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Abschaffen oder wieder einführen?

In diesem Jahr können die Studienkollegs in Deutschland ihr 50-jähriges Bestehen feiern. Doch in NRW herrscht keine Feierlaune. Die abgewählte alte Landesregierung hatte aus Spargründen alle staatlichen Studienkollegs gestrichen - ohne einen brauchbaren Ersatz in Aussicht zu stellen.

Von Eva Bendix |
    Ali Labban kommt aus dem Libanon und studiert jetzt BWL:

    "Als Vorbereitung für die Uni hat mir das Studienkolleg supergut geholfen, ganz ehrlich!"
    Karina Dioses ist Peruanerin und lernt Ökotrophologie an der Fachhochschule Münster:

    "Als ich in der FH war, konnte ich mehr Sachen als Leute, die hier Abi gemacht haben. Ich habe mich mehr vorbereitet gefühlt, als wenn ich nicht dieses Studienkolleg gemacht hätte."
    Doktor Lothar Jansen, Münsteraner. Er hat 26 Jahre am Studienkolleg unterrichtet und es bis zur Schließung geleitet:

    "Es ist eine Katastrophe für ausländische Studieninteressierte aus Entwicklungsländern, weil wir viele Studierende aus Krisengebieten hatten, die so die Möglichkeit bekamen, in der BRD zu studieren, in Sicherheit zu leben und später eine Berufsperspektive zu haben."

    Lothar Jansen ist über das Aus des Studienkollegs nach wie vor enttäuscht und sauer. Nachdem er die Türen des Kollegs endgültig schließen musste, wurde er an ein Gymnasium versetzt. Er gründete einen Verein zur Wiedereinführung staatlicher Studienkollegs in NRW. Der Mathelehrer kämpft mit Zahlen, Statistiken und Argumenten und hat sich so Gehör beim Wissenschaftsministerium verschafft.

    "Ich bin von der neuen Wissenschaftsministerin angeschrieben worden. Man stellt in Aussicht, dass es in Zukunft eine Neuorientierung der Hochschulpolitik in diesem Bereich geben wird."
    Man arbeite an einem modernen tragfähigen Konzept heißt es aus dem Ministerium. Vage Zusagen statt konkreter Alternativen.

    Doch junge Ausländer wollen wissen, ob, wo und wie sie sich künftig in NRW auf ein deutsches Studium vorbereiten können. Deswegen hat der Palästinenser Mazen Kanaan als Vorsitzender der ausländischen Studierendenvertretung in Münster Politiker angeschrieben:
    "Ich habe E-Mails geschrieben. Wir haben das Versprechen bekommen von der rot-grünen Regierung, dass sie sich für die Wiedereinführung stark macht oder für ein neues Konzept, was auf dem alten Konzept basiert."
    Das alte Konzept der Studienkollegs stieß allerdings auf heftige Kritik bei der Uni Münster. Prorektorin Marianne Ravenstein:

    "Das Modell der staatlichen Studienkollegs in der Vergangenheit war unseres Erachtens nicht erfolgreich, weil doch eher sehr wenige Studierende tatsächlich ein Studium aufgenommen haben."
    Nachdem die Studienkollegs nach und nach dem Rotstift zum Opfer fielen, stellte das Schulministerium den Hochschulen frei, in eigener Regie gebührenpflichtige Vorbereitungskurse anzubieten. Für rund 5000 Euro das Semester. Das Rektorat der Uni Münster lehnte wie viele Andere dankend ab:

    "Wenn wir entsprechende Mittel, das heißt, Ressourcen und Personal einzustellen bekommen, würden wir dieses tun. Da war aber die deutliche Antwort, nein!"
    Mittlerweile ist die Zahl afrikanischer Studierender in Münster deutlich zurückgegangen. Ausländischen Studieninteressierten bleibt zurzeit in NRW entweder der teure Weg zu einem privaten Anbieter oder aber in zwei kirchliche Kollegs. Alternativ versuchen Ausländer, in die Studienkollegs anderer Bundesländer auszuweichen.

    "Kein anderes Bundesland war so dumm, diesen Entschluss mitzumachen. Aber natürlich sind die Kapazitäten in den anderen Bundesländern begrenzt."
    Der ehemalige Leiter des Studienkollegs in Münster ist optimistisch, dass es einen Nachfolger für ihn geben wird und dieser dann die Türen in einem neuen Kolleg wieder öffnen kann.

    "Es gibt eine unabhängige Studie, die ganz deutlich sagt, dass der Studienerfolg der Studienkollegiaten fast so hoch ist, wie der der Deutschen. Während Ausländer, die nicht am Studienkolleg waren und dann studiert haben, nur halb so erfolgreich waren. Das zeigt, dass die Studienkollegs ein ganz hervorragendes Konzept hatten."
    Sein ehemaliger libanesischer Schüler Ali Labban träumt von einer besonderen Zukunft des Kollegs:

    "Wenn man nur im Studienkolleg sein Studium abschließen würde, würde ich nur das Studienkolleg wählen – ganz ehrlich!"