Samstag, 30. September 2023

Landtagswahl Hessen 2023
Kandidaten, Themen, Koalitionen: Alles Wichtige zur Wahl des hessischen Landtags

Am 8. Oktober wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt. Wer sind die Spitzenkandidaten, was sagen die Umfragen, mit welchen Themen wollen die Parteien punkten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

11.09.2023

    Boris Rhein (CDU), Hessischer Ministerpräsident, und Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin, beim "Hessenfest" in der Hessischen Landesvertretung.
    Sie will seinen Job: Boris Rhein (CDU), Hessischer Ministerpräsident, und Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin und Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten (picture alliance / dpa / Jörg Carstensen)
    Roland Koch, Volker Bouffier, Boris Rhein – seit 1999 stellt die CDU die Ministerpräsidenten in Hessen. Bei der Landtagswahl am 8. Oktober 2023 strebt die SPD einen Machtwechsel an. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will die erste hessische Ministerpräsidentin werden. Aber auch die Grünen, bisher Juniorpartner der CDU, wollen die nächste Landesregierung anführen.

    Inhaltsverzeichnis

    Wer sind die Spitzenkandidaten bei der Wahl in Hessen?

    Boris Rhein ist erst seit 2022 Ministerpräsident. Vor seinem Wechsel in die Staatskanzlei in Wiesbaden war der Christdemokrat unter anderem Landtagspräsident, Wissenschafts- und vorher Innenminister des Landes gewesen.
    Seine Herausforderin Nancy Faeser hat eine lange landespolitische Vergangenheit. Die jetzige Bundesministerin war bis 2021 Oppositionsführerin im hessischen Landtag. Sie ist auch SPD-Chefin in Hessen.
    Die hessischen Grünen schicken Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir ins Rennen. Die Grünen nennen ihn „Ministerpräsidenten-Kandidat“. Der Jurist Stefan Naas führt die Liste der FDP zur Landtagswahl an. Seit 2019 ist der Mitglied des Landtags. Der Diplom-Kaufmann Robert Lambrou ist Spitzenkandidat der AfD. Die Politologin Elisabeth Kula steht auf Platz eins der Linken-Liste.
    Volker Bouffier (CDU, r), Ministerpräsident des Landes Hessen, und sein Stellvertreter Tarek Al-Wazir (Bündnis 90/Die Grünen), Wirtschaftsminister des Landes Hessen, halten im Garten der Dienstvilla des Ministerpräsidenten Broschüren mit der Aufschrift «Halbzeit». Die schwarz-grüne Landesregierung äuÃert sich zur Halbzeitbilanz und den wichtigsten Projekten der Koalition in der ersten Hälfte der Legislaturperiode und gibt einen Ausblick auf die Vorhaben in den nächsten Monaten. CDU und Grüne regieren in Hessen seit Anfang 2014.
    Grünen-Politiker Al-Wazir (l.) im Jahr 2021 bei der Vorstellung der Halbzeitbilanz der Landesregierung mit dem damaligen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) (picture alliance / dpa / Arne Dedert)

    Wie sehen die Umfragen zur Landtagswahl in Hessen aus?

    In den Umfragen ist die CDU durchweg die stärkste Partei. SPD und Grüne kämpfen demnach um den zweiten Platz. Dahinter kommt die AfD. Während die FDP den Umfragen zufolge weiter im Landtag bleibt, liegt die Linke unter der Fünf-Prozent-Hürde. Ein ähnliches Bild ergab eine Umfrage im Auftrag des „Spiegels“ aus dem August 2023. Eine Erhebung im Juli 2023 sah die AfD auf Augenhöhe mit der SPD – und noch vor den Grünen. Hier lagen die Freien Wähler über fünf Prozent.

    Welche Themen sind wichtig im hessischen Landtagswahlkampf?

    Ministerpräsident Rhein sprach mehrfach das Thema Flüchtlinge und Migration an und kritisierte die Zuwanderungspolitik der Ampelkoalition im Bund. Zu den CDU-Kernthemen im Wahlkampf zählen außerdem die innere Sicherheit und Politik für Familien.
    Die Grünen wollen den Wandel Hessens zu einem klimaneutralen Land gestalten und die Energie-, Wärme- und Verkehrswende verwirklichen. Die SPD stellt Bildungsthemen voran und betont zudem die Wichtigkeit einer guten medizinischen Versorgung. In ihrer Doppelrolle als Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin betonte Faeser zuletzt auch andere Themen wie Abschiebungen und die Bekämpfung der sogenannten Clankriminalität.
    Die AfD fordert im Wahlkampf, Abschiebungen zu forcieren und wendet sich gegen die Windkraft. Die FDP will die „weltbeste Bildung“ und eine „Wirtschaft 4.0“ für Hessen. Die Linke wirbt für einen „Politik- und Systemwechsel“ und will Schritte hin zu einem kostenfreien öffentlichen Nahverkehr.
    Zu einer scharfen Kontroverse kam es nach einer Aussage der SPD-Co-Vorsitzenden Saskia Esken zum Neonazi-Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke. Esken hatte im Juni gesagt, die Tat wäre zu verhindern gewesen. Sie warf der CDU im Juni 2023 Versäumnisse im Kampf gegen den Rechtsextremismus vor. Mehrere CDU-Politiker wiesen dies zurück.

    Welche Koalitionen sind denkbar in Hessen?

    Stand jetzt scheint vieles möglich: eine Fortführung von Schwarz-Grün, eine Große Koalition aus CDU und SPD und auch eine Ampel ist nicht ausgeschlossen. Faeser betonte im HR-Interview, die SPD wolle nach „fast 25 Jahren Stillstand“ mit einer CDU-geführten Landesregierung stärkste Kraft in Hessen werden. Im Nachbarland Rheinland-Pfalz gebe es ein erfolgreiches Ampelbündnis. Andererseits: CDU und Grüne schonen sich bisher im Wahlkampf weitgehend. Und auch FDP-Spitzenkandidat Naas betonte seine Bereitschaft mitzuregieren im Interview mit dem Hessischen Rundfunk.
    Ministerpräsident Rhein warb Mitte August 2023 im Sommerinterview mit dem Hessischen Rundfunk dafür, dass die CDU auch die nächste Landesregierung führt. Rhein warnte vor einer „Chaos“-Ampelkoalition in Hessen.
    Im HR-Interview betonte Grünen-Kandidat Al-Wazir, dass seine Partei weiter am Ziel festhält, den Regierungschef zu stellen – trotz des grünen Debakels im Streit um das Heizungsgesetz auf Bundesebene. AfD-Kandidat Lambrou sagte dem HR, eine Koalition seiner Partei mit der CDU sei nur eine Frage der Zeit. Rhein betonte dagegen, die „Brandmauer“ zur AfD stehe.

    Was ist die bundespolitische Bedeutung der Wahl?

    Für die CDU geht es darum, die Macht in Hessen zu verteidigen, unter anderem auch, um nicht an Einfluss im Bundesrat zu verlieren. Für die Sozialdemokraten wäre ein Machtwechsel in ihrer früheren Hochburg, wo die SPD einst viele Jahrzehnte lang den Ministerpräsidenten stellte, ein großer Erfolg in Zeiten, da die Kanzlerpartei bundesweit in Umfragen nicht gut dasteht.
    Auch für Grüne und FDP geht es darum, den eher negativen bundespolitischen Trend zu brechen. Die AfD hofft auf eine Fortsetzung ihres Aufwärtstrends. Für die Linke wäre ein Scheitern in Hessen dramatisch, da sie im Westen der Republik ohnehin kaum in Landesparlamenten vertreten ist.

    tei, dpa, AFP