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Manhemsdagen
Schwedische Rechtsextreme treffen sich in Stockholm

Am Samstag hat die Stiftung "Europa Terra Nostra", hinter der die rechtsextreme "Allianz für Frieden und Freiheit" steht, Gesinnungsfreunde nach Stockholm geladen. Zwar schwächeln die schwedischen Neonazis zur Zeit. Doch dieses Treffen könnte ein Versuch sein, das Auseinanderdriften zu stoppen. Experten sehen das im Rahmen einer generellen Radikalisierung der öffentlichen Meinung als Gefahr.

Von Carsten Schmiester | 26.05.2016
    Dan Eriksson zählt zur Prominenz der schwedischen "Szene". Er gehörte zur Spitze der inzwischen aufgelösten rechtsextremen "Svenskarnas Parti", übersetzt "Partei der Schweden". Heute betreibt er unter anderem den Neonaziblog "Motgift", "Gegengift", und ist Chef der Stiftung "Europa Terra Nostra" (ETN), hinter der wiederum die rechtsextreme "Allianz für Frieden und Freiheit" steht. Die ETN bittet am Samstag Gesinnungsfreunde aus ganz Europa zum Treffen nach Stockholm. Dieser "Manhemsdagen" heißt wohl so in Erinnerung an eine pro-nationalsozialistische schwedische Organisation, die in den 1930er- und frühen 1940er-Jahren Rassismus und Antisemitismus vertrat, bevor sie 1944 verboten wurde. Aber das ist eine Vermutung. Genaue Informationen wie auch präzise Angaben zu Ort und Zeit der Veranstaltung sind offiziell nicht zu bekommen und wohl nur Eingeweihten vertraut. Angst vor Gegendemonstrationen? Vielleicht, obwohl Eriksson sonst die Öffentlichkeit nicht unbedingt meidet. Auch nicht im Ausland. Erst im März war er in Deutschland, ein kurzer Film über seinen Auftritt beim "Oranienburger Abendspaziergang" kursiert im Internet: Darin beklagt er den angeblichen Wandel seiner Heimat Schweden:
    "Von einem Land, was einmal große idyllische Areale besaß, die aus den Filmen von 'Pippi Langstrumpf' oder aus 'Wir Kinder aus Bullerbü' bekannt waren, zu einem Land, was die höchste Vergewaltigungsrate in der Europäischen Union besitzt. Außerdem gibt es dort mehr als 50 sogenannte No Go Areas."
    Komplizierte Strukturen
    Für ihn und seine Freunde ist klar. Die Verantwortung dafür tragen natürlich Immigranten und Politiker, die diese Immigranten ins Land gelassen haben. So kompliziert die Strukturen der Rechtsextremen in Europa sind, so einfach, aber auch leicht zu widerlegen, sind ihre Parolen. Daniel Vergara arbeitet für die Stockholmer "Expo"-Stiftung, die vom Bestsellerautor Stieg Larsson mit gegründet worden ist und die die rechtsextreme Szene genau im Blick hat. Nach seiner Beobachtung schwächeln die Neonazis zurzeit etwas, es gab in Schweden im vergangenen Jahr deutlich weniger Aktivitäten und erste Auflösungserscheinungen, aber dennoch laut "Expo" keinen Grund zu Entwarnung.
    "Bis zur letzten Parlamentswahl 2014 hatten wir die Schwedenpartei, die dominierende Nazi-Partei in Schweden. Seit ihrem Zusammenbruch haben wir viele Aktivisten, die plötzlich organisationslos sind. Manche sind zu einer noch extremeren Gruppierung gegangen, zur "Nordischen Gegenbewegung". Andere engagieren sich dezentral. Es gibt also mehr Gruppen."
    Dieser Trend erklärt aus Vergaras Sicht Veranstaltungen wie den "Manhemsdagen". Er sei der Versuch, das Auseinanderdriften zu stoppen und zu neuer Einheit und Stärke zu finden.
    "Zweck des Manhemsdagens ist es, eine Plattform zu schaffen, auf der Leute mit den gleichen Ansichten zusammenkommen. Es werden dafür sogar EU-Mittel benutzt, weil es eine paneuropäische Partei gibt, die "Allianz für Frieden und Freiheit". In Wahrheit sollen sich hier aber die europäischen Rechtsextremen sammeln."
    "Eine Gefahr für Minderheiten"
    Mit allem, was dazugehört: Mit Musik aus der "Szene", mit einem, wie es im Netz heißt, "politisch unkorrekten" Theaterstück und mit rechtsextremem Merchandise, mit Aufklebern, auf denen in dicken Buchstaben das Wort "Nationalist" steht oder T-Shirts mit dem aufgedruckten Spruch "Flüchtlinge nicht willkommen". Das alles lässt den Expo-Mitarbeiter aber eher kalt, den "Manhemsdagen" und seine Teilnehmer, von denen offiziell niemand weiß, wie viele es am Ende sein werden, sieht er nicht als die eigentliche Gefahr.
    "Ich glaube nicht, dass sie selbst eine starke Position bekommen oder ins Parlament gewählt werden, sie sind zu extrem. Aber sie sind eine Gefahr für Minderheiten, sie streuen Hass und bringen andere dazu, Verbrechen zu begehen. Außerdem sehe ich die Gefahr, dass sie die öffentliche Meinung und dann auch die etablierten Parteien radikalisieren."
    Deshalb warnt Vergara vor dem "Manhemsdagen". Er ist nach seiner Meinung Teil in einem Puzzle, dass erst als Ganzes ein wirklich beunruhigendes Bild ergibt.
    "Die Ideen dieser Leute sind eine Bedrohung, weil man sie so leicht unterschätzt. Das, denke ich, ist die eigentliche Gefahr. Sie versuchen, ihr Gedankengut immer mehr in die Gesellschaft zu tragen. Die größte Gefahr kommt aber von den rechtspopulistischen Parteien, die zwar auf eine mildere Weise diese Ideen streuen, aber sie haben die gleichen Wurzeln."