgegangen. Diese brachten nach dem Eklat zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj Ende Februar im Weißen Haus Eklat überraschend eine Aussicht auf eine Feuerpause.
Hat die Ukraine die USA wieder an ihrer Seite? Kann eine Waffenruhe gelingen – und wäre das ein erster Schritt in Richtung Friedensverhandlungen?
Wie soll die Waffenruhe in der Ukraine aussehen?
Nach Verhandlungen in Saudi-Arabien hat die Ukraine dem US-Vorschlag für eine 30-tägige Waffenruhe zugestimmt – wenn Moskau sich ebenfalls dazu verpflichtet.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der selbst nicht an den Gesprächen zwischen US-Außenminister Marco Rubio und Vertretern der Ukraine teilgenommen hatte, betonte in Kiew, der Vorschlag zur Waffenruhe betreffe auch die Front – nicht nur Kämpfe in der Luft und zur See.
Die USA haben mittlerweile die zwischenzeitlich gestoppten Militärhilfen wieder freigegeben. Auch Geheimdienst-Informationen sollen wieder an Kiew weitergegeben werden, wie Vertreter beider Seiten nach den Gesprächen mitteilten. Vor allem Erkenntnisse aus amerikanischen Satellitenbildern sind von immenser Bedeutung für die Ukraine, um russische Truppenbewegungen zu beobachten und Luftangriffe abzuwehren.
Laut der gemeinsamen Erklärung erörterten die Delegationen zudem die Bedeutung humanitärer Maßnahmen wie den Austausch von Kriegsgefangenen und die Rückführung verschleppter ukrainischer Kinder. Die Ukraine sprach sich außerdem erneut dafür aus, die europäischen Partner in den Friedensprozess einzubeziehen. Auch einigten sich die USA und die Ukraine auf eine möglichst schnelle Unterzeichnung des verhandelten Rohstoffabkommens.
Reaktionen zu den Ergebnissen aus der Ukraine, Russland und den USA
In Kiew hofft man offenbar nach den massiven Spannungen zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj, die USA wieder auf seine Seite zu bekommen. Nun werde klar werden, an wem ein Frieden in der Ukraine seit mehr als drei Jahren scheitere, sagte Selenskyi: „Die Ukraine ist bereit für Frieden. Ob Russland bereit ist, muss es jetzt zeigen. Die Zeit für die Wahrheit ist gekommen.“
Der russische Präsident Wladimir Putin befürwortete eine Waffenruhe in der Ukraine zwar grundsätzlich, stellte jedoch Bedingungen. Zunächst müssten "ernste Fragen" zur Umsetzung geklärt werden, zudem müsse eine Waffenruhe "zu einem dauerhaften Frieden führen und die tieferliegenden Ursachen dieser Krise angehen", sagte er.
Angesichts der Reaktion aus Moskau warf der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Putin vor, keinen Frieden zu wollen.
Sollte Russland der Waffenruhe zustimmen, wären aus Sicht von US-Präsident Donald Trump Dreiviertel des Weges zu einem Frieden geschafft. "Die Signale aus Russland sind ziemlich gut", sagte Trump. US-Außenminister Marco Rubio äußerte sich vorsichtig optimistisch über die Möglichkeit, dass Putin eine Waffenruhe unterstützt.
Der britische Premierminister Keir Starmer sagte, Putin werde früher oder später an den Verhandlungstisch kommen müssen. Bei einer Videokonferenz von westlichen Ukraine-Unterstützern forderte er dazu auf, den Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin aufrechtzuerhalten, um ein Ende des Krieges zu erreichen.
Für einen dauerhaften Frieden brauche es außerdem klare Sicherheitsgarantien, die von einer "Koalition der Willigen" abgesichert würden, so der britische Premier.
Was die „Koalition der Willigen“ tun möchte
Bei der „Koalition der Willigen“ handelt es sich nach britischen Angaben um rund 25 Staaten, die zur weiteren Unterstützung Kiews gegen den russischen Angriffskrieg bereit sind – darunter europäische Partner, Australien, Kanada und Neuseeland sowie Vertreter der NATO und der EU-Kommission. Die USA sind nicht darunter.
Frankreich und Großbritannien haben sich bereit erklärt, im Rahmen einer solchen Koalition eine mögliche Waffenruhe in der Ukraine mit französischen und britischen Truppen abzusichern.
Zuletzt einigten sich die EU-Außenminister auf weitere Finanzierungshilfen für die Ukraine. Die EU-Außenbeauftragte Kallas legte einen neuen Finanzierungsplan vor. Er sieht vor, dass im laufenden Jahr mindestens 20 Milliarden Euro für Waffen bereitgestellt werden.
Jedes Land soll entsprechend der eigenen Wirtschaftskraft einen Beitrag leisten. Frankreich, Italien und Spanien müssten ihre Hilfen aber massiv ausbauen. Ob sie das tun werden, ist offen.
Jedes Land soll entsprechend der eigenen Wirtschaftskraft einen Beitrag leisten. Frankreich, Italien und Spanien müssten ihre Hilfen aber massiv ausbauen. Ob sie das tun werden, ist offen.
Die Koalition westlicher Ukraine-Unterstützer hat bislang zwei Mal im März getagt. Dabei wurde auch über Unterstützung für eine künftige Friedensmission beraten, falls Putin eine Einstellung der Kampfhandlungen beschließt.
Auch drohen die westlichen Ukraine-Unterstützer Russland mit schärferen Sanktionen und mehr Militärhilfe für Kiew, wenn Moskau eine "sofortige und bedingungslose" Waffenruhe ablehnt.
Militärexperte: Ukraine hatte keine Wahl
Militärexperte Carlo Masala sieht in den Verhandlungen zur Waffenruhe keinen großen Erfolg für das angegriffene Land. Vor allem in einer zentralen Frage, den geforderten Sicherheitsgarantien, könne er keine Bewegung erkennen. „Donald Trump hat die Ergebnisse dadurch erreicht, dass er den Ukrainern die Daumenschrauben angezogen hat“, sagte Masala. Die Ukraine habe keine andere Wahl gehabt, als dem US-Vorschlag zuzustimmen.
Auch was eine Einbindung der EU in Friedensverhandlungen mit Russland anbelangt, zeigt sich Masala skeptisch. „Die Rolle Europas wird weiterhin die eines Zaungastes sein, der am Ende das finanziell und militärisch absichern soll, was zwischen USA und Russland ausgehandelt wird“, so der Experte von der Universität der Bundeswehr München.
Zwischen Hoffnung und Skepsis
Auch in der Ukraine sind die Reaktionen gemischt. Die einen, wie der Politologe Wolodymyr Fesenko, sehen in den Verhandlungen einen Erfolg des angegriffenen Landes. Die Ergebnisse der Gespräche in Saudi-Arabien hätten die optimistischsten Erwartungen übertroffen, sagte der Direktor des ukrainischen Zentrums für politische Forschung „Penta“.
Andere halten solche Aussagen für verfrüht. So betonte etwa der ukrainische Diplomat und frühere Außenminister Wolodymyr Ohrysko beim Fernsehsender „Espresso“, es sei erst der Beginn eines sehr langen Prozesses, und fügte hinzu: „Daher würde ich heute nicht wagen zu sagen, ob dies ein Sieg für die eine oder die andere Seite ist.“
Kann die Ukraine jetzt auf Frieden hoffen?
Ob der Vorstoß für eine Waffenruhe eine erste Weichenstellung für Frieden in der Ukraine sein kann, hängt von der Reaktion Russlands ab. Die Ergebnisse dürften für Russland unerwartet gekommen sein. Angesichts Trumps jüngsten Zerwürfnisses mit Selenskyi hatte man wohl darauf gehofft, die Ukraine weiter unter Druck setzen zu können. Ob Moskau Interesse an einem Waffenstillstand hat, ist fraglich. Der russische Machthaber Wladimir Putin will einen Frieden zu russischen Bedingungen machen. Diese lauten: territoriale Zugeständnisse an Russland und keine NATO-Mitgliedschaft für die Ukraine.
In seiner Reaktion auf die Einigung sprach Putin außerdem erneut von den sogenannten "Ursprüngen der Krise". Eine Formulierung, mit der Russland seinen Angriff auf die Ukraine seit 2014 zu rechtfertigen versucht, sagt die ehemalige Dlf-Auslandskorrespondentin in Moskau Gesine Dornblüth. Es geht dabei um eine angebliche Regierung von Nazis in der Ukraine und einen angeblich drohenden Genozid an russischsprachigen Menschen. Diese "Ursprünge" wünscht Putin zu beseitigen. Das seien jedoch Maximalforderungen ohne reale Grundlage, so Dornbüth.
Allerdings ist davon auszugehen, dass Putin ein klares „Nein“ zur angebotenen Waffenruhe vermeiden wird. Sonst riskierten sie, "dass die USA ihre positive Haltung gegenüber Russland ändern“, sagt Militärexperte Masala.
Doch selbst wenn es zu einem 30-Tage-Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Angreifer Russland kommt, der Weg bis zu einem nachhaltigen Frieden im angegriffenen Land bliebe lang. Zumal nicht gesagt ist, dass sich Russland tatsächlich an die Vereinbarungen halten würde.
In der Ukraine jedenfalls ist das Misstrauen groß, viele gehen davon aus, dass Russland seine Angriffe trotz einer vereinbarten Waffenruhe fortsetzen würde. Die Lage im Kriegsgebiet bleibt derweil angespannt. Kaum hatte die Ukraine einer möglichen Feuerpause zugestimmt, hagelten in der Nacht russische Raketen und Drohen auf ukrainische Städte.
irs, csh