Rechtsextremismus
Der Umgang mit nationalistischen Vorfällen rund um die EM

Die EM steht eigentlich im Zeichen der Vielfalt. Rund um das Turnier, aber auch in den Stadien ist es allerdings auch zu rechtsextremen und volksverhetzenden Vorfällen gekommen. Die UEFA hat erste Strafen ausgesprochen.

Albanische Fans halten während des EM-Spiels gegen Italien Schals hoch und schwenken Fahnen.
Albaniens Fußballverband muss 10.000 Euro Strafe zahlen - wegen Fehlverhaltens der Fans beim Spiel gegen Italien in Dortmund. (picture alliance / ZUMAPRESS.com / Emmanuele Mastrodonato / IPA Sport)
Serbiens Fußballverband droht mit Rückzug, türkische Fans bejubeln ihr Team mit dem Wolfsgruß der rechtsextremen Gruppe "Graue Wölfe" und in mehreren Fan-Veranstaltungen zeigen Deutsche den Hitlergruß - rund um die EM ist es zu zahlreichen rechtsextremistischen Vorfällen gekommen.

Inhalt

Welche Vorfälle hat es bereits während des Turniers gegeben?

Schon beim Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Schottland kam es bei mehreren Fan-Veranstaltungen zu rassistischen Parolen und dem Zeigen des Hitlergrußes durch deutsche Fans. In Stuttgart verlief das Hochsicherheitsspiel zwischen Deutschland und Ungarn laut Polizeiangaben größtenteils friedlich, jedoch zeigten auch ungarische Fans den Hitlergruß.
Türkische Fans feierten in mehreren deutschen Städten mit dem Wolfsgruß. In Dortmund versammelten sich albanische und türkische Fans, wobei albanische Symbole und eine "Großalbanien"-Fahne geschwenkt wurden, die Teile von Montenegro, Serbien, Nordmazedonien, Griechenland und das gesamte Kosovo umfasst.

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Ungarische Fans präsentierten beim Spiel gegen die Schweiz ein "Anti-Antifa"-Transparent und erhielten dafür Zuspruch in rechten Telegram-Gruppen. Kroatische Fans bezogen sich vor dem Spiel gegen Spanien in Gelsenkirchen auf den Krieg und ehrten den Kriegsverbrecher Slobodan Praljak, während serbische Fans albanische Fahnen verbrannten und pro-russische Banner präsentierten. Slowenische Fans zeigten in Stuttgart das rechtsextreme Keltenkreuz.
Bei dem Spiel zwischen Kroatien und Albanien riefen Fans beider Lager "Tötet Serben". Daraufhin legte der serbische Fußballverband Beschwerde bei der Europäischen Fußball-Union UEFA ein. "Wir verlangen von der UEFA Sanktionen, letztlich auch um den Preis, dass wir die Europameisterschaft nicht fortsetzen", sagte der Generalsekretär des serbischen Fußball-Verbandes, Jovan Surbatovic, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk RTS in Serbien. Mit nationallistischen Gesängen aufgefallen ist auch der albanische Stürmer Mirlind Daku. Er soll die Fans zu nationalistischen Gesängen angestachelt haben. Die UEFA sperrte ihn nun für zwei Spiele. Der Verband muss züsätzlich eine Geldstrafe in Höhe von 25. 000 Euro zahlen und belegte den Verband mit einer Strafe von

Wie geht die UEFA gegen rassistische und nationalistische Vorfälle vor?

Die Disziplinarkammer der UEFA hat bisher zwei Fußballverbände sanktioniert: Albanien und Serbien wurden jeweils mit einer Geldstrafe von 10.000 Euro belegt. Laut offizieller Mitteilung verbreiteten die Fans während der jeweiligen Spiele im Stadion "provokative Botschaften", die nicht zu einem Sportereignis passen.
Die serbischen Fans zeigten eine Fahne mit den Umrissen Serbiens, einschließlich des seit 2008 unabhängigen Kosovo. Albanische Fans hatten bereits während eines Spiels gegen Italien serbenfeindliche Gesänge angestimmt und ebenfalls eine umstrittene Flagge gezeigt.

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Die UEFA teilte mit, dass weitere Untersuchungen laufen. Englische Medien berichteten, dass Affenlaute aus dem serbischen Fanlager in Richtung der englischen Spieler gemacht wurden.
Konsequenzen gab es auch für einen Journalisten aus dem Kosovo, der am Rande des Spiels die Doppeladler-Geste gemacht hatte: Die UEFA schloss den Fernsehreporter vom Turnier aus und entzog ihm die Akkreditierung. Die Doppeladler-Geste steht für die Heimatverbundenheit aller ethnischen Albaner und ist auch auf der Nationalflagge Albaniens zu finden. Bei der Fußball-WM 2018 hatten schon die Schweizer Spieler Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri nach ihren Toren gegen Serbien mit dieser Geste für Aufsehen gesorgt.

Welche Symbole, Flaggen, Gesten und Sprüche sind in Deutschland verboten?

In Deutschland sind bestimmte nationalistische Symbole und Gesten aufgrund ihrer Verbindung zum Nationalsozialismus und anderen verfassungsfeindlichen Ideologien streng verboten. Dazu gehören unter anderem das Hakenkreuz, die SS-Runen, der Hitlergruß, die Reichskriegsflagge, NSDAP-Parteiabzeichen und -Kennzeichen sowie weitere Symbole der nationalsozialistischen Bewegung. Die Verwendung dieser Symbole in jeglicher Form, sei es auf Flaggen, Abzeichen, Kleidung oder anderweitig, ist strafbar nach § 86a des Strafgesetzbuches.
Die Sanktionen für Verstöße gegen diese Verbote sind erheblich und umfassen Geldstrafen sowie Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren. Besonders schwerwiegende Vergehen, wie die Verbreitung von nationalsozialistischer Propaganda oder das Leugnen des Holocausts, können zu höheren Freiheitsstrafen führen. Zudem können Gegenstände, die verbotene Symbole tragen, eingezogen und vernichtet werden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz aktualisiert ständig seine Übersicht über verbotene Kennzeichen und Symbole – auch für den auslandsbezogenen Extremismus.
Der Wolfsgruß der rechtsextremen türkischen Bewegung Graue Wölfe fällt nicht unter die Bestimmungen des §86a Strafgesetzbuch, daher ist seine Darstellung in Deutschland nicht verboten. Ebenso ist das Lied "L'Amour toujours" des Musikers Gigi d'Agostino nicht verboten, obwohl es inzwischen als rechtsextremer Code gilt.

Befeuern Länderspiele den Nationalismus?

Ja, Länderspiele können den Nationalismus befeuern. Die starke emotionale Aufladung und mediale Inszenierung solcher Spiele fördern oft nationalen Stolz und Identifikation mit der Nation. Studien zeigen, dass erfolgreiche Turniere wie WM oder EM nationalistische Einstellungen verstärken können, wobei auch fremdenfeindliche und rassistische Tendenzen zunehmen.
Und solange es Konfliktlagen auf nationaler Ebene oder zwischen Volksgruppen gibt - wie die Spannungen am Balkan zwischen Serbien, Kroatien und Albanien - werde sich nicht verhindern lassen, dass das auch im Fußball transportiert wird, sagt Fanexperte Michael Gabriel.
Andererseits gibt es auch positive Effekte wie den "Özil-Effekt", der während der WM 2010 zu einem stärkeren Bewusstsein für Diversität führte. Insgesamt hängt der Effekt von den spezifischen Umständen und der gesellschaftlichen Stimmung ab. Während die meisten das Turnier als Fest der Völkerverständigung verstehen, missbrauchen einige das Turnier, um ihre verfassungsfeindlichen Einstellungen zu verbreiten.

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