Dienstag, 07. Mai 2024

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Zukunft des europäischen Fußballs
Neuer Anlauf für die Super League

Bernd Reichart führt eine Vermarktungsagentur an, die der Super League im zweiten Anlauf zum Erfolg führen soll. Im Sportgespräch nennt er Beweggründe für den neuen Vorstoß, Probleme im bestehenden System und dass nationale Ligen wie die Bundesliga eingebunden werden könnten.

Bernd Reichart im Gespräch mit Maximilian Rieger | 30.10.2022
Bernd Reichhart will im Hinblick auf die Super League einen neuen Vorstoß wagen.
Bernd Reichhart will im Hinblick auf die Super League einen neuen Vorstoß wagen. (A22 Sports Management / Boris Breuer)
Der erste Anlauf für eine Super League wurde schnell ausgebremst. Im April 2021 verkünden sechs Klubs aus England sowie je drei aus Italien und Spanien, dass sie eine praktisch geschlossene Liga gründen würden. 48 Stunden später war das Projekt gescheitert – der Widerstand von UEFA, Fans, nationalen Ligen und aus der Politik war zu groß.
Nur Juventus Turin, Real Madrid und der FC Barcelona haben an der Idee festgehalten und treiben die Idee weiter voran. Dafür haben sie die Vermarktungsagentur A22 Sports gegründet. Bernd Reichart, früherer Chef der RTL-Mediengruppe, führt dieses Unternehmen nun als Geschäftsführer.

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Im Sportgespräch widerspricht er UEFA-Präsident Aleksander Ceferin, der die Super League für tot erklärte. "Ich glaube, dass wir in der Lage waren, in den letzten Wochen deutlich zu machen, in welchen Aspekten sich das Projekt fundamental verändert hat und warum der europäische Fußball eigentlich erst mal mit einem Dialog starten sollte", sagte Reichart, "mit grundsätzlich veränderten Annahmen."

EuGH wird wegweisende Entscheidung treffen

Derzeit befasst sich der Europäische Gerichtshof in einem sogenannten Vorabentscheidungsverfahren mit dem Thema Super League. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob die UEFA ihre Monopolstellung missbräuchlich und wettbewerbsschädlich anwendet.
"Wenn der Status quo als nicht-legal gilt", so Reichart, "dann sollte der Fußball auch auf europäischer Ebene in die Hände der Klubs gehen, genauso wie in der Bundesliga."
Derzeit sind Klubs vor allem in der Lobby-Organisation ECA vertreten. Die ECA hat allerdings ein erhebliches Mitspracherecht in entscheidenden Gremien der UEFA - gerade bei der Gestaltung der Wettbewerbe, ihrer Vermarktung und der Geldverteilung.
Reichart fordert von den Klubs nun, sich auch auf eine juristische Entscheidung gegen die UEFA vorzubereiten. "Dann sollten die Klubs sich darauf verständigen: Wie geht's dann weiter? Welche Alternative können wir schaffen?"
Eine Fragestellung sei: "Gibt es einen Konsens über die Probleme? Und wollen wir gemeinsam an Lösungen arbeiten?" Den Klubs würden im Dialog jedoch "Handschellen angelegt", weil die Statuten der UEFA jegliche Diskussion ausschlössen.

Reichart spricht Probleme im aktuellen System an

Der neue Vermarkter der Super League sprach Probleme im aktuellen System unter dem Dach der UEFA an, zum Beispiel die fehlende die wirtschaftliche Nachhaltigkeit.
„Es ist wichtig zu verstehen, dass sich im Moment das europäische Fußballsystem nicht mehr selbst trägt. Erlöse und Kosten stehen nicht in einem gesunden Verhältnis“, meint Reichart mit Blick darauf, dass viele Top-Clubs Verluste verbuchen.
Verantwortlich dafür sei unter anderem, dass die UEFA das Financial Fairplay unzureichend umgesetzt habe. Als weitere Probleme benannte Reichart die Dauermeister in den nationalen Ligen, die Vormachtstellung der Premier League, sinkendes Interesse bei Jugendlichen. "Das sind Themen, über die ich gerne sprechen würde", sagte Reichart, ohne konkrete Lösungsvorschläge für die Themen zu nennen.
Das neue Format der Champions League, in dem 36 Klubs in einer Liga spielen und am Ende über ihre Platzierung die K.o.-Runde erreichen können, beschrieb er als aufgeblasen und zu unverständlich.

Welche Rolle nationale Ligen spielen könnten

Reichart sagte, dass es nicht nur um die Super League, sondern um alle europäischen Klubwettbewerbe gehe. Zurzeit richtet die UEFA bei den Männern die Champions League, die Europa League und Europa Conference League aus. "Wir sprechen über ein offenes System, das mit den nationalen Ligen in Verbindung steht, das Auf und Abstieg sicherstellt."
Wie genau er sich den Auf- und Abstieg vorstellt, sagte Reichart allerdings nicht.

Dass eine großartige sportliche Leistung eines Klubs in einer nationalen Liga dazu befähigen muss, auch in Europa seinen Weg zu gehen, das ist meine klare Überzeugung.

Reichart sprach aber auch von "Planbarkeit" und der Überlegung wie man innerhalb eines sportlichen Wettbewerbs "auch Formate schaffen kann, an denen man besser wachsen kann als an dem aktuellen System".
Für die Bundesliga und andere nationale Ligen wäre ein System, das nur Auf- und Abstieg enthält, eine Entwertung. Aktuell sind die Platzierungen in den Ligen der alleinige Weg in den Europapokal, einzige Ausnahmen sind die Titelverteidiger der drei Wettbewerbe.
Sollte es international ein System mit Auf- und Abstieg geben, könnte das auch heißen, dass manche Teams den „Klassenerhalt“ in einer Super League erreichen könnten, ohne auf die nationale Liga angewiesen zu sein.

Die DFL, deutsche Klubs und Fans äußern sich ablehnend

Auch deutsche Klubs könnten für Reichart eine Rolle spielen. Doch wie will er sie überzeugen? "Erstmal, indem wir erklären, was sich in unserer Herangehensweise verändert hat." Verantwortliche der DFL, aber auch von Bayern München und Borussia Dortmund haben sich ablehnend zu dem neuen Vorstoß geäußert.

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Auch Fans wolle er einbinden, sagte Reichart. Es solle einen "strukturierten, organisierten und professionellen Dialog" auch über eine Online-Plattform geben. Fans hatten 2021 mit breiter Ablehnung maßgeblich zum Scheitern des ersten Versuchs einer Super League beigetragen.
Football Supporters Europe schrieben zum erneuten Vorstoß: "Das ist nichts Neues. Es sind dieselben Absichten von denselben Leuten, die das europäische Sportmodell zugunsten einer Handvoll Vereine aufs Spiel setzen. Ihnen wurde schon einmal eine Absage erteilt, aber um es noch einmal klar zu sagen: Die Fans wollen keine europäische Super League."
Quellen: Chaled Nahar