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Widerstand gegen das Turbo-Abi

Mit einer Petition will eine Elterninitiative die hessische Landesregierung zwingen, das Abitur nach neun, statt nach acht Jahren auch für die derzeitigen Fünft- und Sechstklässler zu ermöglichen. Das zum Schuljahr 2013/14 eingeführte Schulgesetz verhindert dies bislang.

Von Anke Petermann | 18.01.2013
    Ein Bürgerhaus am Stadtrand von Gießen. Trotz eisiger Straßen sind ein Dutzend Elternbeiräte aus ganz Hessen dorthin gereist. Gemeinsam mit den Gründern der Initiative G9-Wahl wollen sie eine Resolution formulieren. Die Kernforderung: eine Übergangslösung für die Gymnasien, die künftig das Turboabitur nach acht Jahren nicht mehr anbieten wollen. Ausgerechnet an diesen Schulen sollen die laufenden Klassen fünf und sechs nämlich noch auf G8 verpflichtet bleiben. Die Bürgerinitiative und die versammelten Elternbeiräte wollen das nicht hinnehmen. Andreas Bartels, Sprecher der Initiative.

    "Wir sind sehr glücklich darüber, dass die Rückkehr zu G9 überhaupt möglich ist. Das Problem ist, dass bestimmte Klassen völlig unnötig davon ausgeschlossen werden, und das sind gerade an den Gymnasien, die sich ganz für G9 entscheiden, die jetzigen Klassen 5 und 6. Das heißt, das betrifft bis zu 25 Prozent der Schüler an so einem Gymnasium, dass die nicht zu G9 wechseln dürfen, obwohl sie das wollen."

    Um der Landesregierung das weitere Zugeständnis abzuringen, hat die Initiative eine Online-Petition auf den Weg gebracht. Rund 13.0000 Menschen haben bislang unterzeichnet. Am kommenden Dienstag soll das Paket dem Landtagspräsidenten überreicht werden. Die angestaute Unzufriedenheit mit dem Turboabitur und der vorherrschende Elternwunsch, zu G9 zurückzukehren, formieren sich zur Lawine, beobachten Elternvertreter, wie Bernd Mönnich, Stadtelternbeiratschef in Marburg,

    "Es hat Abstimmung unter 5er und 6er-klassen, auch diese Klassen, die schon im System mit G8 sind, wollen wirklich in Prozentsätzen von 95,96,98 Prozent, dass auch ihre Kinder zurückgehen können."

    Für diese Möglichkeit, hatte die schwarzgelbe Koalition eigentlich den sogenannten "Schulversuch" vorgesehen. Der ermöglicht Gymnasien, G8 und G9 parallel laufen zu lassen. Doch Eltern und Schulleiter fürchten, so Mönnich, dass dieses Modell die Rückkehr zu G9 nur in der Theorie ermöglicht.

    "Der Schulversuch hat das Problem, dass nicht der Elternwille am Ende der sieben zählt, das letzte Wort hat auf jeden Fall die Schule. Gibt es ungünstige Abstimmungsverhältnisse, dass zum Beispiel, an einer Schule, die 90 Kinder hat, 80 Kinder sagen, sie wollen G9 haben und nur zehn Kinder G8 haben (wollen), muss die Schule zwanzig Kinder überreden beziehungsweise bestimmen, die dann G8 fahren, und es wird dadurch sehr viel Unfrieden an diese Schulen kommen."

    Mit der neuen Regelung habe die schwarzgelbe Landesregierung einen Fehler gemacht, konstatieren die Vorkämpfer für die G9-Wahl. Sprecher Andreas Bartels ermutigt sie zur Umkehr:

    "Der größte Fehler wäre, diesen Fehler nicht zu beheben und nicht einzusehen, dass man’s korrigieren könnte. Und noch wäre Zeit, denn die Schulleiter sagen, bis Ostern eine Änderung, und wir können das umsetzen und noch so viele Kinder in G9 reinholen, und das hoffen wir, dass wir das bis Ostern dann in trockenen Tüchern haben."