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Kämpfe in Kundus
Taliban-Offensive vor Geberkonferenz für Afghanistan

Die Lage in der afghanischen Provinz Kundus hat sich in den vergangenen Wochen drastisch verschlechtert, heute griffen die Extremisten die Stadt Kundus an. Die Offensive steht vermutlich im Zusammenhang mit einer internationalen Geberkonferenz für Afghanistan in Brüssel.

Von Jürgen Webermann |
    Afghanische Sicherheitskräfte stehen in der Stadt Kundus. Zuvor hatten Taliban die Stadt angegriffen.
    Afghanische Sicherheitskräfte stehen in der Stadt Kundus. Zuvor hatten Taliban die Stadt angegriffen. (imago / Xinhua)
    Die Taliban griffen in der Nacht und im Morgengrauen von mehreren Seiten an. Zuvor hatten sie wichtige Zufahrtsstraßen blockiert. Wie weit sie in die Stadt Kundus eindringen konnten, darüber gibt es widersprüchliche Angaben. Die Regierung spricht vom Stadtrand. Anwohner in der Stadt aber berichteten auch von Schüssen und Explosionen im Zentrum von Kundus, nicht weit vom Sitz des Gouverneurs entfernt. Einige Außenbezirke seien bereits in der Hand der Taliban. Die afghanische Luftwaffe flog mehrere Angriffe. Auch Helikopter sind im Einsatz.
    Die wenigen Mitarbeiter internationaler Organisationen, die noch in Kundus arbeiten, bereiten sich Medienberichten zufolge darauf vor zu fliehen. Anwohner berichteten jedoch, selbst eine Flucht sei gefährlich, weil unter anderem die afghanischen Sicherheitskräfte auf alle Fahrzeuge schießen würden, die in den Straßen der Stadt unterwegs sind. Andere Anwohner bestätigten Regierungsangaben, wonach sich die Taliban aus ihren Positionen wieder zurückziehen würden.
    Die internationalen Einheiten in Afghanistan erklärten, die US-Armee sei bereit, die afghanischen Soldaten zu unterstützen. Ob es bereits zu Einsätzen von amerikanischen Spezialeinheiten oder der Luftwaffe gekommen ist, das blieb aber offen. Die Bundeswehr ist ebenfalls seit einigen Monaten wieder dauerhaft in Kundus stationiert. Die deutschen Soldaten sollen ihre afghanischen Kollegen beraten, eingreifen in die Kämpfe sollen sie aber nicht.
    Taliban-Kämpfer hatten sich in der Stadt versteckt
    Die Lage in der gesamten Provinz Kundus hatte sich in den vergangenen Wochen drastisch verschlechtert. Unter anderem hatte die afghanische Parlamentsabgeordnete Shukria Paykan Ahmadi vor wenigen Tagen im Interview mit dem ARD-Hörfunkstudio Südasien vor einem erneuten Fall der Stadt gewarnt: "Bei meinem letzten Besuch vor wenigen Tagen konnte ich nicht einen einzigen Distrikt besuchen. Die Taliban kontrollieren drei Distrikte vollständig und in den anderen beschränkt sich der Einfluss der Regierung auf das Gelände, in dem wichtige Behörden wie etwa die Polizei untergebracht sind. Auch in der Stadt Kundus hat die Regierung nicht die vollständige Kontrolle."
    Tatsächlich hatten sich Taliban-Kämpfer in der Stadt versteckt gehalten. In einigen Distrikten regieren sie dagegen offen und haben eigene Verwaltungsstrukturen aufgebaut. Der Armee gelang es bisher nicht, eine entscheidende Offensive gegen die Extremisten durchzuführen. Die Sicherheitskräfte sind an zu vielen anderen Schauplätzen gebunden. Unter anderem verloren sie in Helmand in Südafghanistan heute einen Distrikt. Auch die dortige Provinzhauptstadt sowie die Hauptstadt der Provinz Uruzgan standen in den vergangenen Wochen kurz vor dem Fall.
    Morgen beginnt in Brüssel eine internationale Geberkonferenz für Afghanistan, auf der es um Milliardenhilfen für das vom Krieg zerrüttete Land gehen soll. Die heutige Offensive der Taliban war offenbar im Zusammenhang mit dieser Konferenz geplant worden. Das deuten die Taliban in mehreren Äußerungen an, in denen sie die Konferenz brandmarken. Die Milliardenhilfen dienten nicht dem afghanischen Volk, sondern korrupten Regierungsmitgliedern, heißt es in einem der Statements.