
Spaltung und Misstrauen haben die Debatten während und nach der Corona-Zeit geprägt. Nicht nur in der Politik, sondern auch innerhalb von Familien- und Freundeskreisen. So ist es geradezu wohltuend, dass die Enquete-Kommission nun von einer breiten Mehrheit begrüßt wird. Im Bundestag haben alle Fraktionen außer der AfD für die Kommission gestimmt. Auch viele Experten und Verbände finden es gut, dass die Kommission jetzt kommt.
Das ist es auch und nach fünf Jahren ist es allerhöchste Zeit, dass eine Aufarbeitung stattfindet. Hoffentlich ist Deutschland nach der Arbeit der Kommission bei einer nächsten Gesundheitskrise besser gewappnet. Und vielleicht ist der Konsens zu Beginn schon ein erster Schritt zur sogenannten Heilung der Gesellschaft, die sich einige von der Kommission erhoffen.
Wobei „Heilung der Gesellschaft“ ein unerreichbar hoher Anspruch an die Arbeit des Gremiums ist. Und: Was soll das eigentlich sein? Die Latte liegt hoch. Dabei sind die Probleme, die während und nach der Pandemie entstanden oder sichtbar geworden sind, sehr konkret. Besonders mit Blick auf die Menschen, die bei dem Lärm der politischen Diskussion über Maskenbeschaffungen, oder die richtige Aufklärung im Parlament häufig übersehen werden.
Armut ist auch nach der Pandemie noch ein Gesundheitsrisiko
Armutsbetroffene Menschen haben die Pandemie (ungleich) viel härter gespürt als Reiche. Armut ist ein Gesundheitsrisiko. Das war natürlich schon vor der Pandemie so. Und ja: Während der Pandemie wurde auch eine Zeit lang über Menschen in beengten Wohnsituationen gesprochen, über Impfbusse, die in benachteiligte Stadtteile fuhren, über diejenigen, die nicht im Homeoffice bleiben konnten, weil sie zum Beispiel für einen Lieferservice gearbeitet haben.
Doch das Schlaglicht aus dieser Zeit ist längst verblasst. Dabei ist Armut immer noch ein Gesundheitsrisiko. Die Pandemie hatte die Situation nur verschärft. Es braucht keine Enquete-Kommission, um hier aktiv zu werden, um in der Gesundheitspolitik die Menschen in den Blick zu nehmen, die nachweislich eine niedrigere Lebenserwartung haben, schlicht weil sie weniger Geld haben.
Es gibt dafür längst Projekte: niedrigschwellige Gesundheits-, Präventions- und Beratungsangebote in benachteiligten Stadtteilen zum Beispiel. Doch solche Projekte müssen langfristig angelegt sein, damit nicht zwei Jahre nach einer feierlichen Eröffnung die Fördermittel auslaufen. Armutsbetroffene Menschen brauchen eine bessere Gesundheitsversorgung – ihnen will sich die Corona-Enquetekommission richtigerweise widmen. Aber die Gesundheitspolitik sollte nicht auf die Ergebnisse der Enquete-Kommission warten, bis sie hier aktiv wird.