Corona
Spahns Maskendeal und die Milliardenlast

Der Bund muss möglicherweise 2,3 Milliarden Euro an Lieferanten für nicht bezahlte Corona-Masken nachzahlen. SPD, Grüne und FDP fordern Aufklärung vom damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

    Der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Portrait beim Aufsetzen seiner FFP2-Maske bei der Bundespressekonferenz zum Thema Corona-Lage im November 2021.
    Der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) steht in der Kritik. Sein Masken-Beschaffungsverfahren zieht nun Kosten in Milliardenhöhe nach sich. (picture alliance / Flashpic / Jens Krick)
    In der Corona-Pandemie kaufte der Bund 5,7 Milliarden Corona-Masken für 5,9 Milliarden Euro. Insgesamt wurden aber nur zwei Milliarden davon an die Bevölkerung verteilt. Mehr als die Hälfte wurde nicht gebraucht und daher vernichtet. Diese unwirtschaftliche Beschaffungspolitik wird nun untersucht.

    Inhalt

    Wie kam es in der Corona-Pandemie zu dem besonderen Maskendeal?

    Während der Corona-Pandemie waren Mund-Nasen-Masken zunächst rar, aber dringend benötigt. Also entwickelte das damalige Bundesgesundheitsministerium ein besonderes Verfahren, das unbürokratische Open-House-Verfahren: Unternehmen hatten die Möglichkeit, FFP2-Masken zu einem Preis von 4,50 Euro pro Stück anzubieten, mit der Garantie, dass der Bund diese in großen Mengen abnehmen würde. Bedingung war, dass die Masken rechtzeitig und in der geforderten Qualität geliefert werden konnten.

    Wie ergibt sich die Riesensumme von 2,3 Milliarden Euro?

    Das Problem: Über 700 Unternehmen reagierten auf die Ausschreibung, was zu einem Überangebot führte. Das Ministerium erkannte schnell, dass die Kosten zu hoch ausfielen. Also verkürzte es die Lieferfristen und sprach von Qualitätsmängeln, um die Masken nicht abnehmen zu müssen. In der Folge reichten zahlreiche Lieferanten Klagen ein, da das Ministerium Rechnungen nicht beglich und Lieferungen nicht annahm.
    Das Oberlandesgericht Köln gab den Lieferanten recht, da das Ministerium versäumt hatte, Nachfristen für die Lieferungen zu setzen. Das Gericht ließ keine Revision zu. Gegen das Urteil sind deswegen kaum Rechtsmittel möglich.
    Die Summe von 2,3 Milliarden Euro beinhaltet nur die eigentlichen Forderungen der Lieferanten. Inklusive der Zinsen und der Rechts- und Verfahrenskosten könnte sie sogar auf bis zu 3,5 Milliarden Euro steigen.

    Wer war dafür verantwortlich und welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

    Der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war für den Maskendeal verantwortlich. Er initiierte das Open-House-Verfahren, um schnell eine ausreichende Menge an Schutzmasken für Deutschland zu sichern.
    Der Haushaltsausschuss des Bundestags untersucht derzeit die Anschuldigungen gegen Spahn wegen des hohen Preises und der fragwürdigen Verfahrenswahl, die erhebliche finanzielle Folgen für die Steuerzahler hatte. Die Grünen ziehen Parallelen zum Scheitern der Pkw-Maut unter Ex-Minister Andreas Scheuer (CSU), bei dem ein Schaden von 243 Millionen Euro entstand. Sie bemängeln, dass Spahn möglicherweise einen Schaden verursacht hat, der zehnmal höher ist als der von Scheuer.
    Analog zur Maut-Problematik von Andreas Scheuer gibt es im Ministergesetz keine klare Haftungsregelung. Selbst wenn eine bestünde, wären die Hürden für eine Haftung sehr hoch: Es wäre schwer nachzuweisen, dass Spahn sich unangemessen verhalten hätte. Denn die Herausforderung lag darin, das Risiko abzuwägen: möglicherweise zu viele Masken zu bestellen und zu viel zu bezahlen, gegenüber der Gefahr, zu wenige Masken zu erhalten, was in einer Pandemie schwerwiegende und potenziell tödliche Folgen haben könnte. Kritisiert wurde jedoch vom Bundesrechnungshof, dass sowohl beim Einkauf, der Verteilung als auch der Lagerung viel zu wenig gesteuert wurde.

    Woher soll das Geld kommen?

    Die Finanzierung dieser Kosten ist eine Herausforderung für den sowieso schon klammen Bundeshaushalt. Aktuell wurden Rücklagen aus der Zeit der Corona-Pandemie verwendet, um einen Teil der Kosten zu decken.
    Das Finanzministerium genehmigte nach Informationen der FAZ 534 Millionen Euro aus Restmitteln der Corona-Bekämpfung - ein Bruchteil der Schadenssumme. Es ist jedoch unklar, wie die Differenz von 1,8 bis 3 Milliarden Euro gedeckt werden soll. Der gesamte Gesundheitsetat für 2024 umfasst 16,7 Milliarden Euro - davon sind 14,5 Milliarden Euro für Krankenkassen reserviert.

    og