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Basketball-EM
"Ein Titel führt nicht dazu, dass sich automatisch was ändert"

Die deutschen Basketballer begeistern bei der Heim-EM die Zuschauer. Ein Beleg dafür, dass die Qualität im deutschen Basketball enorm zugelegt hat. Dennoch werde auch ein EM-Titel keinen Boom auslösen, sagte Henning Harnisch, Vize-Präsident von Alba Berlin im Dlf.

Henning Harnisch und André Voigt im Gespräch mit Astrid Rawohl |
Die deutschen Basketball-Nationalspieler während der EM in Köln.
Die deutschen Basketball-Nationalspieler während der EM in Köln. (dpa / picture alliance / Sven Simon)
"Es ist eine Generation, die nicht bei Null anfängt", sagte Henning Harnisch, Vize-Präsident des Basketball-Bundesligisten Alba Berlin im Dlf über die aktuelle deutsche Basketball-Nationalmannschaft bei der Heim-EM. Ein Schlüsselmoment auf diesem Weg sei dabei die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio im vergangenden Jahr gewesen, führte er weiter fort.
Früher habe es in Nationalmannschaft es schwer geholpert, sagte Basketballexperte und Podcaster André Voigt, doch mittlerweile würden sich die Spieler sehr gut und auch aus dem Verein kennen, weil ein großer Block des Teams bei Alba Berlin spiele. Jetzt komme es im Turnier aber sehr auf die Tagesform an und ein einzelner Spiel entscheide. "Jetzt ist alles möglich - aber natürlich auch das Negative", sagte Voigt.

"Man braucht die individuelle Qualität, aber sie muss im Team funktionieren"

Auch NBA-Star Dennis Schröder sei in die Führungsrolle der Mannschaft nun mittlerweile hineingewachsen. "Aber die Mannschaft ist auch von der Qualität her besser gewesen", sagte Voigt. Man könne auch auf die Qualität der deutschen NBA-Spieler nicht wirklich verzichten, sagte er weiter. "Man braucht die individuelle Qualität, aber sie muss im Team funktionieren."
Generell wurde die aktuelle Generation und die jungen Spieler sehr gelobt. "Die die spielen sind ein Produkt von einer wichtigen und sehr bewussten Entscheidung im deutschen Basketball", sagte Harnisch. Und verwies damit auf die Entscheidung, vor 15 Jahren auf hauptamtliche Trainer in den deutschen Jugendligen zu setzen.
Henning Harnisch, Vize-Präsident des Basketball-Bundesligisten ALBA Berlin, steht am 19.08.2014 vor dem Brandenburger Tor in Berlin.
Henning Harnisch, Vize-Präsident des Basketball-Bundesligisten Alba Berlin (picture alliance / dpa / Andreas Schwarz/Kinder+Sport )

Wissensvorsprung der USA ist aufgebraucht

Mittlerweile sei die Ausbildung in Europa sogar besser als in den USA, sagte André Voigt. Der Wissensvorsprung, den die USA einmal hatten, sei komplett durch das Internet aufgebraucht, sagte der Basketballexperte.
Begeistert zeigten sich beide Gesprächspartner von der Stimmung in der Vorrunde in Köln. "Köln hat die Latte richtig hoch gelegt", sagte Harnisch. Die Organisatoren hätten es sehr gut hinbekommen, dass nicht nur die Spiele der deutschen Mannschaft gut besucht waren. Voigt erklärte, der große Glücksfall sei gewesen, dass mit Litauen und Slowenien zwei sehr große Fangruppen in Köln zu Gast waren. Eine Konstellation, die es in der NBA, bei Olympia oder auch bei Weltmeisterschaften in der Regel nicht gebe.

Kritik am DBB

Voigt kritisierte aber den Deutsche Basketball Bund (DBB) dafür, dass es während der EM bisher keinerlei Gedenken an den kürzlich verstorbenen Ex-Nationalspieler Ademola Okulaja gegeben hatte. Oder die unglückliche Kritik von DBB-Präsident Ingo Weiss, der die öffentlich-rechtlichen Sender dafür kritisierte, dass die Spiele der EM nicht bei ARD und ZDF übertragen wurden. Auch die unrühmliche Nichtnominierung von Ex-Kapitän Robin Benzing kurz vor der EM, sei sehr unpassend gewesen.
Der Blogger, Sportexperte und Podcaster André Voigt
Der Blogger, Sportexperte und Podcaster André Voigt (dpa / picture alliance / Michael Kappeler)
Henning Harnisch zeigte sich skeptisch, ob die EM eine Wechselwirkung erzeuge. Für Menschen außerhalb der Großstädte sei es schwierig, etwas von dem Turnier mitzubekommen, auch weil die Spiele nur bei Magentasport im Internet im Stream zu verfolgen sind. Man wolle am Ende ja mehr Kinder für den Sport zu gewinnen, sagte der Basketball-Europameister von 1993.

EM-Titel wird kaum was ändern

Auch ein Titelgewinn der deutschen Nationalmannschaft würde nicht viel ändern, weil man nicht ausreichend Trainer habe. "Man braucht dann mehr Leute, pfiffige Leute, die Bock haben, die was anschieben wollen, anders entwickelt sich eine Sportart nicht", sagte Harnisch.
"Ein Titel führt nicht dazu, dass sich automatisch was ändert", sagte der Ex-Basketball-Nationalspieler. "Ich weiß nicht, wie das gehen sollte."

Basketball im Fernsehen funktioniert auch nicht mehr

Voigt berichte von den Anfang der Neuziger Jahre, als der deutsche Basketball von der Welle nach dem EM-Triumph von 1993 überrollt wurde: "Die Kinder kamen in die Hallen und wollten Basketball spielen, aber wir hatten nur sechs Bälle." Damals seien einfach die Strukturen einfach nicht auf einen solche Ansturm vorbereitet gewesen.
Es sei auch keine Patentlösung den Basketball einfach ins Fernsehen zu bringen, weil das Fernsehen für die Unter-40jährigen nur noch eine untergeordnete Rolle spiele. "Da fehlt einfach eine Strategie", sagte Voigt. Es braucht einen Schulterschluss zwischen DBB, der Basketball-Bundesliga und den Verbänden.