Dienstag, 30. April 2024

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Bundestags-Beschlüsse
Finanzpakt, Betriebsrente und Unterhaltsvorschuss

Der Bundestag hat eine ganze Reihe wichtiger Beschlüsse gefasst. Seit dem Morgen laufen die Abstimmungen, die Sitzung geht bis in die Nacht. Neu geregelt wurden schon die Bund-Länder-Finanzen, die Betriebsrente und der Unterhaltsvorschuss. Ein Überblick über die wichtigsten Entscheidungen:

01.06.2017
    Zu sehen ist das Plenum des Deutschen Bundestages von oben
    Das Plenum des Deutschen Bundestages (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Bund-Länder-Finanzen:
    Die Neuordnung der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern gilt als das größte Reformprojekt der schwarz-roten Regierung. Dazu sind insgesamt 13 Grundgesetzänderungen notwendig. Die Zwei-Drittel-Mehrheit dafür kam zustande, der Bundesrat muss noch darüber abstimmen.
    Mit der Reform wird der Länderfinanzausgleich in seiner bisherigen Form abgeschafft. Die Länder bekommen ab 2020 jährlich 9,75 Milliarden Euro - Tendenz steigend. Im Gegenzug bekommt der Bund mehr Kompetenzen und Kontrollmöglichkeiten, zum Beispiel bei Fernstraßen, in der Steuerverwaltung und bei Schul-Investitionen. Aus Sicht von Bremens Bürgermeister Sieling geben die Länder damit keine Kompetenzen ab. Vielmehr werde der Bund stärker als bislang dafür sorgen, dass es in Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse gebe, sagte Sieling im DLF. 
    Umstritten war bis zuletzt die künftige Autobahngesellschaft des Bundes. Mit ihr will der Bund Planung, Bau und Betrieb der Autobahnen und Bundestraßen effizienter machen. Kritiker befürchten einen Einstieg in die Privatisierung des Straßennetzes, auch wenn die Neuregelung auf Druck der SPD Vorkehrungen enthält, die das verhindern sollen. Für den Verkehrsexperten des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Thomas Puls, überwiegen die Vorteile der geplanten Autobahngesellschaft. Die Gefahr einer Privatisierung sehe er nicht, sagte Puls im DLF.
    Unterhaltsvorschuss:
    Teil des Finanzpakts ist ein Ausbau des Unterhaltsvorschusses für Alleinerziehende. Unterhaltsvorschuss bekommen Alleinerziehende, deren Ex-Partner nicht für die Kinder aufkommt. In diesen Fällen springt der Staat an. In Zukunft länger als bisher: Die Regelung sieht vor, dass die Höchstbezugsdauer von 72 Monaten aufgehoben wird. Stattdessen gilt der Anspruch bis zum 18. Lebensjahr eines Kindes (bisher 12. Lebensjahr). Von der Leistung seien insgesamt rund 100.000 Kinder betroffen, sagte Familienministerin Schwesig im DLF.
    Renteneinheit:
    Ab dem Jahr 2025 soll es einheitliche Renten in Ost- und Westdeutschland geben. Die Rentenangleichung beginnt 2018 und soll in sieben Schritten erfolgen. Die höhere Bewertung der Löhne für die Rentenberechnung im Osten soll im Gegenzug ebenfalls schrittweise abgesenkt werden und 2025 entfallen. Arbeits- und Sozialministerin Nahles sprach von einem historischen Schritt für die Einheit des Landes, während die Opposition heftige Kritik übte.
    Betriebsrente:
    Mit der Neuregelung sollen Betriebsrenten für Geringverdiener attraktiver werden und auch von kleinen Betrieben angeboten werden können. Das Gesetz sieht vor, dass Arbeitgeber und -nehmer in Tarifverträgen Betriebsrentensysteme vereinbaren können. Die entscheidende Neuerung: Der Arbeitgeber muss seinen Beschäftigten nicht mehr eine bestimmte Rentenhöhe garantieren, sondern nur sicherstellen, dass die Sparbeiträge ordnungsgemäß zurückgelegt und verwaltet werden. Das Risiko der Unternehmen, für Betriebsrenten zu haften, entfällt damit. Der Sozialwissenschaftler Stefan Sell sagte im Deutschlandfunk, die neue Regelung verringere die Rentenansprüche der Arbeitnehmer, da sie ein Viertel der Betriebsrenten allein tragen müssten.
    Erwerbsminderungsrente:
    Künftige Bezieher von Erwerbsminderungsrente werden schrittweise so gestellt, als hätten sie bis zum 65. Lebensjahr weitergearbeitet. Bislang gilt hier das 62. Lebensjahr. Dadurch fallen die Renten um etwa sieben Prozent höher aus. Wer heute schon Erwerbsminderung bekommt (rund 1,8 Millionen Menschen) profitiert von der Neuregelung nicht.
    Einheitsdenkmal:
    Der Bundestag will das vom Haushaltsausschuss gestoppte Einheitsdenkmal wieder auf den Weg bringen. Union und SPD fordern eine Einweihung möglichst zum 30. Jahrestag des Mauerfalls im Jahr 2019. Das Denkmal soll an die friedliche Revolution in der DDR und die Wiedergewinnung der Deutschen Einheit erinnern. Der Haushaltsausschuss hatte das umstrittene Projekt überraschend gestoppt und mit der Kostensteigerung von 10 auf 15 Millionen Euro begründet. Das Parlament hatte schon 2007 und 2008 entschieden, in der Mitte Berlins an die Deutsche Einheit zu erinnern. Als Standort wurde der Sockel des früheren Kaiser-Wilhelm-Denkmals vor dem Schloss festgelegt.