
In ihrer Regierungserklärung im Bundestag kündigte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an, die Europäische Union wolle zunächst weitere Sanktionen der Stufe zwei im Sanktionskatalog der Europäischen Union gegen Russland verhängen. Diese Stufe sieht Beschränkungen der Reisefreiheit von Einzelpersonen und Kontensperren vor. Merkel warnte Russland, bei einer weiteren Eskalation sei die EU bereit, auch Sanktionen der Stufe drei, also Wirtschaftsanktionen, zu verhängen. Die EU-Staats- und Regierungschefs kommen am Nachmittag in Brüssel zu Beratungen über die Krise zusammen.
Merkel kritisierte die Volksabstimmung auf der Krim erneut als illegal. Der Anschluss der Halbinsel an Russland erfordere "die entschlossene wie geschlossene Antwort Europas und seiner Partner". Zur Zukunft Russlands in der Gruppe der acht wichtigsten Wirtschaftsnationen sagte Merkel: "Solange das politische Umfeld für ein so wichtiges Format wie die G8 nicht gegeben ist, gibt es die G8 nicht mehr, weder den Gipfel noch die G8 als Solches." Russland sei "in fast allen internationalen Einrichtungen isoliert."
Die Bundesregierung werde zudem demnächst darüber entscheiden, "ob und gegebenenfalls in welcher Form" die für Ende April geplanten deutsch-russischen Regierungskonsultationen stattfinden sollten.
NATO sieht militärische Bedrohung für Europa
Der Kreml will bis zum Wochenende Anschluss der Krim vollziehen. Das russische Verfassungsgericht hatte den Eingliederungsvertrag gestern gebilligt. Zustimmen muss nun neben der Duma auch noch der Föderationsrat. Auf der Krim wurden bereits die ersten russischen Pässe ausgehändigt.
NATO-Chef Fogh Rasmussen warnte, Putin werde sich womöglich nicht mit der Annexion der Krim begnügen. Die Europäischen Länder sollten die Krise als "Weckruf" verstehen, ihre Militärausgaben aufzustocken. Die Krim-Krise sei die schwerwiegendste Bedrohung für die Sicherheit und Stabilität in Europa seit dem Ende des Kalten Krieges, betonte Rasmussen in Washington.
US-Präsident Barack Obama schloss unterdessen ein militärisches Engagement in der Ukraine aus. In einem Interview mit dem Sender KNSD sagte er, auch die Menschen in der Ukraine würden dies nicht für richtig halten. Die USA würden stattdessen ihre diplomatischen Bemühungen forcieren.
Russland sperrt Konten eines ukrainischen Unternehmens
Die Moskauer Behörden sperrten Konten des ukrainischen Süßwarenherstellers Roshen und legten die Produktion für mindestens eine Woche still. Wie Roshen-Sprecherin Inna Petrenko sagte, wurde ein Ermittlungsverfahren gegen das Unternehmen eröffnet. Es gehört dem ukrainischen Milliardär Pjotr Poroschenko, der die Protestbewegung auf dem Maidan in Kiew mitfinanziert hatte. Das ukrainische Außen- und das Handelsministerium kritisierten das Vorgehen als politisch motiviert. Medien berichteten, dass Spezialeinheiten der russischen Polizei das Werk in Lipezk durchsucht hätten.
Zuvor hatten sich Moskau und Kiew erstmals seit dem umstritten Referendum auf der Krim auf Ministerebene ausgetauscht. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu telefonierte mit seinem ukrainischen Kollegen Igor Tenjuch. Beide hätten "verschiedene Aspekte der Krise in der Ukraine und Maßnahmen zur Deeskalation der Lage auf der Krim" besprochen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Das Gespräch habe auf Wunsch der ukrainischen Seite stattgefunden. Die Ressortchefs wollten die Kontakte fortsetzen.
Die moskautreue Führung der Krim ließ den festgenommenen ukrainischen Marinechef Sergej Gajduk sowie sieben proukrainische Aktivisten frei. Der Vizeadmiral war gestern bei der Besetzung des ukrainischen Marine-Hauptquartiers in Sewastopol von prorussischen Kräften in Gewahrsam genommen worden.