Mittwoch, 22. Mai 2024

Sportpolitik im Bund
Wunsch nach deutlich mehr Mitteln

Die Kommunen bräuchten deutlich mehr Mittel, um ihre Sportststätten instandhalten zu können und keine Bäder zu schließen, sagt Ute Pilger, die 1. Vorsitzende des Stadtsportbundes Bonn im Dlf. Auch in ihrer Stadt sähe es bei den Sportstätten "traurig" aus.

Ute Pilger und Lutz Thieme im Gespräch mit Jessica Sturmberg | 03.02.2024
Ein leeres Schwimmbecken, das gerade mit dem ersten Wasser befüllt wird.
Trockene Schwimmbäder, feuchte Turnhallen: Viele deutsche Sportstätten haben Sanierungsrückstand (picture alliance / dpa / dpa-Zentralbild / Matthias Bein)
Das Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ sei maßlos überzeichnet, sagt Ute Pilger,1. Vorsitzende des Stadtsportbunds Bonn im Dlf. Sie wünscht sich von der Politik ehrliche Überlegungen, warum es so überzeichnet ist und vor allem: deutlich mehr Mittel.
Die Ampel habe zum Amstantritt drei zentrale sportpolitische Themen gehabt, sagt Sportwissenschaftler Lutz Thieme: die Leistungssportreform, den noch ausstehenden Entwicklungsplan Sport und Hilfe für die Kommunen mit Investitionen in Sportstätten:
"Letzten Endes wird die Koalition diesem Anspruch mit den jetzt im Haushalt verankerten 200 Millionen nur noch zum Teil gerecht. Und ob dann im weiteren Verlauf auch wieder mehr Geld für das Programm zur Verfügung steht, dass es auch noch sehr fraglich und insofern bricht mit dieser Entscheidung schon ein Standbein der sportpolitischen Vorstellungen der Ampel-Regierung weg."

Sanierungsstau von einigen Milliarden Euro.

Die Höhe des Sanierungsstaus bei Sportstätten sei nicht einfach zu beziffern, erklärt Thieme. Es gebe die Zahl von 50 Miliarden Euro aber auch die Einschätzung der Kreditanstalt für Wiederaufbau, die von 13 Milliarden ausgeht. Mehr als die Hälfte der Kommunen sieht bei sich einen nennenswerten oder gravierenden Investitionsrückstand bei Sportstätten. Tendenz steigend.
Pilger verweist auf ein Gutachten zur Sportstättenentwicklung von 2019 in Bonn. Allerdings habe es zu wenige Mitarbeiter in der Stadtverwaltung gegeben, um die Pläne umzusetzen, zudem habe die Politik Verfahren verzögert, weil es immer wieder neue Gutachten oder Änderungsanträge gegeben habe.
Thieme sieht das bundesweit als einen Kern der Schwierigkeiten: "Das ist eigentlich das Problem, das eben nicht in genügender Schnelligkeit auch vorhandene Finanzmittel zielorientiert umgesetzt werden."

Mängel in Bädern genauso wie in Hallen

Pilger erklärt weitere Probleme am Beispiel Bonn, das aber auf viele andere Kommunen zu übertragen sei: Es gebe zum Beispiel oft keine Ersatzteile mehr für alte Bäder. In Bonn seien derzeit drei Bäder offen - alle aus den 60-er Jahren und eines davon vor der zumindest vorübergehenden Schließung.
In den Hallen sei es genauso schwierig mit großen Mängeln. Die Suche nach einer Trainingsstätte für Handballer gestalte sich zum Beispiel schwierig. Ebenso problematisch sei die Situation beim Schulschwimmen. Einige Schulen gingen gar nicht mehr zum Schwimmen, weil der Aufwand zu hoch sei, quer durch die Stadt zu fahren. Container sieht Pilger nur als Notlösung für Flutgebiete an der Ahr und in NRW. Dort sei nur Wassergewöhnung möglich, Schwimmabzeichen auf so kleinem Raum aber nicht.
Thieme sieht die Situation bei der Sportstätteninfrastruktur auch als Problem für eine Olympia-Bewerbung: "Ich halte es für schlichtweg nicht denkbar, dass der Zuspruch für die Bewerbung Olympischer Spiele durch die Bevölkerung erfolgt, wenn es kein ausreichend gesichertes Niveau des Schulsports, des Vereinssports und des kommunalen Sports gibt. Meine These ist, dass die Zustimmung der Bevölkerung zu Olympischen Spielen davon abhängt, welches Niveau vor Ort für das kommunale Sporttreiben zur Verfügung steht." Vor einer Olympia-Bewerbung müsste der kommunale Sport gestärkt werden und nicht erst durch Olympische Spiele, sagt Thieme.