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Führungskrise beim DOSB
Nach Hörmann geht auch Vorstandschefin Rücker

Die Vertrauenskrise im Deutschen Olympischen Sportbund zieht weitere Kreise. Nach Präsident Alfons Hörmann wird auch DOSB-Vorstandschefin Veronika Rücker zum Jahresende ihren Posten räumen. Vorausgegangen waren Vorwürfe juristischer Attacken aus dem DOSB gegen ein ehemaliges Vorstandsmitglied.

Von Marina Schweizer | 12.11.2021
Veronika Rücker, Vorstandsvorsitzende beim Deutschen Olympischen Sportbund
Nach DOSB-Präsident Alfons Hörmann wird auch Vorstandschefin Veronika Rücker den Verband zum Jahresende verlassen (www.imago-images.de)
Laut Mitteilung des DOSB vom Freitag (12.11.2021) habe man sich auf "eine einvernehmliche Beendigung der Zusammenarbeit" verständigt. Man wolle auch im Bereich des Hauptamtes eine personelle Neuaufstellung ermöglichen, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme von Rücker und Noch-Präsident Alfons Hörmann.

Reaktion auf Vorwürfe von Ex-Vorstandsmitglied Fehres

Es ist die Reaktion auf eine Affäre, die in dieser Woche eine neue Wendung genommen hat: Als der Vorwurf von juristischen Attacken gegen das ehemalige Vorstandsmitglied Karin Fehres an die Öffentlichkeit gelangte. Auch Rücker hatte diese mit abgesegnet. Fehres war unter Androhung strafrechtlicher und zivilrechtlicher Konsequenzen in einem Anwaltsschreiben dazu aufgefordert worden, sich als Verfasserin eines anonymen Schreibens aus der Mitarbeiterschaft zu outen. Dieses war im Mai Auslöser der verschärften Verbandskrise. Darin war von einer Kultur der Angst in der Verbandszentrale die Rede.
DOSB-Verbandsspitze soll Ex-Vorstandsmitglied gedroht haben
Ein Brief, in dem eine mangelhafte Führungskultur angeprangert wurde, sorgte im Mai für Aufregung im Deutschen Olympischen Sportbund. Jetzt offenbart ein Schreiben eines ehemaligen Vorstandsmitglieds: Die Wogen sind längst nicht geglättet.
Fehres hatte die Vorwürfe als "absurd und haltlos" zurückgewiesen. Wegen des anwaltlichen Schreibens an Fehres waren Hörmann und Rücker in die Kritik geraten. Mehrere Spitzenorganisationen wie die Deutsche Sportjugend und der Deutsche Turner-Bund zeigten sich geschockt vom Umgang mit Fehres und stellten sich hinter die frühere DOSB-Funktionärin, deren Tätigkeit im November 2020 beendet worden war.
In ihrer gemeinsamen Erklärung verteidigten Rücker und Hörmann nun ihr Vorgehen. Darin schreiben sie, sie bedauerten, wenn der Eindruck entstanden sei, dass Karin Fehres in ungebührender Form habe unter Druck gesetzt werden sollen.

Rücker und Hörmann: "Wir übernehmen volle Verantwortung"

"Wir übernehmen die volle Verantwortung für diesen gesamten Vorgang, in den der Vorstand sowie einzelne Präsidiumsmitglieder nur teilweise eingebunden waren. Dies gilt insbesondere für das Schreiben des Anwalts, dessen Inhalte ausschließlich durch uns freigegeben wurden", heißt es in der Mitteilung von Rücker und Hörmann. "Wir können nachvollziehen, dass das gewählte Vorgehen in der Rückschau unverhältnismäßig erscheint und zurecht kritisiert wird."
Man sei aber nach wie vor davon überzeugt, dass es im Grundsatz richtig gewesen sei, zum Schutze des DOSB den Hintergründen des Schreibens nachzugehen, hieß es weiter.
Damit gibt es beim zweiten Spitzenposten einen Wechsel in Deutschlands großem Sportdachverband. Schon im Sommer hatte DOSB-Präsident Alfons Hörmann angekündigt, sein Amt aufzugeben. Auch die Vizepräsidenten Kaweh Niroomand und Andreas Silbersack ziehen sich zurück. Ob auch das restliche Präsidium den Weg für eine personelle Neuaufstellung freimacht, ist offen.
Am 4. Dezember soll in Weimar ein neues Präsidium gewählt werden. Für den Posten der Präsidentin oder des Präsidenten hat eine Findungskommission die Ex-Weltklassefechterin Claudia Bokel, den CSU-Politiker Stephan Mayer und den scheidenden Tischtennis-Weltpräsidenten Thomas Weikert empfohlen.