Sonntag, 28. April 2024

Hitzewelle, Sturzflut, Brände
Klimajournalistin: Medien müssen Wetter und Klimakrise zusammen denken

In Südeuropa werden aktuell Hitzerekorde gebrochen, in Kanada brennen Wälder, Südkorea beklagt dutzende Tote nach Überflutungen. Medien müssen den Zusammenhang zwischen Extremwetter und Klimakrise deutlicher machen, fordert Leonie Sontheimer vom Netzwerk Klimajournalismus.

Leonie Sontheimer im Gespräch mit Brigitte Baetz | 17.07.2023
Das Bild zeigt ein ausgetrocknetes Flussbett in Spanien.
Gerade herrscht Hitze in vielen Teilen Südeuropas. Das Bild zeigt ein ausgetrocknetes Flussbett in Spanien. (AFP | Jorge Guerrero)
Wetter ist politisch. Das wird in diesen Tagen - geprägt von extremer Hitze in Südeuropa, Waldbränden in Kanada und Überflutungen in Indien - besonders deutlich. "Extreme Wettereignisse dieser Art werden alltäglich sein - wir müssen akzeptieren, dass der Klimawandel stattfindet und damit umgehen", so kommentiert Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol die aktuellen Überschwemmungen und Erdrutsche in seinem Land, bei dem es dutzende Todesopfer gegeben hat.
Meteorologe: Deutlicher "Fingerabdruck des Klimawandels"

Extremwetter und Klimakrise hängen zusammen

Meteorologen warnen schon lange, dass es für Hitzwellen und Temperaturrekorde nur eine Erklärung gibt: die vom Menschen verursachte globale Erwärmung. Der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter warnt im Deutschlandfunk vor den Folgen extremer Hitze und erklärt, dass Schönwetter für viele mittlerweile Schlechtwetter bedeute.
Mediziner: „Schönwetter ist jetzt für viele Schlechtwetter“
Es gebe nach wie vor Texte, in denen nicht erwähnt werde, dass Extremwetterereignisse eine Folge der Klimakrise seien, kritisiert die Journalistin Leonie Sontheimer. Sie ist Mitbegründerin des Netzwerk Klimajournalismus und Mitautorin des Newsletters Onboarding Klimajournalismus. Darin gibt Sontheimer zusammen mit ihrer Kollegin Katharina Mau jeden Monat einen Überblick zu klimajournalistischen Debatten.

Hitze zeigen statt Badespaß

Ein weiteres Problem ist Leonie Sontheimer zufolge die Bebilderung von Hitzemeldungen: "Was man mit Badespaß-Fotos transportiert, ist einfach fehl am Platz." Zuletzt hatte Klimaaktivistin Luisa Neubauer die Bildwahl der "Tagesschau" auf Twitter kritisiert:

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Eine bessere Alternative seien laut Sontheimer Fotos von Menschen an Orten, an denen man die Hitze besonders spürt, z.B. in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in der Stadt. "Der Spiegel" hat zuletzt Rekordhitze in Mexiko auf diese Weise bebildert:

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Klima als Dimension verstehen

Leonie Sontheimer verfolgt das Ziel, Klima eher als Dimension zu verstehen, die immer mitgedacht werde, ohne eigenes Ressort - so wie Menschenrechte oder Demokratie. So könnte angemessener berichtet werden, glaubt die Klimajournalistin. Ähnliches fordert auch Wolfgang Blau, Mitbegründer des Oxford Climate Journalism Networks. So sei Klima ein Thema, "das alle Bereiche unserer Volkswirtschaft, unseres Lebens in irgendeiner Weise verändern wird".
Sontheimer verstehe, dass Menschen nicht mehr die tausendste Meldung zum Klimawandel klicken wollten. Deswegen arbeite sie mit dem Netzwerk Klimajournalismus gerade daran, das Thema Klima wieder attraktiver für die Berichterstattung zu gestalten. Um möglichst unterschiedliche Menschen zu erreichen, müssten neue Formate gefunden werden. Das sei eine sehr kleinteilige Arbeit.
Die Medienforscherin Alexandra Borchardt kritisiert dagegen, dass Klimajournalismus oft zu negativ berichte. Es gebe mittlerweile weltweit Lösungen, um die Klimakrise zu bewältigen. Da gebe es noch Nachholbedarf in den Medien, denn "Klimaschutz braucht Hoffnung", schreibt sie auf ihrer Homepage. Die Politik sei oft zu floskelhaft, Wissenschaft zu kompliziert. Journalismus habe die originäre Aufgabe, über Risiken aufzuklären und Möglichkeiten aufzuzeigen, meint Borchardt.