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Kryptowährungen
Bitcoin, Ethereum und Co. - riskante Anlage mit Zukunft

Zehn Milliarden Dollar, die wahrscheinlich weg sind: Die Pleite der Börse FTX hat neue Zweifel an Krytowährungen gesäht. Etliche Experten sagen ihnen dennoch eine goldene Zukunft voraus.

Von Mischa Erhardt | 18.12.2022
Münzen der Kryptowährungen Ethereum, ripple, Litecoin und Bitcoin liegen auf der Platine eines Computers
Der nächste Hype kommt mit Sicherheit – die Frage ist, wann (Imago / photothek - Thomas Trutschel)
Der Markt für Kryptowährungen wie den Bitcoin ist schweren Turbulenzen ausgesetzt. Einmal mehr ist die Pleite einer Krypto-Börse der Auslöser. Zehn Milliarden Dollar Schulden bei über einer Million Kunden weltweit: Das ist die bislang absehbare und nüchterne Bilanz einer Pleite, bei der viele der Anleger ihr investiertes Geld nicht wiedersehen werden. Am 11. November meldet die Kryptobörse FTX mit Hauptsitz auf den Bahamas Insolvenz an. Der Handel mit virtueller Währung ist das Geschäft des Unternehmens. Mittlerweile fehlen ihm aber Milliarden in einer Hartwährung, um zahlungsfähig zu sein und die Geschäfte am Laufen halten zu können.
Der Mitbegründer und Vorstandschef von FTX, Sam Bankman-Fried, galt seit dem Start der Börse als aufgehender Stern am Krypto-Himmel. Erst im Mai 2019 ins Leben gerufen, ist FTX in kürzester Zeit zu einer der weltweit größten Handelsplattformen für Krypto-Coins wie Bitcoin, Ethereum oder Tether aufgestiegen. Im November 2021 – während des Höhenfluges von Kryptowährungen - betont Bankman-Fried noch in einem Interview im US-Fernsehen, dass vor allem größere Handelsplattformen für Kryptocoins sicherer für Anleger seien als kleinere: "Wenn sie auf die kleineren Handelsplattformen schauen, dann sind manche von ihnen erstklassig. Aber es gibt letztlich weniger Gewissheit, dass es etwas gibt, das eventuelle Verluste auffängt."
Seit der FTX-Pleite ermitteln Behörden aus den USA und den Bahamas gegen ihn. Der Vorwurf: Bankman-Fried soll Milliarden an Kundengeldern abgezweigt haben, um entstandene Verluste in einem seiner Hedgefonds auszugleichen, mit dem er jahrelang im großen Stil spekulierte. Er selbst bestreitet das. Er habe nur nicht ausreichend kontrolliert und die Übersicht über seine Geldströme verloren. Auf den Bahamas wurde Bankman-Fried derweil festgenommen - auf Antrag der US-Regierung, wie die US-Staatsanwaltschaft mitgeteilt hat. 

Die Pleite von FTX könnte noch weitere Kreise ziehen

Nach der FTX-Pleite gehen viele Experten von einem Schneeballsystem aus. Das konnte so lange funktionieren, wie neue Kundengelder dem Unternehmen zuflossen. Als der Zustrom abebbte, brach das Kartenhaus zusammen. Andere sprechen schlicht von einem geplanten Diebeszug gegen Anleger. So oder so – die Pleite von FTX könnte noch weitere Kreise ziehen.

"Also man muss hier schon von einem wirklich harten Schlag aufs Kontor sprechen. Ohne Frage: Insgesamt dominiert hier am Markt immer noch die Furcht, dass eben weitere Ansteckungsrisiken vorhanden sind innerhalb der Branche", meint Krypto-Analyst Timo Emden. In der Tat ist Anfang Dezember mindestens zwei weiteren Krypto-Handelsplattform das Geld ausgegangen – BlockFi und Bitfront.

"Also ich glaube, dass der ein oder andere Player in diesem Markt auf jeden Fall ins Wanken geraten ist und hier stellt sich nur die Frage: Wann kollabiert der? Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass eben auch diese Sorge oder diese Furcht davor, dass das passieren könnte, Anleger hier noch in den kommenden Wochen und Monaten vor einem weiteren Engagement in den Kryptomärkten abhalten wird", sagt Emden.
Die hohen Schwankungen und Krisen in der Kryptowelt sind alles andere als neu, sie kehren regelmäßig wieder. Das erklärt sich zum Teil dadurch, dass der Kurs von Kryptowährungen ausschließlich durch Angebot, vor allem aber durch die Nachfrage bestimmt ist. Erlahmt sie – wie es aktuell der Fall ist –, rauschen die Kurse in den Keller. So erreichte der älteste und bekannteste aller Kryptos, der Bitcoin, vor rund einem Jahr sein Allzeithoch und kostete fast 70.000 US-Dollar. Im November dieses Jahres ist er unter die Marke von 16.000 Dollar gefallen. 

Dass solche Entwicklungen die Regel sind, erklärt auch Professor Philipp Sandner, Gründer und Leiter des Blockchain Center an der Frankfurt School of Management and Finance: "Der Anleger in Bitcoin der muss natürlich wissen, dass die Volatilität sehr groß ist. Das wird ja auch überall gesagt und geschrieben. Auch der Staat in Form der Bundesbank oder der BaFin warnt ja auch zurecht vor den Krypto-Assets."

Kryptoanlagen gehören in den Bereich der Spekulation

Bei Assets oder Anlagen komme es bei der Betrachtung von Bitcoin, Ethereum und Co. auch stark darauf an, welchen zeitlichen Horizont man in den Blick nehme. "Bitcoin ist entstanden vor über zehn Jahren. Bitcoin war bei zehn Dollar, bei 100 Dollar, bei 1.000 Dollar, bei 10.000 Dollar. Das heißt, wir können hier einen langfristigen Aufwärtstrend erkennen. Aber langfristig bedeutet Jahre – nicht Wochen und auch nicht Monate. Dieser langfristige Trend wird aber immer wieder überschrieben und auch gestört von dieser unglaublich hohen kurzfristigen Volatilität. Und insofern ist es hier wichtig, auch ein paar grundlegenden Prinzipien des Investierens zu beachten: nicht so viel investieren, auf verschiedenen Börsen investieren. Möglichst mit BaFin-zugelassenen Börsen agieren und nicht mit ausländischen Börsen, die ihren Sitz irgendwo haben. Und vor allem eben einen langfristigen Anlagehorizont haben", sagt Sandner.

Das sieht man auch unter Verbraucherschützern so. Kryptoanlagen seien keine verlässlichen strategischen Geldanlagen, sondern gehörten in den Bereich der Spekulation. Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: "Also man sollte es nur mit Geld tun, das man im Zweifel übrig hat – nämlich für den Fall, dass diese Anlage schiefgeht. Ich sollte es nur als Beimischung machen von maximal fünf Prozent. Und ich sollte auch bedenken: Es gibt nicht nur das Risiko der Spekulation, sondern da sind auch noch andere Aspekte, die ich berücksichtigen sollte."
 
So beispielsweise die Tatsache, dass es sich bei Bitcoin eben nicht um ein reguläres Zahlungsmittel handelt, bei dem man sich darauf verlassen könnte, dass es einem irgendjemand in Zukunft abnimmt. Zwar gab es in der Vergangenheit vereinzelt Geschäfte oder Onlinehändler, die Bitcoin akzeptierten. So hatte zuletzt Tesla-Chef Elon Musk seinerzeit in Bitcoin investiert und die Digitalwährung für kurze Zeit als Zahlungsmittel akzeptiert. Das Unternehmen und sein medienwirksamer Chef hatten das Experiment allerdings nach nur zwei Monaten wieder beendet. Begründung: Das Schürfen von Bitcoins durch das sogenannte Mining verbrauche zu viel fossile Brennstoffe. Das Mining geschieht in energiehungrigen Rechenzentren, in denen Computer eigenständig arbeiten.
Auch wenn es in der realen Welt kaum Möglichkeiten gibt, mit Bitcoin irgendetwas zu bezahlen: Viele Experten halten die digitale Währungen auch nach der Pleite von FTX grundsätzlich für zukunftsfähig. So auch der Aktienmarktstratege der Wertpapierhandelsbank Oddo BHF, Oliver Roth: "Das bedeutet nicht, dass das eine Anlageklasse ist, in der nur Betrüger unterwegs sind. Aber das ist eher etwas für institutionelle Anleger, die so etwas beruflich machen oder die sich mit diesen risikoreichen Assetklassen auskennen. Das ist nichts für den Otto-Normal-Verbraucher."

Privatanleger sollten sich seiner Ansicht nach also genau überlegen, ob – und wenn ja, wieviel - Geld sie in diesen hoch spekulativen Markt stecken sollten. Professionelle Investoren jedenfalls halten Krypto-Coins offenbar nach wie vor für lukrative Anlagemöglichkeiten. So hat etwa die US-Investmentbank Goldman Sachs angekündigt, die Übernahme einer Reihe von Kryptofirmen zu planen. Man sehe interessante Gelegenheiten zu mittlerweile vernünftigen Preisen. Für die Bank sei nicht die Marktstimmung entscheidend, sondern die Blockchain-Technologie, die weiter bestens funktioniere.

Blockchain-Technologie gilt als fälschungssicher

Es handelt sich dabei um den technischen Akt hinter den Krypto-Geschäften. Für zuverlässig hält auch Tim Schuldt diese Technologie. Der Kapitalmarkt-Analyst hat ein Buch über Blockchain und Kryptowährungen geschrieben. Zudem startet er mit anderen gerade ein Unternehmen, das auf Basis der Blockchain-Technologie die Finanzierung von Klimaschutzprojekten voranbringen will. "Ich bin davon überzeugt, dass es sehr, sehr viele Anwendungsgebiete gibt, wo die Technologie total sinnvoll eingesetzt werden kann. Das geht weit über das hinaus, was man so gemeinhin in der in der allgemeinen Wahrnehmung vielleicht sieht. Also es gibt viele, viele Anwendungen, wo es total sinnvoll ist. Einfach, weil es eine Technologie ist, die Sachen kann, die man vorher einfach nicht darstellen konnte."

Was ist Blockchain? Die Blockchain ist ein System aus vielen dezentralen Computern der jeweiligen Nutzer der Technologie. Jede Transaktion, die in dem Netz geschieht, bekommt das ganze Netzwerk mit, inklusive der vorhergehenden Historie. Dabei ist ein Konsensverfahren innerhalb des Netzwerkes entscheidend, welche Daten als wahr und richtig anerkannt werden. Ist ein solcher Konsens gefunden, so wird ein neuer Block an die Kette bereits bestehender Daten über vorhergehende Transaktionen angehängt. So entsteht eine Kette aufeinanderfolgender Blöcke, eine Block-Kette, auf Englisch: blockchain. Die Technologie gilt als fälschungssicher, weil ein Manipulator gleichzeitig die Mehrheit aller Computer des Netzwerkes hacken und verändern müsste, was als nahezu unmöglich gilt. Das macht zumindest rein technisch das Geschäft mit Bitcoins und Co. sicher. Dabei kann man auf der Blockchain nicht nur Coins transferieren, sondern auch alle möglichen anderen Daten.
3D-Illustration von einem Laptop und Blockchain-Technologie
Transaktionen mit Blockchain-Technologie benötigen keine Bank (imago / Westend61)
Benedikt Faupel, Krypto- und Blockchain-Experte beim Digitalverband Bitkom, der auch Unternehmen aus der Krypto-Branche vertritt: "Der Vorteil ist da natürlich, dass Vermögenswerte online übertragen werden können, ohne dass wir dabei eine Vermittlungsinstanz wie eine Bank oder ein anderes Zahlungssystem benötigen. Und der Vorteil ist natürlich, dass sich damit Vermögenswerte weltweit praktisch in Echtzeit und rund um die Uhr zu sehr geringen Gebühren übertragen lassen."

Bitcoin als Gegenentwurf zu Zentralbankgeld

Genau das ist auch die ursprüngliche Idee des Bitcoins als erste digitale Währung. Entstanden ist das Programm der ersten Blockchain im Jahr 2008, also während der großen Finanzkrise nach der Pleite von Lehman Brothers. Dabei entstammt der Leitfaden für das Projekt von einer Person oder Personengruppe Namens Satoshi Nakamoto – ein Pseudonym. Im Jahr 2009 veröffentlicht Nakamoto die Bitcoin-Software – und damit die erste öffentlich verteilte Blockchain.

"Der Bitcoin hat eigentlich als Idee, letztendlich eine Antwort auf die Finanzkrise im Jahr 2008 zu sein. Man wollte eben unabhängig von Banken agieren und somit auch eine neue, ja kann man schon sagen, Finanzökonomie schaffen, eben mit dem Bitcoin also eine dezentrale Währung. Das Stichwort lautet hier, Dezentralität zu schaffen – eben unabhängig von den Zentralbanken auf dieser Welt. Das ist letztendlich die eigentliche Intention hinter Bitcoin gewesen", sagt Krypto-Analyst Timo Emden.

Dabei ist der Bitcoin gerade auch als Gegenentwurf von Zentralbankgeld zu sehen, weil die Anzahl möglicher Coins auf 21 Millionen begrenzt ist. Mit dieser ihm wesentlich einprogrammierten Obergrenze ist eine inflationäre Erhöhung der Anzahl der Münzen unmöglich – im Gegensatz zu klassischen Währungen, wo das System aus Banken und Zentralbanken gerade in Krisenzeiten Geld quasi druckt und damit auch das Risiko von Inflation eingeht. Abgesehen davon haben digitale Währungen auch das Potenzial, in Regionen zu helfen, in denen ein Finanzsystem nicht oder nicht mehr funktioniert.

Blockchain-Experte Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance and Management: "Im Libanon haben wir gesehen, dass dort das gesamte System jetzt Schaden genommen hat. Banken funktionieren nicht mehr richtig, die Bevölkerung kommt nicht mehr an ihr Geld. Was machen die Leute dort? Wenn sie Internet haben und einen Stromzugang und ein Smartphone, dann fangen dort die Leute jetzt teilweise an, in US-Dollar auf Blockchain-Basis zu agieren. Das heißt, der eine verkauft eine Leistung, der andere kauft eine Leistung. Funktioniert – und zeigt letztendlich, dass gerade dann die Blockchain-Technologie besonders relevant sein kann, wenn eben auch Systeme unter Stress kommen oder wenn eben auch Finanzinfrastrukturen Schaden nehmen."

So hat auch die Regierung in El Salvador als erstes Land den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel eingeführt. Allerdings mit gemischtem Erfolg. "Ja also Bitcoin in El Salvador ist so eine Art 'Hassliebe', glaube ich. Es gibt viele Freunde von dem Projekt, es gibt aber auch viel Gegenwehr. Dass jetzt der Bitcoin seit der Einführung sich halbiert hat, ist natürlich nicht sonderlich förderlich. Die Leute, die Geld investiert haben, haben dieses natürlich teilweise auch dezimiert bekommen; und trotzdem gibt es viele gute Aspekte. Sie sehen, dass quasi grenzüberschreitende Zahlungen nach El Salvador aus dem Ausland sehr effizient hineingelangen können und auch wieder heraus", sagt Sandner.
Andere Ökonomen sehen das kritischer. Sie wenden ein, dass die Einführung des Bitcoins als Zahlungsmittel wegen der damit einhergehenden Risiken auch dazu geführt habe, dass etwa die Zinsen für die Schuldenaufnahme des Landes gestiegen seien. Zudem hätte der Verfall des Bitcoins viele Menschen in dem Land hart getroffen und der Verfall des Kurses ihr weniges Geld noch einmal dezimiert. Verlierer seien zudem alle Steuerzahler des Landes, weil die Bitcoin-Investitionen der Regierung ebenfalls drastisch an Wert verloren hätten.

Zentralbanken könnten kontrolliert digitale Währungen einführen

Wegen dieser Unsicherheiten und Schwankungen der Kryptowährungen sehen einige Ökonomen eine Möglichkeit darin, dass Zentralbanken kontrolliert digitale Währungen einführen. So auch die Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib von der staatlichen KfW, früher bekannt als Kreditanstalt für Wiederaufbau: "Aus meiner Perspektive würde es mehr Sinn machen, sich wirklich auf digitales Zentralbankgeld zu konzentrieren. Kryptowährungen können, vor allen Dingen, wenn wir eben von digitalen Währungen von Zentralbanken sprechen, eine wichtige Aufgabe erfüllen zum Beispiel bei Heimatüberweisungen von Menschen, die in anderen Ländern arbeiten, wodurch man Transaktionskosten reduzieren kann."
 
Allerdings würde digitales Zentralbankgeld der ursprünglichen Idee von Kryptowährungen widersprechen. Denn ihr wesentliches Moment ist eben ihre Dezentralität und die Unabhängigkeit jeglicher Kontrolle einer einzelnen Instanz. Philipp Sandner sieht aber nicht unbedingt einen Konflikt zwischen digitalem Zentralbankgeld und digitalen Währungen wie dem Bitcoin. Er vergleicht das mit Gold und Euro: "Die Goldmünze, die liegt möglicherweise im Tresor. Die würden sie nicht verwenden, um damit in der Pizzeria essen zu gehen. Gleichzeitig haben sie aber den Euro im Geldbeutel für den tagtäglichen Konsum. Das heißt: Gold im Tresor, Euro-Münze im Geldbeutel. Beides macht Sinn und beides ist auch nicht im Konflikt zueinander. Und genauso muss man eigentlich den digitalen Euro mit dem Bitcoin und Ethereum vergleichen: Bitcoin und Ethereum, das sind Assets, die würden sie bildlich gesprochen in den Tresor legen. Auch weil es gute Gründe gibt, dass die Preise hier steigen werden. Und sie würden trotzdem den digitalen Euro in Zukunft nutzen, um zum Beispiel per Handy, so wie heute auch schon, mit Apple Pay oder Google Pay, Konsum zu tätigen."

Kryptotechniken brauchen Regulierung

Demzufolge dürfte es künftig also verschiedene Formen und Arten digitaler Währungen und Coins geben. Ob und wie gerade auch der Bitcoin bestehen wird, ist bis dato eine offene Frage. Einer der Haupteinwände gegen den Vorreiter der digitalen Coins ist der hohe Energieverbrauch, den das Verifizierungsverfahren und damit einhergehend das "Schürfen" neuer Bitcoins in den heißlaufenden Rechenzentren voller Computer mit sich bringt.

"Der Punkt ist berechtigt und die Frage, die man sich natürlich auch stellen muss: Welchen Mehrwert schafft der Bitcoin tatsächlich, auch trotz dieser Klimaproblematiken, trotz des CO2-Verbrauchs? Und ich denke, dass man hier in der Zukunft natürlich noch ein bisschen nachschärfen wird, also vor allen Dingen auch hier vielleicht Restriktionen setzt und fragt: Woher kommen tatsächlich die Energien, also sind das CO2-freundliche Energien oder sind es doch weniger CO2-freundliche Energien? Also ich glaube, dass das noch einmal ein Punkt sein wird, ganz klar, der schärfer debattiert werden wird in Zukunft auch seitens der Regulierungsbehörden", sagt Krypto-Analyst Timo Emden.
Nicht nur diese Frage, auch generell werden Regulierungsbehörden voraussichtlich genauer darauf schauen, was am Markt der Krypto-Coins geschieht. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, meint, dass nach den Turbulenzen im Jahr 2022 eine schärfere Regulierung kommen wird, um Zusammenbrüche wie die von FTX in Zukunft zu verhindern. "Die Staaten sind dabei zu sortieren, die Spreu vom Weizen zu trennen, was man eben mit diesen neuen Kryptotechniken machen kann, und da auch entsprechende Regulierung auf den Weg zu bringen. Insofern denke ich, dass die Einführung einer neuen Technologie gerade unterwegs ist, die wie immer von den Regulatoren eben erst nachträglich begleitet werden kann. Aber ich sehe jetzt nicht, dass wir die größere Bewegung, die wir jetzt gesehen haben, verhindern hätten können. Es sei denn, wir hätten das Ganze verboten – und das ist niemals eine gute Politik."

Der nächste Hype kommt bestimmt

Ulrich Kater zieht beim Blick auf den Markt der Krypto-Coins den Vergleich zu den Zeiten des Neuen Marktes um die Jahrtausendwende. Da machten sich viele Unternehmen auf den Weg, der im aufkommenden Internet blühende Geschäfte versprach. Anleger an den Börsen witterten die große Chance und legten ihr Geld in dem vermeintlich zukunftsträchtigen Bereich an. Bis die Blase rund um die Jahrtausendwende platzte, weil die meisten dieser Unternehmen Luftschlösser gebaut hatten mit kaum funktionierenden Geschäftsmodellen als deren Fundament.

Auch Philipp Sandner zieht den Vergleich zum Platzen dieser Blase, die rückblickend Dotcom-Blase genannt wird. Er meint aber auch, dass wie damals einige der Coins überleben und neue Aufschwünge erleben werden. "In ähnlicher Weise, glaube ich, kann man dieses Jahr für die Kryptowelt schon auch klassifizieren: Es ist relativ viel in der Versenkung verschwunden. Es ist auch Geld vernichtet worden. Und trotzdem sind die Leute, die sich mit der Technologie beschäftigen, Feuer und Flamme. Sie programmieren, bauen Startups, machen Konferenzen und, und, und. Und das war damals eben auch so. Das heißt: Der nächste Hype kommt mit Sicherheit - die Frage ist, wann. Weil letztendlich die Technologie brillant ist und letztendlich eben auch die Aufmerksamkeit innerhalb des Ökosystems definitiv gegeben ist. Der nächste Hype kommt, man weiß nicht wann. Aber insofern gibt es gute Gründe, wirklich hoffnungsvoll in ein neues Jahr 2023 zu schauen. Weil man schon auch hier sagen kann, dass man auch hinsichtlich des Bitcoin-Preises kaum tiefer fallen kann."