Neue Technik in Medien
Wenn die KI das Zeitungslayout macht

Wie andere Verlage auch setzt die "Nordwest-Zeitung" in Oldenburg beim Erstellen ihrer Seiten inzwischen auf KI. Das automatisierte Layouten soll helfen, den Fortbestand der gedruckten Ausgabe so lange wie möglich zu sichern. Aber wie genau?

Von Bastian Brandau | 16.05.2024
Techniker sitzen während der Podiumsdiskussion zur Oldenburger Oberbürgermeisterwahl bei der Nordwest-Zeitung an ihren Bildschirmen.
Zeitungen müssen mit der Zeit gehen - übertragen etwa auch längst Live-Bilder, wie hier die "Nordwest-Zeitung" bei der OB-Wahl in Oldenburg (picture alliance / dpa / Mohssen Assanimoghaddam)
15 Uhr in der Redaktion der „Nordwest-Zeitung“ in Oldenburg. In einem Konferenzraum sitzen vier Menschen. An der Wand projiziert: Die noch weitgehend leeren Seiten für die Friesland-Ausgabe der NWZ des kommenden Tages. Texte und Bilder für die Seiten aus und für Jever, Varel und Wilhelmshaven stehen aber bereits im Redaktions-System.
„Das geben wir sozusagen in das automatische Layout ab, an Sophie, die diese Daten, die dort mitgeliefert werden, so aufbereitet und dann auf die Seiten verbaut, dass es dann im besten Falle so gut passt, dass wir nur noch minimale Finalisierungsarbeiten machen können.“
Olaf Ulbrich leitet bei der „Nordwest-Zeitung“ das Kanal-Management, zu dem auch das Layout gehört. Das übernimmt seit gut einem Jahr ein KI-gestütztes Programm in einer Testphase. Das Layout – also die Anordnung der Artikel und Fotos auf den Zeitungsseiten – ist kein rein technischer Vorgang. Die Platzierung folgt journalistischen Kriterien, was wichtig ist und was weniger wichtig. Das Programm weiß dies erstmal nicht. Also müssen die Texte entsprechend beschriftet und eingeordnet sein, sichtbar jetzt auf der Liste im Konferenzraum an der Wand. Eine elf bei der Priorität zeigt einen Aufmacher an, Meldungen haben eine vier vorne stehen. „Und dann ist es im Grunde der ominöse Klick“, so Olaf Ulbrich.

Fehler werden noch manuell korrigiert

Die Software errechnet mehrere Varianten – diese werden innerhalb der KI bewertet. Für diese Bewertung folgt sie von der NWZ festgelegten Layout-Regeln. Olaf Ulbrich: „Aus der Erfahrung, die wir als Layouter haben, wissen wir natürlich im Kopf: Was hätten wir gemacht? Und diesen Vergleich, den machen wir jetzt sozusagen im Live-Lauf und schauen, wie platziert wurde. Und wir schauen natürlich, wurde auch technisch sauber gearbeitet? Da sieht man hier schon mit bloßem Auge: Auf der Varel 9, da ist eine Meldung ein bisschen zu kurz. Oben ist ein Bild, also man hätte ruhig bis nach unten bauen können.“
Fehler, die das automatische Anpassungstool der Software schnell korrigieren könnte – auf die reihenweise Anwendung des Tools verzichtet die NWZ aber im Testlauf zunächst. So gehen sie hier im Konferenzraum durch die Seiten und kürzen Überschriften, ziehen Kästen zurecht und passen Fotos an. Probleme und Fehler melden sie aus Oldenburg an den Hersteller Eidos Media nach Frankfurt.
Dort hört der zuständige Mitarbeiter Jörg Drees auch an diesem Nachmittag zu: „Es ist immer relevant, hier wirklich produktionsreife Daten zur Verfügung gestellt zu bekommen. Sie sehen das anhand der Daten, die wir hier mit den Fehlern noch vom Redakteur geliefert bekommen haben, die rausgenommen werden müssen. Das sind alles weitere Schritte, wo wir sehen, dass der manuelle Aufwand zusätzlich reduziert werden kann.“

Und bedroht das am Ende Arbeitsplätze?

Daten, mit denen dann eine Firma in Kanada die dahinterstehende KI füttert. Noch ist alles ein Testlauf, der vor gut einem Jahr begonnen hat. „Wir sind natürlich alle auf der Suche nach Antworten auf die Frage: Wie kann man die Printproduktion im digitalen Wandel mit tendenziell sinkenden Printauflagen effizient gestalten und möglichst lange sichern?“
Dass der Einsatz von KI-gesteuerter Layout-Software darauf eine Antwort sein könnte, davon ist Chefredakteur Ulrich Schönborn überzeugt. Möglich sei der Probelauf nur, weil die „Nordwest-Zeitung“ bereits vor einiger Zeit Strukturen umgestellt habe, die Zahl der Lokalausgaben verkleinert, das Layout vereinheitlicht. Es gilt "Online First": Was fertig ist, wird veröffentlicht.
„Wir haben das Kanalmanagement, das ist bei uns primär zuständig für die Produktion der Printausgabe. Wir sind dort 17 Kollegen gewesen zu Beginn des Projekts. Für das Aufgabenpaket, was damals definiert war, wollen wir am Ende dieses Pensum mit zehn Kollegen schaffen. Wichtig ist: Es gibt eine Betriebsvereinbarung, die ausschließt, dass wir wegen des Einsatzes der KI an dieser Stelle betriebsbedingt kündigen. Wir sind also sehr zuversichtlich, dass dieser Abbau an Stellen an diesem Tätigkeitsbereich durch Fluktuation in andere Bereiche kompensiert werden kann.“
Etwas, was der niedersächsische Landesverband des Deutschen Journalisten-Verbands kritisch sieht. Dort geht man davon aus, dass es mittelfristig doch zu einem Stellenabbau kommen werde.

Vorteil Zeitersparnis

Bei der NWZ soll in Zukunft die KI druckfertige Seiten generieren, sagt Chefredakteur Ulrich Schönborn. „Aber es geht keine Seite raus, ohne dass noch mal ein Redakteur draufgeschaut hat. Es gibt sicherlich aber auch Bereiche, da wird man immer so ein bisschen nacharbeiten müssen.“
Eine zu lange Überschrift, ein zu großer Abstand zwischen Foto und Artikel: Das passiert auch an diesem Nachmittag. In den meisten Fällen aber habe das System gut gearbeitet, sagt Olaf Ulbrich, Leiter des Kanalmanagements. „An der Seite hätten wir zehn Minuten gesessen, aber wir haben halt jetzt auf sechs Seiten gerechnet in zwei Minuten. Und wir haben auch durchaus dann den Anspruch zu sagen, wir können auch 30 Seiten in zwei Minuten rechnen. Und da liegt dann die große Zeitersparnis.“