Dienstag, 16. April 2024

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Saisonfinale des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin
Umbruch und Ekstase

Mit dem Ersten Weltkrieg endet in Europa eine Kulturepoche. Kurz vor 1918 schreiben Strawinsky, Skrjabin und Boulanger doppelbödige Musik, die Abgesang wie Ausblick ist. Karina Canellakis dirigiert solche Werke beim Saisonende des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin.

Moderation: Raoul Mörchen | 10.07.2022
Das Bild zeigt eine Tänzerin am Bühnenvordergrund, die sich vor vier weiteren Tänzern bewegt.
Emotion, das Neue, macht sich seismografisch auch in den Gemälden in der Zeit um 1915 bemerkbar, wie hier im Gemälde "Auf der Bühne" von Edgar Degas (1834-1917). (Imago / United Archives International)
Im letzten Konzertprojekt dieser Saison führen uns Dirigentin Karina Canellakis und das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin mit der Geigerin Nicola Benedetti an eine aufregende Umbruchstelle der Musikgeschichte. 
Der junge Igor Strawinsky erweist mit seinem „Chant funèbre“ seinem verstorbenen Lehrer Nikolai Rimsky-Korsakow eine letzte Referenz und gibt einen Vorgeschmack auf die revolutionären Ballettmusiken, die bald folgen werden.

Freie Entfaltung der Extase

Sein russischer Landsmann Alexander Skrjabin testet mit „Le Poème de l’extase“ die Grenzen des subjektiven Ausdrucks in einer Sinfonie, die nur dem Namen nach noch Teil der klassischen Tradition sein will , während der Pole Karol Szymanowski in seinem ersten Violinkonzert das alte Prinzip des „concertare“ hinter sich lässt zugunsten einer Musik, die vor allem Farbe und Atmosphäre ausdrücken möchte.
Und auch die Französin Lili Boulanger löst in ihrem Orchesterintermezzo „D’un soir triste“ feste Konturen zugunsten einer impressionistischen Klangmalerei auf.
Igor Strawinsky
„Chant funèbre“ für Orchester, op. 5

Karol Szymanowski
Konzert für Violine und Orchester Nr. 1, op. 35

Lili Boulanger
„D’un soir triste“ für Orchester

Alexander Skrjabin
„Le Poème de l’extase“, op. 54
Nicola Benedetti, Violine
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Karina Canellakis, Leitung
Aufnahme vom 22. Juni 2022 aus dem Konzerthaus Berlin