"Also ich habe mir die Sportart extra rausgesucht, weil ich es eine extrem faszinierende Sportart finde, zwei konträre Disziplinen unter einen Hut zu kriegen: Das Skispringen und das Langlaufen, das fand ich extrem spannend."
Svenja Würth fühlte sich schon immer auf Skisprung-Schanzen wohl, aber: das reichte der Spezialspringerin nicht. Sie wechselte zur Nordischen Kombination. Den Mix aus Skispringen und Langlauf gibt es bei den Frauen erst seit gut zwei Jahren auf Weltcup-Ebene, doch die Zukunft ist ungewiss. Denn: Für die nächsten Olympischen Winterspiele - 2026 in Mailand und Cortina - haben es die Kombiniererinnen nicht ins olympische Programm geschafft.
"Ich habe natürlich schon gehofft, dass es zu 26 olympisch wird und ich vielleicht die Möglichkeit bekomme, die Olympischen Spiele als nordische Kombiniererin noch aktiv miterleben zu dürfen. Es war dann extrem enttäuschend. Es war so eine Mischung aus ja traurig, aber auch irgendwie frustrierend, weil man davor eben hört, dass Gender-Equality als Punkt eins angemerkt wird, dass es die Olympischen Spiele mit der höchsten Frauenquote werden. Es war einfach für uns überhaupt nicht nachvollziehbar."
IOC-Entscheidung gegen Frauen hat Auswirkungen auf das Männerteam
Das IOC begründete seine Entscheidung mit der fehlender Leistungsdichte in der Weltspitze und die nicht zufrieden stellenden Einschaltquoten. Ein herber Rückschlag: Denn das Interesse ist gewachsen, seitdem die Frauen-Wettbewerbe öfter im Fernsehen übertragen werden, bestätigt Ronny Ackermann. Er selbst ist mehrfacher Weltmeister und aktuell Stützpunkttrainer in Thüringen.
"Ja, also, das Interesse ist größer, das merkt man schon. Aber die Olympia-Entscheidung, das 2026 nicht aufzunehmen, war jetzt schon wirklich ein ganz schöner Dämpfer. Wo viele sich jetzt wahrscheinlich überlegen, lasse ich mein Kind jetzt in der Sportart und weiß nicht, was passiert."
Die Entscheidung gegen die Frauen hat auch Auswirkungen auf den Männerbereich. Denn laut der Gleichberechtigungs-Regel des IOC soll es keine Sportart mehr geben, die nur von einem Geschlecht ausgeübt wird. Damit stehen auch die Männer vor dem Scheideweg, so Ackermann:
"Wenn wir nicht mehr zu Olympischen Spielen fahren dürfen, hätte das natürlich enorme Folgen. Das heißt, es würde auch die Weltmeisterschaften und die Weltcups würden runtergefahren werden. Die Quoten würden drastisch drastisch sinken. Für 2026 ist jetzt schon die Startquote auf 36 gesunken von 55 - das heißt zwei Starter pro Nation bei 18 Nationen. Alleine diese Situation bedeutet schon ein schleichender Tod der Disziplin."
Klimadebatte könnte entscheidend werden
Horst Hüttl, der Sportdirektor für Skispringer und Nordische Kombination beim Deutschen Skiverband, sieht es nicht so dramatisch. Die Entscheidung des IOC sei zwar schwer nachvollziehbar, aber man sei weiter im Austausch mit dem Verband. Und der Weltskiverband FIS habe weitere Konzepte und Formate vorgestellt, die die Attraktivität noch einmal erhöhen sollen.
"Ich glaube, dass die Klimathematik der Sportart Skisprung weniger zu schaffen macht, wie wie vielen anderen Wintersportarten und auch wir in der Nordischen Kombination unter Umständen auf eine 1,5 Kilometer Runde laufen können, deutlich weniger Aufwand haben werden für die Zukunft. Und wir wissen jetzt auch, dass dies auch natürlich aktuell beim IOC sehr intensiv evaluiert wird, dass dies unter Umständen für uns und pro nordische Kombination der Game-Changer werden könnte, auf das hoffe ich. Und deswegen hoffe ich sehr, dass unsere Sportart auch weiterhin über 30 und über 26 hinaus mit beiden Gender Bestand haben wird."
Neue Formate, Kampagnen und Widerstand gegen das IOC
Svenja Würth kennt den schweren Weg und langen Kampf schon vom Skispringen, auch hier hat es mehrere Jahre gedauert, bis sich die Sportart auch bei den Frauen etabliert hat. Dennoch bleibt für sie ein bitterer Beigeschmack:
"Klar mag man nicht immer schlecht über andere Sportarten reden. Aber wenn ich mir zum Beispiel Bob oder Rodeln anschaue, da gewinnt gefühlt auch immer nur Deutschland. Da ist die Nationen-Vielfalt bei den Medaillenvergaben auch nicht gegeben. Ein Stückweit schaut man da jetzt natürlich, wenn man Wintersport anschaut, an den Wochenenden, wenn man doch mal Zeit hat, mit einem anderen Blickwinkel drauf und denkt sich dann immer wieder die Argumente, die das IOC uns entgegengebracht haben."
Seit der IOC-Entscheidung formiert sich Widerstand. Man denkt über neue Formate nach und will sogar als große Nation den kleinen helfen, wettbewerbsfähig zu werden. Außerdem gibt es weitere Gespräche und Kampagnen - und bei allem die leise Hoffnung, das IOC könnte doch noch einlenken.