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Vor 225 Jahren geboren
Heinrich Heine - anziehende Verse mit melancholischem Lächeln

Die Nationalisten hassten ihn, die Linken trauten ihm nicht recht. Heinrich Heine, Jurist, getaufter Jude und einer der größten Dichter Deutschlands, verbrachte fast sein halbes  Leben im Exil. Am 13. Dezember 1797 wurde er in Düsseldorf geboren.

Von Christoph Schmitz-Scholemann |
Der Dichter und Schriftsteller, Heinrich Heine,  1828 gezeichnet von Hans Kugler, 1828.
Heinrich Heine, 1828 gezeichnet von Hans Kugler. (picture alliance / imageBROKER / Dr. Wilfried Bahnmüller)
„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, / Dass ich so traurig bin …“: Das Loreley-Lied ist eines jener wenigen großen Gedichte, von denen man glauben möchte, sie hätten gar keinen Urheber, sondern wären ganz von allein aus der Tiefe der Volksseele ins Leben getreten. Heinrich Heine, der nicht nur dieses, sondern viele weitere Lieder und geistreich-scharfzüngige Essays schrieb, kannte die deutsche, vor allem die rheinische Seele gut, und die französische ebenfalls:
„Ich bin geboren zu Ende des skeptischen achtzehnten Jahrhunderts und in einer Stadt, wo zur Zeit meiner Kindheit nicht bloß die Franzosen sondern auch der französische Geist herrschte.
“Schreibt der am 13. Dezember 1797 geborene Heine über seine frühen Jahre in Düsseldorf, wo sein Vater einen Textilhandel betrieb. Etwas später wurde er als „Harry“ Heine ins Register der jüdischen Gemeinde eingetragen. Er war ein aufgeweckter und hübscher Schüler. Dass er sich mit Nachbarsmädchen an Volksliedern erfreute, machte seiner Mutter Sorgen:

„Sie hatte nämlich damals die größte Angst, daß ich ein Dichter werden möchte; das wäre das Schlimmste, sagte sie immer, was mir passieren könne.“

Doktor der Rechte mit Juristen-Abneigung

Nachdem ihre Pläne, aus ihrem Ältesten einen Handelsmann zu machen, an dessen grandiosem Ungeschick für Geldangelegenheiten gescheitert waren, verschrieb sie ihm ein Jurastudium. Der folgsame Sohn wurde Doktor der Rechte, fühlte sich aber unter Juristen nie wohl. Das damals in Deutschland noch vorherrschende römische Recht verachtete er als ein Recht der Reichen:

„Wahrhaftig jenen römischen Dieben verdanken wir die Theorie des Eigentums, …, obgleich es im grellsten Widerspruch mit der Religion, der Moral, dem Menschengefühl und der Vernunft steht.“

Erster großer Gedichtband - "Buch der Lieder"

Man ahnt, dass ein derart gegen den Strich gebürsteter Freigeist bei seinem Versuch Rechtsprofessor zu werden, scheitern musste. Dabei hatte er sich, um überhaupt eine Chance zu haben, 1825 sogar taufen lassen und hieß seitdem nicht mehr „Harry“, sondern Heinrich Heine. Mit seiner Poesie hatte Heine dagegen rasch Erfolg. Als er  30 Jahre alt war, erschien eine Auswahl seiner frühen Gedichte, das „Buch der Lieder“. Was die durchweg schlicht gebauten, rhythmisch eleganten Verse so anziehend macht, ist der romantische Ton – eine einfache, fast kinderliedhafte Sprache, gemischt mit Wehmut, Liebesgefühlen und Naturbeschreibungen und oft mit einem melancholischen Lächeln.   

Mir träumte wieder der alte Traum:
    Es war eine Nacht im Maie,
    Wir saßen unter dem Lindenbaum,
    Und schwuren uns ewige Treue.

   
Das war ein Schwören und Schwören aufs neu,
    Ein Kichern, ein Kosen, ein Küssen;
    Daß ich gedenk des Schwures sei,
    Hast du in die Hand mich gebissen.
Die Zeit der Romantik war in Deutschland eine ultrakonservative Epoche. Eine humorlose Zensur drangsalierte seit 1819 Zeitungen, Verlage und Autoren. Heine mischte sich in die Debatten ein – scharfzüngig, und doch etwas widerwillig.


„Ich, der ich mich am liebsten damit beschäftige, Wolkenzüge zu beobachten, metrische Wortzauber zu erklügeln … ich mußte politische Annalen herausgeben (und) den armen deutschen Michel beständig an der Nase zupfen, daß er aus seinem gesunden Riesenschlaf erwache …“

Flucht ins "Vaterland des Champagners"

Im September 1830 erlebte Heine die Hamburger Judenpogrome, was ihn ebenso erschreckte wie der Bericht eines Freundes, den man wegen oppositioneller Umtriebe ins Gefängnis gesteckt hatte:

"so entschloß ich mich, nach Paris zu reisen und im Vaterland des Champagners und der Marseillaise jenen zu trinken und diese letztere singen zu hören."

 In Paris lebte Heine auf. Im Winter 1843 reiste er noch einmal nach Deutschland um seine alte Mutter zu besuchen. Sein Reisebericht „Deutschland - Ein Wintermärchen“ ist eine Liebeserklärung an ein freies Europa:

„Die Jungfer Europa ist verlobt

Mit dem schönen Geniusse

Der Freiheit, sie liegen einander im Arm,

Sie schwelgen im ersten Kusse.“
Im letzten Jahrzehnt vor seinem Tod 1856 war Heine mehr und mehr gelähmt und am Ende fast blind.(*) Er schrieb weiter. Gepflegt von seiner Frau Mathilde, einer fröhlichen Pariser Schuhverkäuferin, vielleicht die einzige seiner vielen Eroberungen, die er wirklich geliebt hat.

(*) Anmerkung der Redaktion: In diesem Satz haben wir das Todesjahr korrigiert.