Zwei Jahre vor seinem Tod dürfte Beuys bei seiner Reise nach Japan endgültig klar geworden sein, dass die Faszination, die er auf viele seiner Zeitgenossen ausübte, wenig bis gar nichts mit den Inhalten zu tun hatte, um die es ihm ging. Er schien es zu ahnen, hatte im Vorfeld schon eingeräumt, das Land überhaupt nicht zu kennen. Dass er hoffe, nicht komplett missverstanden zu werden.
Und während der Reise mochte er sich noch so sehr ums Verstandenwerden bemühen, auf Pressekonferenzen, bei Interviews und einem fast predigthafte Züge annehmenden Vortrag in einer überfüllten Konferenzhalle und nicht zuletzt mit der Performance "Coyote III" gemeinsam mit Nam June Paik. Am Ende wurde er doch nur als Kunstpopstar wahrgenommen, so nett, so menschlich, dessen Auftritte in Japan nur als skurriles Spektakel konsumiert wurden.
Das, was die lange verschollenen Filmdokumente dieser Ausstellung zutage fördern, ist für die Einschätzung des späten Beuys bemerkenswert bis brisant. Die Japan-Reise zeigt den Schamanen und Idealisten als Pragmatiker. Kritischer formuliert könnte man auch sagen: als ambivalenten Kunsttouristen. Anders als seine Reise in die USA in den 70er-Jahren, die von der Ankunft mit verbundenen Augen bis zur Abreise als komplette Performance durchchoreografiert war und ihren Höhepunkt in der "Coyote I"-Aktion in einer New Yorker Galerie hatte, war die Japan-Reise nichts anderes mehr als ein Deal.
Beuys machte zu dieser Zeit aus Prinzip keine konventionellen Ausstellungen mehr, hatte er sich aber von dem damals milliardenschweren japanischen Kaufhauskonzern Seibu doch zu einer solchen in der konzerneigenen Ausstellungshalle überreden lassen, wofür Seibu im Gegenzug Beuys' Projekt "7000 Eichen" für die Kasseler documenta mitfinanzierte. Waren die Benutzung des Flugzeugs und der gesamten Infrastruktur beim Amerika-Aufenthalt immer genau kalkulierte symbolische Akte des Künstlers als "Eurasier" gewesen, der demonstrativ den Kalten Krieg und den Kampf der Wirtschaftssysteme überwinden wollte, erscheint Beuys in Japan von Beginn als Spesenritter, der am Flughafen von einigen Fans empfangen und danach gleichsam auf den Händen eilfertiger Organisatoren von Termin zu Termin getragen und schließlich wieder winkend in einer Limousine zum Flughafen zurückkutschiert wird.
Seine Person, sein Auftreten sind noch immer einnehmend und beeindruckend, aber der "Eurasier" Beuys verblasst hinter dem Label, das er zu dieser Zeit offenkundig bereits weltweit darstellt. Zwar liest er seinen Gastgebern schon gleich bei seiner ersten Pressekonferenz am 29. Mai '84 die Leviten, wenn er konstatiert, dass Japans einst "hohe Kultur" unter dem Druck des Wirtschaftsdenkens nur noch als "rudimentärer Rest" existiere - für die nachsichtig lächelnden Gastgeber wäre eine größere Beleidigung eigentlich nicht denkbar.
Doch der Skandal bleibt aus, denn die Japaner erweisen sich als geübt, wenn nötig auf Durchzug zu schalten. Beuys' Vortrag vor Studenten besitzt fast die Züge des Einhämmerns, wenn er ihnen die Augen für die Produktivkräfte des Menschen zu öffnen versucht, die durch das reine Wirtschaftsdenken verkümmern. Und seine "Coyote III"-Aktion mit Nam June Paik in Tokio schließt nur noch oberflächlich an die New Yorker Performance von 1974 an. Sie ist aber keine originär für Japan erstellte Arbeit, sondern zitiert in Besetzung und Instrumentierung lediglich das Doppelkonzert "In memoriam George Maciunas" aus Düsseldorf 1978, wobei Beuys hier die Laute des Coyoten langsam in Menschensprache übergehen lässt und so die Einheit von Kultur und Natur beschwört.
Die Ausstellung lässt das Publikum die Stationen dieser Reise Schritt für Schritt abwandern, das Filmmaterial wurde tagebuchartig aufgearbeitet und lässt den Besucher dann unvermeidlich zurück mit dem Zwiespalt seiner Eindrücke. Eindrücke, die einerseits berühren, weil Beuys Botschaft zur kulturellen Verwerflichkeit des reinen Wirtschaftsdenkens heute so aktuell wirkt wie eh und je. Eindrücke, die als Medienbilder fatal an die der jüngsten Papstreise erinnern, eines Predigers vor tauben Ohren - eines Kunstpredigers vielleicht, aber was macht das schon, wenn Beuys am Ende in einem Interview mit einem japanischen Anthropologen behauptet, er glaube nicht wie der Zen an die Wiedergeburt des Menschen, das sei doch mittelalterlich, nein, er halte sie für wissenschaftlich erwiesen.
Und während der Reise mochte er sich noch so sehr ums Verstandenwerden bemühen, auf Pressekonferenzen, bei Interviews und einem fast predigthafte Züge annehmenden Vortrag in einer überfüllten Konferenzhalle und nicht zuletzt mit der Performance "Coyote III" gemeinsam mit Nam June Paik. Am Ende wurde er doch nur als Kunstpopstar wahrgenommen, so nett, so menschlich, dessen Auftritte in Japan nur als skurriles Spektakel konsumiert wurden.
Das, was die lange verschollenen Filmdokumente dieser Ausstellung zutage fördern, ist für die Einschätzung des späten Beuys bemerkenswert bis brisant. Die Japan-Reise zeigt den Schamanen und Idealisten als Pragmatiker. Kritischer formuliert könnte man auch sagen: als ambivalenten Kunsttouristen. Anders als seine Reise in die USA in den 70er-Jahren, die von der Ankunft mit verbundenen Augen bis zur Abreise als komplette Performance durchchoreografiert war und ihren Höhepunkt in der "Coyote I"-Aktion in einer New Yorker Galerie hatte, war die Japan-Reise nichts anderes mehr als ein Deal.
Beuys machte zu dieser Zeit aus Prinzip keine konventionellen Ausstellungen mehr, hatte er sich aber von dem damals milliardenschweren japanischen Kaufhauskonzern Seibu doch zu einer solchen in der konzerneigenen Ausstellungshalle überreden lassen, wofür Seibu im Gegenzug Beuys' Projekt "7000 Eichen" für die Kasseler documenta mitfinanzierte. Waren die Benutzung des Flugzeugs und der gesamten Infrastruktur beim Amerika-Aufenthalt immer genau kalkulierte symbolische Akte des Künstlers als "Eurasier" gewesen, der demonstrativ den Kalten Krieg und den Kampf der Wirtschaftssysteme überwinden wollte, erscheint Beuys in Japan von Beginn als Spesenritter, der am Flughafen von einigen Fans empfangen und danach gleichsam auf den Händen eilfertiger Organisatoren von Termin zu Termin getragen und schließlich wieder winkend in einer Limousine zum Flughafen zurückkutschiert wird.
Seine Person, sein Auftreten sind noch immer einnehmend und beeindruckend, aber der "Eurasier" Beuys verblasst hinter dem Label, das er zu dieser Zeit offenkundig bereits weltweit darstellt. Zwar liest er seinen Gastgebern schon gleich bei seiner ersten Pressekonferenz am 29. Mai '84 die Leviten, wenn er konstatiert, dass Japans einst "hohe Kultur" unter dem Druck des Wirtschaftsdenkens nur noch als "rudimentärer Rest" existiere - für die nachsichtig lächelnden Gastgeber wäre eine größere Beleidigung eigentlich nicht denkbar.
Doch der Skandal bleibt aus, denn die Japaner erweisen sich als geübt, wenn nötig auf Durchzug zu schalten. Beuys' Vortrag vor Studenten besitzt fast die Züge des Einhämmerns, wenn er ihnen die Augen für die Produktivkräfte des Menschen zu öffnen versucht, die durch das reine Wirtschaftsdenken verkümmern. Und seine "Coyote III"-Aktion mit Nam June Paik in Tokio schließt nur noch oberflächlich an die New Yorker Performance von 1974 an. Sie ist aber keine originär für Japan erstellte Arbeit, sondern zitiert in Besetzung und Instrumentierung lediglich das Doppelkonzert "In memoriam George Maciunas" aus Düsseldorf 1978, wobei Beuys hier die Laute des Coyoten langsam in Menschensprache übergehen lässt und so die Einheit von Kultur und Natur beschwört.
Die Ausstellung lässt das Publikum die Stationen dieser Reise Schritt für Schritt abwandern, das Filmmaterial wurde tagebuchartig aufgearbeitet und lässt den Besucher dann unvermeidlich zurück mit dem Zwiespalt seiner Eindrücke. Eindrücke, die einerseits berühren, weil Beuys Botschaft zur kulturellen Verwerflichkeit des reinen Wirtschaftsdenkens heute so aktuell wirkt wie eh und je. Eindrücke, die als Medienbilder fatal an die der jüngsten Papstreise erinnern, eines Predigers vor tauben Ohren - eines Kunstpredigers vielleicht, aber was macht das schon, wenn Beuys am Ende in einem Interview mit einem japanischen Anthropologen behauptet, er glaube nicht wie der Zen an die Wiedergeburt des Menschen, das sei doch mittelalterlich, nein, er halte sie für wissenschaftlich erwiesen.