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Kampf gegen Desinformation
Faktenchecker erarbeiten neue internationale Standards

Welche Regeln gelten für Faktenchecker, die Falschinformationen und irreführende Aussagen in sozialen Medien richtigstellen? Europäische Fact-Checking-Organisationen haben jetzt einen gemeinsamen Kodex vorgestellt. Eine wichtige Zielvorgabe darin: Transparenz.

Von Sören Brinkmann | 23.06.2022
Smartphone mit aufgedeckter Falschinformation in einem sozialen Netzwerk *** Smartphone with revealed false information
"Teilweise falsche Informationen" - so kann ein Faktencheck im Smartphone aussehen (imago images/Christian Ohde)
Die Wahrheit ans Licht bringen – mit diesem Anspruch wurde das neunte Global Fact Checking Forum schon im Vorfeld beworben. Das Treffen wird organisiert vom International Fact Checking Network, das dem Poynter-Institut in den USA angegliedert ist. Hier wird zum Thema Desinformation geforscht.
Nach zwei Jahren mit digitalen Konferenzen trifft sich das Netzwerk der Faktenchecker in diesem Jahr wieder in einer Präsenzveranstaltung in der norwegischen Hauptstadt Oslo. Anlass genug, um die Arbeit des Fact-Checkings auf eine gemeinsame Grundlage zu stellen.

Correctiv erarbeitet internationale Standards mit

Internationale Standards wurden schon im Jahr 2016 festgelegt. Vor Beginn des Global Factchecking Forums haben sich nun ein paar Dutzend europäische Organisationen auf noch weitergehende Regeln geeinigt. David Schraven vom Rechercheverbund Correctiv war an der Ausarbeitung beteiligt.
"In den internationalen Richtlinien, Standards gibt es ein paar Sachen, die den europäischen Organisationen nicht weit genug gingen. Und dann haben wir gesagt, dass wir das gerne so machen möchten, dass wir es europaweit aus einem Guss haben. Indem man nachvollziehbare Standards für die Öffentlichkeit aufstellt, die jeder nachlesen kann, so ähnlich wie der deutsche Pressekodex. Und das sind die Maßstäbe, an die man sich zu halten hat, die gute Arbeit definieren."

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Rund 50 Factchecking-Organisationen waren in den Konsultationsprozess der vergangenen Monate eingebunden. Auch Umfragen und Interviews mit Experten wurden zum Thema durchgeführt. Vor allem bei den Transparenzkriterien seien die neuen europäischen Standards sehr viel weitreichender, so David Schraven, "dass man auch nachweisen muss, dass man unparteilich arbeitet und, wo Interessenskonflikte vorliegen, dass man die offenlegt".

Debatte über gesetzliche Regulierung

Zu den zentralen Aufgaben gehöre es, Behauptungen von Politikern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zur überprüfen und gegebenenfalls zu entlarven, heißt es in dem Papier. Wichtig sei auch die Erstellung von Erklärungsformaten sowie Frage-und-Antwort-Inhalten. Über 90 Prozent der befragten Organisationen halten ein gemeinsames Regelwerk für elementar, um die Glaubwürdigkeit zu wahren. Beim Global Fact Checking Forum wird ein erster Entwurf vorgelegt. Im Herbst soll der europäische Kodex für Faktenchecks endgültig beschlossen werden.
Insgesamt ist das Themenspektrum bei der jetzigen Konferenz sehr viel breiter. Beim Treffen, das bis Samstag in Oslo stattfindet, wird es unter anderem um die Möglichkeiten des automatisierten Fact-Checking mithilfe von Computerprogrammen und um Desinformation im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gehen, außerdem soll über die gesetzliche Regulierung diskutiert werden.

Vorbild Facebook?

Ein Schwerpunkt, so Correctiv-Gründer Schraven, wird auf der Frage liegen, wie die Videoplattform Youtube Faktenchecks einbinden könnte: "Wir wollen mit Youtube eine Einigung erzielen, dass die Faktenchecks auf ihren Plattformen möglich machen. Man müsste einen Video-Faktencheck haben, der in dem Format, in dem ich Videos konsumiere mit Desinformation, die genau da ‚debunked‘ werden durch 'related content'."
Vorbild könnte Facebook sein. Seit einigen Jahren kooperiert das soziale Netzwerk mit Organisationen, die Kommentare und Posts mit eigenen Faktenchecks verknüpfen und irreführende oder falsche Aussagen kenntlich machen. In Deutschland gehört auch Correctiv dazu.