Archiv


Zu Besuch im Wahlkreis 264

Die Bundesverbraucherministerin steht derzeit vielfach in der Kritik. Zu wenig aktiv sei sie im aktuellen Dioxin-Skandal, heißt es. Die Wähler im Tölzer Land, in Aigners Wahlkreis 264, sehen das allerdings anders.

Von Susanne Lettenbauer |
    Die Sicht ist trüb im Tölzer Land. Deutschlands Wahlkreis Nr. 224 hat der Schnee fest im Griff. Die Fünf-Tonnen-Sattelschlepper, die derzeit die Futtermittel an die Bauernhöfe verteilen, quälen sich über die Straßen. So ganz sicher kann er sich eigentlich nie sein, was sie ihm und seinen 150 Milchkühen dort liefern, sagt Bauer Hans Ertl vom Maiwald-Hof:

    "Die schwarzen Schafe wird man wahrscheinlich nie ganz wegkriegen, die wird es immer geben. Denen sind wir eben ausgeliefert. Ob man zu Hundert Prozent ausschließen kann, ob die irgendwas drunter mischen, was nicht einwandfrei ist, weiß ich nicht."

    Gut 250 000 Wähler wohnen hier im Wahlkreis. Er reicht von Starnberg bis Bad Tölz, von Miesbach bis Wolfratshausen. 54 Prozent der Stimmen hat die CSU bei der letzten Bundestagswahl bekommen, die SPD lag bei 15 Prozent, die FDP bei 14 Prozent und Bündnis90/Die Grünen bei 10 Prozent. Um zwei Punkte konnte die CSU-Abgeordnete Ilse Aigner gegenüber ihrem Ergebnis von 2005 zulegen. Landwirte wie Johann Ertl halten zu ihr:

    "Mei, jetzt ist eben mal so was passiert, aber das man da die Ilse Aigner gleich versucht in die Pfanne reinzuhauen, finde ich nicht richtig. Das ist eine parteipolitische Sache von den Grünen, dass die Kapital draus schlagen wollen. Hundertprozentig tät ich sie wiederwählen."

    Einige Kilometer weiter auf dem Fiechtner-Hof von Rothenrain stehen 25 Milchkühe im Stall. Ilse Aigner saß hier schon mal im Herrgottswinkel, diskutierte über die Europäische Union und über die Zwänge, denen ein Bundesminister für Verbraucherschutz ausgesetzt ist. Von Rücktritt spricht hier niemand:

    "Auf keinen Fall nicht. Ja, weil sie macht ihre Sache ganz gut. Warum sollte sie denn zurücktreten. Ihr haben sie ja was verheimlicht. Das ist doch erst später aufgekommen, da kann sie nichts dafür. Wenn sie die ganze Wahrheit nicht weiß, kann sie nichts dafür."

    Ursula Fiechtner, die Vorsitzende der Landfrauen im Tölzer Land, sieht den Dioxin-Skandal, das in Berlin kritisierte Zaudern und Zögern der Agrarministerin gelassen:

    "Da muss man doch erst mal erfassen, was da möglich war. Und dann muss man das mit Spezialisten durchsprechen und dann vergehen halt ein paar Tage, aber es ist ja gesperrt worden. Es ist ja nicht, sodass nichts getan wurde. Bei uns wird genug getan. Da ist es ausreichend.
    Ich bin zufrieden, ich habe sie eigentlich nur zweimal erlebt beim Landfrauentag, wo ich sie mal getroffen habe, da hab ich mir gedacht, die vertritt uns gut. Ich würde sie auch wiederwählen. Kann nicht sagen, dass ich nicht zufrieden bin, trotz alledem."

    So heißt es gleichlautend auf dem Zieglerhof in Beuerberg.
    Alois Schuller, Kreisobmann der Bayerischen Bauernverbandes versteht de Kritik der Opposition überhaupt nicht. Für ihn ist der 14 Punkte-Plan der Ministerin ein guter Ansatz, auch wenn sich dadurch nicht viel verändern wird:

    "Dass beim Dioxin das nicht greifen kann, ist auch klar, wenn alle tun können was sie wollen, da greift auch der Plan von der Ilse Aigner nicht. Wenn jetzt ich Verbraucherminister wäre und hätte jemanden, der sagt, das ist mir doch wurscht, was im Futter ist, da haue ich rein, was ich finde, was kann sie denn dafür. Von daher sagt Ilse Aigner, das muss verstärkt kontrolliert werden und die Kontrolle der Kontrolle muss noch mal kontrolliert werden. Aber ob man dann auch den letzten findet, das ist eine Frage, die keiner beantworten kann."

    Dass die Grünen ihre Ilse Aigner kritisieren könnte sich im Wahlkreis 224 eher als Bumerang erweisen, denn auch Renate Künast, die frühere Agrarminister änderte nach ihrem Dioxinskandal 2005 zu wenig, so Schuller. Interessanter ist für Schuller, wie die europäische Agrarreform 2013 für positiv gestaltet werden, der Dioxinskandal ist für ihn durch. Aigners Wahlkreis sei ja sowieso nicht betroffen, da Schweine und Geflügel hier keine wirtschaftliche Rolle spielen:

    "Meine Forderung an die Ilse wäre vielmehr, dass sie aufpassen soll, wie die Agrarreform 2013 läuft und sie die Zeit nicht mit diesem blöden Dioxin-Skandal verplempert."

    Der Schneefall ist stärker geworden. Auf dem Thomahof bei Königsdorf füttert Ortsobmann Sebastian Seidl seine Kälber. Die Kompetenzen müssten anders verteilt werden, der Bund sollte die Kontrollen übernehmen, Ilse Aigner sei dafür die Richtige:

    "Sie hat sich jetzt gut bewährt, sie geht energisch vor. Das gefällt mir. Sie weiß was sie will. Das kann man eben nicht in so kurzer Zeit machen. Ich hoffe, dass sie es ausfechtet bis zum Schluss."