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Kohlekommission
Kohleausstieg 2035 offiziell vom Tisch

Keine Vorfestlegungen zum Kohleausstieg: So das Ergebnis des Treffens der Kohlekommission. Trotz des Ärgers um den öffentlichen Kompromissvorschlag zum Kohleausstieg ab 2038 wollen die Mitglieder weiter vertrauensvoll zusammenarbeiten. Doch unterschwellig gärt es - aus verschiedenen Gründen.

Von Theo Geers | 18.09.2018
    Braunkohlekraftwerke im Braunkohlegebiet Garzweiler Kraftwerk Neurath Block F und G BoA 2 3 Bra
    Viele Mitglieder der Kohlekommission zeigten sich verärgert über die Äußerungen von Ronald Pofalla zum Zeitpunkt des Kohleausstiegs (imago stock&people)
    Der Mann des Anstoßes-Ronald Pofalla-fehlte heute. Er ließ sich in der Kohlekommission entschuldigen - wegen seit Langem feststehender Termine in seinem Hauptberuf als Vorstandsmitglied der Bahn. An den Irritationen, die Pofalla seit dem Wochenende verursacht hatte, weil er laut Spiegel-Bericht für den endgültigen Kohleausstieg die Jahre 2035 bis 2038 vorschlage, lag es also nicht. Dennoch war in der Kommission einiges klarzustellen und das geschah dann auch.
    Viele Mitglieder verärgert
    "Es gibt zwischen den Vorsitzenden keinerlei Vorfestlegungen hinsichtlich der Ergebnisse der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung".
    Hieß es in einer am Nachmittag verbreiteten Erklärung, mit der versucht wird, die Wogen in der Kommission wieder zu glätten. Damit war das angebliche Kohleausstiegsdatum 2035 bis 38 zumindest offiziell wieder vom Tisch, ob es auch aus den Köpfen der Kommissionsmitglieder wieder heraus war, blieb hinterher offen. Die Mitglieder hielten sich an die Absprache, ihre Gespräche vertraulich zu behandeln. Dabei hat Pofalla oder derjenige, der das angebliche Ausstiegsdatum durchgestochen hatte, viele Mitglieder der Kohlekommission düpiert und verärgert. Etwa Antje Grothus von der Bürgerinitiative Buirer für Buir, die in Kerpen im rheinischen Braunkohlerevier gegen den Braunkohleabbau kämpft:
    "Wenn man hier einen gesellschaftlichen Konsens erarbeiten will, bin ich gerne dabei, aber ich halte nicht als Feigenblatt her für einen Konsens, der keiner ist, sondern den einer Vorsitzenden vorschreibt."
    In der Kommission gärt es
    Großes Unverständnis auch bei Michael Vassiliadis, dem Vorsitzenden der Bergbau- und Chemiegewerkschaft IG BCE. Er hatte schon am Sonntag einen Brief an Pofalla initiiert, in denen die Gewerkschafts-, aber auch die Industrievertreter in der Kommission erklärten, das Vertrauen in die Arbeit der Kommission werde durch solche Vorstöße beschädigt. Vassiliadis heute früh im Deutschlandfunk:
    "Der Punkt ist, dass wir ja nicht bei Tarifverhandlungen sind, oder es geht ja hier um Sachfragen, die man auch begründen muss. Und die Begründung für 2035 bis 2038 ist mir noch schleierhaft."
    Mit den bisher geführten Gesprächen in der Kommission decke sich ein solches Datum jedenfalls nicht, betonte Vassiliadis noch und gab damit einen Hinweis, wie sehr es in der Kommission gärt. Alle Mitglieder gehen davon aus, dass die "Kommission ein eigenständiges und unabhängiges Mandat hat", um über die Schaffung von konkreten Ersatzarbeitsplätzen zu beraten und danach ein Kohleausstiegsdatum festzulegen. Genau das stünde aber infrage, wenn Pofalla parallel dazu einen Zeitplan ausarbeitet und diesen unter anderem auch schon mit der Bundesregierung bespricht, wie es der Spiegel berichtet. Das erklärt auch, warum Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier heute in der ARD versicherte:
    "Die Kommission hat einen wichtigen Auftrag und die Bundesregierung respektiert das, das heißt, die Regierung mischt sich nicht ein in die Zuständigkeiten dieser Kommission."
    Räumungen im Hambacher Forst belasten das Klima
    Belastet wird das Arbeitsklima auch durch die unverändert weiter gehenden Räumungen der Baumhäuser im Hambacher Forst. Peter Altmaier setzt weiter auf Dialog, räumt aber auch ein:
    "Das hat bisher nicht zu einer Verständigung geführt. Und man muss beide Seiten sehen: Die rot-grüne Landesregierung hat dieses Abholzen genehmigt, es gibt Gerichtsurteile, deshalb: Die Beteiligten sollten weiter reden, aber das ist keine Frage, die auf Bundesebnen entschieden werden kann."
    Heißt übersetzt: Der Konflikt um das Abholzen des Hambacher Forsts soll aus der Kohlekommission möglichst heraus gehalten werden. Ob das gelingt, ist offen. Denn für die Umwelt- und Klimaschützer bleiben die Räumungen zugunsten des Stromkonzern RWE eine einzige Provokation, auch wenn sie in der Kommission erst einmal bleiben und deren Mitglieder, wie es auch in der Erklärung hieß, erst einmal weiter vertrauensvoll zusammen arbeiten.