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"Littering"
Was tun gegen die Vermüllung öffentlicher Räume?

„Littering“ – die illegale Vermüllung von öffentlichem Raum – hat vor allem während der Pandemie deutlich zugenommen. Ein großer Teil des Mülls besteht aus Verpackungsmüll. Mit Gesetzen, Bußgeldern und Sensiblisierungskampagnen versuchen Verantwortliche und Aktivisten, dem Problem zu begegnen.

Von Claudia Hennen | 22.04.2022
Leere Weinflaschen und weitere Hinterlassenschaften der letzten Nacht stapeln sich an einem Mülleimer am Rheinufer.
„Littering“ bezeichnet das achtlose Entsorgen von Abfällen in Parks, im Wald, an Straßen- und Wegrändern und selbst in Naturschutzgebieten. (picture alliance/dpa | Andreas Arnold)
Ein windiger Samstagmorgen Mitte Februar: Am rechtsrheinischen Rheinufer in Köln-Stammheim werden Plastiksäcke und Greifzangen verteilt. Dutzende sind auf dem Deich zusammengekommen, um im Naturschutzgebiet Müll aufzusammeln. Umweltaktivist Christian Stock hat dazu aufgerufen:
„Ich freue mich, dass ihr alle da seid. Es sind jetzt noch ein paar dazu gekommen, wir haben so knapp vierzig Leute. Ich denke, es kommen noch ein paar nachgetröpfelt, wie das so ist. Schön dass ihr Eure freie Zeit hier opfert, um mit uns was Gutes zu tun! Ich freue mich.“

Müll sammeln, wo städtische Reinigungskräfte nicht hinkommen

Christian Stock trägt ein graues T-Shirt mit einem schwarzen Kraken darauf. Krake steht für „Kölner Rhein-Aufräum-Kommando-Einheit“ und ist die wohl bekannteste ehrenamtliche Müllsammel-Truppe der Domstadt. Vor sieben Jahren hat sie der 38jährige Schauspieler Christian Stock gegründet, mittlerweile organisieren sich Tausende freiwillige Helfer in einer Facebook-Gruppe. In Absprache mit den Behörden sammeln sie wilden Müll überall dort auf, wo die städtischen Reinigungskräfte nicht hinkommen. Wie hier am abschüssigen Rheinufer:
„Heute ist es wichtig, dass wir hier reingehen, denn es wurde sehr viel vom Hochwasser angeschwemmt. Wir haben hier schon ein paar Mal gesammelt, letztes Jahr etwa, und haben hier tonnenweise Zeug rausgeholt – allein im September haben wir, glaube ich, allein fünf Tonnen rausgeholt, also ihr werdet Spaß haben (Lachen)... Passt auf euch auf!“
Die „Kraklinge“, wie sich die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer nennen, schwärmen aus. Ihre Müllsäcke füllen sich in Windeseile.
„Meistens kleinteilig, Plastik, eine Flasche schon, ein Stück von einer Schaufel, Wattestäbchen, ganz viele.“
„Ich finde es erschreckend, wieviel Styropor überall ist. Hauptsächlich Styropor, da könntest du einen ganzen Sack zuhauen.“

"Ein Regenschauer, und du hast etliche Liter Grundwasser verseucht“

„Ich geh hier oft spazieren und ärgere mich auch immer wieder über den Müll. Was schon oben auf dem Deich anfängt, obwohl da Mülleimer sind, liegen da um die Mülleimer herum Zigarettenkippen. Damit fängt es immer schon, bis zu - na, wie schwer ist das Ding – fünf Kilo schweren Kunststofffass, es ist alles da, es ist der Wahnsinn! Wir finden hier Kühlschränke! Mitten im Naturschutzgebiet!“
„Littering“, so wird das Phänomen genannt: Es geht um das achtlose Entsorgen von Abfällen im öffentlichen Raum, es geht um Vermüllung. Das Phänomen ist weit verbreitet und hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt. Das zeigt eine Studie von 2020 auf, die das Umweltbundesamt beauftragt hat. Die Studie zeigt auch, dass Littering erhebliche Umweltprobleme nach sich zieht. Müll-Aktivist Christian Stock versucht, mit seinen öffentlichkeitswirksamen Aufräumaktionen aufzuklären:
„Oftmals noch nicht mal böse, das ist einfach nur gedankenlos, zum Großteil. Als Beispiel Zigarettenstummel. Zwei Drittel aller Raucher schnipsen ihre Kippe einfach weg. Weil sie nicht darüber nachdenken. Die denken, es besteht aus Watte, verrottet ja. Nee! Ein Zigarettenstummel besteht aus Zellulose-Acetat. Das sind Plastikfasern, die sich immer weiter zersetzen. Plus die ganzen Giftstoffe, ein Regenschauer, und du hast etliche Liter Grundwasser verseucht.“

Täglich 770 Tonnen Einwegverpackungen

Zu den häufigsten gelitterten Abfällen zählen nicht nur Zigarettenstummel. Einen Riesenanteil am illegalen Müllaufkommen haben auch Take-Away-Einwegverpackungen. Jeden Tag fallen in Deutschland laut Bundesregierung 770 Tonnen solcher Einwegverpackungen im Müll an. Viele davon landen in Parks und Sträuchern, verschmutzen Plätze, Straßen- und Wegränder. Das Problem habe stark zugenommen, beklagt der Verband kommunaler Unternehmen, kurz VKU. Verbands-Präsident Rainer Hasenkamp:
„Die Pandemie hat die Situation deswegen verschärft, weil die Menschen begrenzten Reiseraum hatten und dann in ihrem Umfeld wiederentdeckt hatten, dass es durchaus stadt- oder wohnortnah attraktive Flächen gibt, die in Beschlag genommen werden können. Und immer, wenn der öffentliche Raum attraktiv ist, das Wetter gut passt, werden natürlich zunehmend Aktivitäten nach draußen verlagert.“
Rainer Hasenkamp leitet die Abfallwirtschaftsbetriebe Münster. Er erinnert sich an einen traurigen Höhepunkt des vergangenen Jahres:
„Das waren in der Tat gigantische Berge, die da angefallen sind. Wir hatten an einem Himmelfahrtswochenende im letzten Jahr rund um unseren Freizeitbereich Aasee sechs Tonnen Glasbruch. Das sind natürlich dann auch Dinge, die nicht nur rein optisch und vom Aufräumen ärgerlich sind, sondern auch diejenigen massiv gefährden, die den Freizeitraum normal nutzen wollen – als Spaziergänger, Kinder, die spielen, Hunde, die daher gehen – alle können gefährdet werden, Schaden nehmen, wenn das Littering in solche Dimensionen ausufert.“

Vor allem junge Erwachsene littern

Aber wer verursacht hauptsächlich diesen Dreck? Eine Langzeitstudie der Jahre 2005 bis 2017, die vom Verband kommunaler Unternehmen herausgegeben wurde, hat gezeigt, dass vor allem junge Erwachsene zwischen 18 und 30 Jahren littern. Als Gründe machte die Studie Faulheit und mangelnde Erziehung aus. Und Alkohol spiele dabei eine entscheidende Rolle:
„Dass insbesondere durch die Gruppenbildung dann der älteren Jugendlichen – in Kombination mit dem Alkoholkonsum dann die eigene verantwortliche Handlungsfähigkeit immer weiter eingeschränkt wird und dann das Littering tatsächlich passiert. Diese Phänomene werden wir nur in Kombination mit einschränkenden Maßnahmen und Ordnungsrecht, also sprich mit Bußgeldern, in den Griff bekommen können.“
Viele Kommunen setzen daher verstärkt auf Verbote, etwa Alkohol-, Glasflaschen- oder Grillverbote auf besonders frequentierten Plätzen oder in Parks. Einige Städte haben auch die Bußgelder drastisch erhöht – Beispiel: Stuttgart. Hier kostet das Wegwerfen von Kippen oder Kaugummis heute rund 100 Euro Strafe, mittlerweile sind sogar Zivilstreifen unterwegs, um Müllsünder auf frischer Tat zu ertappen. Vielerorts aber werden die Verstöße nicht geahndet, es fehlt an Mitarbeitern.

Junge Menschen für das Thema sensibilisieren

In der Bekämpfung des Litterns geht es aber auch darum, junge Menschen für das Thema zu sensibilisieren. Umweltbildung ist nicht fest in den Lehrplänen verankert, hängt vom Engagement der Schule oder einzelner Lehrkräfte ab. Eine mehrfach preisgekrönte Initiative zur Müllvermeidung in den Schulen ist das bundesweite Unterrichts- und Mitmachprojekt „Gib Abfall einen Korb“. Organisiert wird es vom Berliner Zeitbild-Verlag, der Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung und dem Bundesverband der deutschen Süßwarenindustrie.
Berufsschullehrerin Sybille Breiter vom Berufsschulzentrum im sächsischen Schneeberg hat im vergangenen Jahr mit ihrer Schule daran teilgenommen. Sie hat nicht nur Mülltrennung in allen Klassenzimmern eingeführt, sondern war auch mit ihren Schülerinnen und Schülern zum sogenannten „Plogging“ in der Stadt:
„Plogging heißt ja nichts anderes als Joggen und dabei Müll sammeln. Ich habe Handschuhe gekauft, und dann sind wir losgezogen mit blauen Säcken, jeder hat einen Sack gekriegt. Wir haben uns die Stadt eingeteilt – nach dem Stadtplan – immer zwei Schüler haben bestimmte Straßenzüge gekriegt. Und wir hatten dann nach drei Stunden über 40 kg Müll gesammelt.“

Steigender Müllverbrauch in der Pandemie

Die 61-jährige Berufsschullehrerin ist sich sicher, dass sie etwas bewirken konnte:
„Nachdem die Schüler wiederkamen, waren die sehr nachdenklich. Einige haben dann gesagt: Wenn ich mir überlege, dass ich meine Kippe einfach so auf die Straße schmeiße, dann werde ich das in Zukunft lassen. Und viele Schüler haben gesagt: Es ist unglaublich, was die Leute wegschmeißen, diese Masken, diese Corona-Masken, überall liegen diese Masken rum. Und ich glaube, die, die da mitgemacht haben, die schmeißen nichts mehr auf die Straße.“
Der Müllverbrauch pro Kopf ist in der Pandemie gestiegen, vor allem der Verpackungsmüll. Doch gerade die Einwegverpackungen haben eine katastrophale Klimabilanz. Ob To-Go-Becher oder Wegwerfboxen fürs Essen zum Mitnehmen – die mühsame Entsorgung solcher achtlos weggeworfenen Verpackungen zahlt jeder Bürger und jede Bürgerin mit – durch Straßenreinigungsgebühren oder kommunale Abgaben.

Litteringfonds – Beteiligung von Verpackungsherstellern an Reinigungskosten

Und deshalb fordert der Verband kommunaler Unternehmen, dass auch Verpackungs-Hersteller in die Pflicht genommen werden – ganz nach dem Verursacherprinzip – und damit an den Reinigungskosten beteiligt werden.
Das Problem lösen soll ein sogenannter „Littering- oder Kunststofffonds“. Die Idee ist nicht neu, fällt unter die europaweit geltende Einwegkunststoff-Richtlinie. Die grüne Umweltministerin Steffi Lemke ist gerade dabei, einen solchen Fonds mit nationalem Gesetz zu vereinbaren. Bettina Hoffmann, Parlamentarische Staatssekretärin im Umweltministerium, erklärt, wie der Fonds funktionieren soll:
„Künftig sollen die Hersteller von Einweg-Plastikprodukten an diesen Reinigungskosten beteiligt werden. Also, sie bezahlen eine Abgabe auf die von ihnen in den Markt gebrachten Produkte – je mehr sie in den Verkehr bringen, desto höher ist ihre Abgabe. Und dann haben sie vielleicht auch den Anreiz, weniger zu produzieren oder die Produkte anders herzustellen. Und aus diesem Fonds können dann die Kommunen zukünftig sich die Reinigungskosten erstatten lassen und verwaltet wird dieser ganze Fonds vom Umweltbundesamt.“
Das Kabinett wird sich voraussichtlich Ende Mai mit dem Gesetz befassen; anschließend soll es Bundestag und Bundesrat passieren und könnte dann bereits Ende des Jahres in Kraft treten.

Littering kostet den Steuerzahler etwa 700 Millionen Euro jährlich

VKU-Präsident Rainer Hasenkamp begrüßt es, dass künftig die Hersteller von Plastikverpackungen für die Beseitigung des Straßenmülls mithaften sollen und damit Steuerzahler und Kommunen entlastet werden. In einer repräsentativen Studie hat sein Verband errechnet, dass Littering die Kommunen und Steuerzahler etwa 700 Millionen Euro jährlich kostet.
Allerdings geht dem Verband kommunaler Unternehmen der geplante Kunststofffonds nicht weit genug. Er nähme nur Hersteller von Einwegkunststoffen in die Verantwortung – diese Stoffe aber machten nur gut ein Fünftel des gesamten Littering-Volumens aus. Da müsse dringend nachgeschärft werden:
„Signifikant ist, dass 17 Prozent ebenfalls gelitterte Verpackungen aber nicht aus Kunststoff bestehen. Das sind Pappverpackungen, das sind im Grunde genommen auch Glasverpackungen, Verbundverpackungen, Metallverpackungen. Deswegen werben wir dafür, dass natürlich auch Verursacherrecht abgedeckt wird auf alle Betroffenen, die littern. Das fängt beim Zigarettenstummel an und hört bei der Pizzaschachtel auf - dass jeder seinen Anteil zu tragen hat.“

Abfall grundsätzlich vermeiden

Und eigentlich, so Rainer Hasenkamp, müsse es darum gehen, Abfall grundsätzlich zu vermeiden. Dazu aber brauche es gute Mehrwegsysteme. Die Bundesregierung plant daher ein weiteres Gesetz im Kampf gegen Verpackungsmüll. Ab kommendem Jahr müssen Anbieter von To-Go-Produkten Mehrweg anbieten. Staatssekretärin Bettina Hoffmann:
„Wir gehen davon aus, dass künftig viele Menschen diese Mehrwegverpackungen nutzen. Und dass Rücknahmesysteme immer einfacher werden und besser organisiert werden, so dass die Verpackungen im Kreis geführt werden und insgesamt weniger Verpackungen hergestellt und dann auch entsorgt werden müssen.“
Die geplanten Gesetze sind der vorerst letzte Schritt in der Umsetzung der europaweiten Einwegkunststoff-Richtlinie. Die Richtlinie hatte im vergangenen Sommer bestimmte Plastikartikel verboten – etwa Kunststoff-Wattestäbchen oder Einweggeschirr – doch bislang nicht die gewünschte Wirkung im Kampf gegen Ressourcenverschwendung und Plastikmüll gezeigt. Henning Wilts, Leiter der Abteilung Kreislaufwirtschaft am „Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie“ sieht vor allem im künftig vorgeschriebenen Mehrweg-Angebot eine große Chance, Verpackungsmüll zu reduzieren. Allerdings fehlten noch immer praktikable Systeme:
„2023 ist gefühlt schon morgen. Da müssen wir in ganz vielen Bereichen komplett neue Lösungen finden, weil die Mehrwegverpackungen, die müssen dann auch irgendwie gereinigt werden. Das wird nicht im Laden passieren, das heißt, man braucht eine Logistik dahinter, man braucht Standards, Qualitätsanforderungen. Und es gibt bisher noch nicht die eine große Lösung, an der sich alle beteiligen wollen würden.“

Kommunale Verpackungssteuer in Tübingen

Manchen geht der Kampf gegen Verpackungsmüll und Ressourcenverschwendung nicht schnell und nicht weit genug. Die Stadt Tübingen führte deshalb zu Beginn des Jahres eine kommunale Verpackungssteuer ein:
„Es ist ganz eindeutig so, gemessen an der Herausforderung von Umwelt und Klimaschutz sind wir zu langsam, tun zu wenig, und die Bereitschaft zur Mitwirkung ist zu gering. Das gilt offensichtlich für Juristerei genauso wie in manchen Fragen auch für uns alle, als Bürgerinnen und Bürger.“
… so begründete der grüne Oberbürgermeister Boris Palmer seine Entscheidung im Südwestrundfunk.
Die Stadt Tübingen verlangte seit Jahresbeginn 50 Cent für Einwegverpackungen jeglichen Stoffes, etwa To-go-Becher oder Wegwerfboxen für Speisen zum Mitnehmen. Für Einwegbesteck wurden 20 Cent extra fällig. Bezahlen mussten die Steuer die Verkaufsstellen, also Schnellrestaurants oder Bäckereien. Sie sollten motiviert werden, auf Mehrwegverpackungen umzusteigen. Doch die örtliche McDonald’s Filiale klagte gegen die kommunale Steuer. Die Franchise-Nehmerin Susanne Heppert formulierte ihre Stellungnahme gegenüber dem Deutschlandfunk schriftlich:
„Als Teil einer in ganz Deutschland agierenden Marke mit vielen Standorten, ist es mir wichtig, ein System anzubieten, das in allen Restaurants funktioniert. Im Übrigen halte ich die kommunale Verpackungssteuer in Tübingen für unverhältnismäßig. Lege ich den Preis auf die Gäste um, können gerade die mit einem schmalen Geldbeutel nicht mehr kommen. Trage ich die Kosten selbst, liegen wir bei einem mindestens sechsstelligen Betrag im Jahr. Natürlich sehe ich da zum einen Arbeitsplätze meiner Mitarbeiter:innen gefährdet sowie langfristig auch meine Existenz als Tübinger Unternehmerin und Steuerzahlerin.“

Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes

Die Tübinger McDonald‘s Filiale gewann Ende März vor dem Verwaltungsgericht in Mannheim. Die Richter sprachen der Stadt die Gesetzgebungskompetenz ab, auch, weil die örtliche Verpackungssteuer im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes stünde. Boris Palmer zeigt sich nach dem Urteil enttäuscht:
„Ich bedaure die Entscheidung. Wir haben gezeigt, dass es in der Praxis funktioniert. Bei uns hat sich Mehrweg durchgesetzt, im Rest des Landes die Wegwerfkultur. Schade, dass das Gericht dafür den Weg nicht freimachen wollte oder konnte.“
Palmer wirbt dafür, gegen das Urteil vor dem Bundesverwaltungsgericht Revision einzulegen. Ob es dazu kommt, darüber muss der Tübinger Gemeinderat entscheiden. Dass ausgerechnet ein großes Fast-Food-Unternehmen gegen die erste deutsche kommunale Verpackungssteuer klagte, kritisiert die Deutsche Umwelthilfe scharf. Der Vorstoß Tübingens, so Geschäftsführerin Barbara Metz, wäre ein geeignetes Instrument zur Eindämmung gewesen. Auch das im kommenden Jahr in Kraft tretende Mehrweg-Gesetz werde an den immensen Verpackungsmengen nichts ändern:
„Leider löst die Mehrweg-Angebotspflicht das Problem der vielen Verpackungen nicht. Denn es besagt lediglich, dass ein Restaurant oder ein Café, eine Mehrweg-Verpackung mit im Verkaufsregal haben muss, sie aber auch nicht aktiv bewerben muss und auch nicht, einen bestimmten prozentualen Anteil der Getränke oder des Essens, das verkauft wird, in diesen Mehrwegverpackungen verkaufen muss. Die Mehrweg-Angebotspflicht alleine wird definitiv nicht reichen.“

"Es ist einfach, was Gutes zu tun"

Zurück zur größten freiwilligen Kölner Müllsammel-Aktion am Stammheimer Rheinufer: Neben dem Bootshaus stapeln sich Dutzende orangefarbene Säcke mit dem Emblem der Abfallwirtschaftsbetriebe Köln. Insgesamt haben die Freiwilligen an diesem Samstag über eine Tonne Müll aus dem Naturschutzgebiet geholt. Krake-Gründer Christian Stock glaubt fest daran, dass er mit solchen Aktionen einen Bewusstseinswandel erzeugen kann:
„Ich bilde mir ein, dass wir schon ein wenig was erreicht haben. Wenn man sich in Köln in den letzten drei, vier, fünf Jahren umgeblickt hat, dann sieht man überall immer wieder Leute, die sich nach dem Zeug der anderen bücken. Das war vorher nicht so. Es wurde mit dem Finger auf einen gezeigt: Was macht der denn da? Wie peinlich! Nein, es ist eben nicht peinlich, Müll zu sammeln, es ist sexy! Das ist mein Anspruch. Ich möchte den Leuten zeigen: Es ist so einfach, was Gutes zu tun, und es macht sogar Spaß!“
Stock spricht regelmäßig in Schulen über seine Müllsammel-Aktionen. Je früher junge Menschen für das Thema Littering sensibilisiert würden, desto besser:
„Bei den Kindern, die sind da sehr offen, sehr sensibel, wenn ich in Schulen gehe und Vorträge halte, da stoße ich auf offene Ohren. Die Kinder haben Bock, gehen raus, völlig motiviert und sammeln mit mir Müll. Und gehen teilweise nach Hause und erziehen ihre Eltern. Du Mama, das darfst du nicht! Und Papa, die Kippe darfst du nicht wegschnipsen! Ha, das ist sehr schön!“