Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Olympische Kost

Für die Münchner Olympiabewerbung werden in diesen Tagen entscheidende Weichen gestellt. Die Kommunalparlamente und das bayerische Kabinett verabschieden ein so genanntes Eckpunktepapier für die Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018. Damit wäre die Bewerbung kaum noch aufzuhalten, selbst wenn es in Garmisch-Partenkirchen seit Monaten rumort und der Widerstand wächst.

Von Jens Weinreich | 05.10.2010
    Knapp 800 Seiten liegen den Parlamentariern der Stadtverordnetenversammlung München und des Gemeinderats Garmisch-Partenkirchen sowie dem bayerischen Kabinett vor. Teils sind die Unterlagen als "streng vertraulich” gekennzeichnet, auch wenn es um höchst öffentliche Angelegenheiten geht - die Milliardenkosten von Olympischen Winterspielen in der Region, die zum überwiegenden Teil vom Steuerzahler beglichen werden müssen.

    Das so genannte Eckpunktepapier ist nicht identisch mit dem offiziellen Bewerbungsbuch, das Mitte Januar beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) abgegeben werden muss. Ob bis dahin weitere grundlegende Änderungen organisatorischer und finanzieller Art vorgenommen werden müssen, ist unklar - die Politiker gehen Risiken ein. Traditionell erhöhen sich die Kosten Olympischer Spiele stets gewaltig, vervielfachen sich oft sogar.

    Gemäß den IOC-Vorgaben gehen Bewerber nahezu rechtlos in das Unternehmen Olympia, dass sich mit einem Franchise-Unternehmen vergleichen lässt: Der Franchisegeber IOC behält sämtliche Rechte und zahlt maximal ein Drittel aus seinen TV- und Sponsorenverträgen für das Organisationsbudget, das auf rund 1,3 Milliarden Euro geschätzt wird. Die Infrastrukturkosten, von der öffentlichen Hand finanziert, sollen zwischen 1,3 und 1,8 Milliarden betragen.

    Der Franchisenehmer - also München, Garmisch-Partenkirchen, Schönau, Bayern und die Bundesregierung - trägt das volle finanzielle Risiko und hat für jegliche Verluste gerade zu stehen. Dafür verlangt das IOC 47 Bürgschaften und Garantien, die teils in viele Einzelgarantien untergliedert sind. Schon jetzt hat die Bewerbung Dutzende Millionen aus Steuermitteln verschlungen, direkt und indirekt.

    Trotz des verheerenden Medienechos und der seit Monaten anhaltenden Auseinandersetzungen gibt es in den Kommunalparlamenten eine Mehrheit für das Olympia-Abenteuer. Traditionell gespalten sind die Grünen, deren Münchner Basis sich am Montag mit 92:45 Stimmen gegen die Bewerbung ausgesprochen hat. Daran aber sind die Grünen-Stadträte in ihrer Koalition mit der SPD nicht gebunden und werden für die Olympia-Offerte stimmen. Während die Bewerber vehement behaupten, 2018 würden ökologisch verträgliche Spiele geplant, sind fast alle Umweltverbände ausgestiegen und erklären das Umweltkonzept als gescheitert.

    In Garmisch-Partenkirchen wurde der hilflose Bürgermeister Thomas Schmid in den vergangenen Monaten vom bayerischen Staatskanzleichef Siegfried Schneider (CSU) quasi olympisch entmachtet. Im Auftrag des Ministerpräsidenten Horst Seehofer machte Schneider Olympia zur Chefsache und verhandelte viele Tage am Alpenrand. Garmischs Olympiagegner argumentieren, die Staatskanzlei habe die Befürworter in gewisser Weise mit dem Geld der Steuerzahler gekauft, indem der Gemeinde Millionenzusagen für einige Projekte gemacht wurden. Schneider war am Dienstag erneut vor Ort und stellte sich am Abend der Bevölkerung in der Bayernhalle. Tags zuvor hatte sich auch die Junge Union im Landkreis gegen die Bewerbung ausgesprochen.

    Das Seehofer-Kabinett wird auch ein so genanntes Olympia-Gesetz verabschieden, in dem etwa die Drittelung möglicher Verluste zwischen Bund, Land und München festgeschrieben wird. Auch soll den Grundstücksbesitzern versichert werden, dass ihr Eigentum, das sie für Olympia zur Verfügung stellen, nach den Spielen auf Kosten des Steuerzahlers in den Ursprungszustand versetzt wird.