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Schöne und umweltverträgliche Häuser

Keine Betonkästen mit kalter Klimatechnik - ökologisch effizienter Hausbau kann auch schön sein. Das Zentrum Baukultur in Rheinland-Pfalz zeigt Arbeiten von aktuellen Preisträgern eines Wettbewerbs der Wüstenrot-Stiftung.

Von Ludger Fittkau |
    Das Dach des "Patchwork-Hauses" leuchtet in der Dämmerung. Die Beleuchtung des Inneren des Zwei-Parteienhauses im badischen Müllheim dringt durch ein milchig-weißes Material nach außen, mit dem die Dachflächen und die Seitenwände des Dachgiebels gedeckt sind. Es sind transparente Polykarbonatplatten, die eine große Lichtdurchlässigkeit zeigen. Gemeinsam mit Holzflächen und einer sogenannten "Luftkollektorfassade" sorgen die lichtdurchlässigen Kunststoffplatten dafür, dass das Haus mit reichlich passiver solarer Energie versorgt wird. An kalten Wintertagen kommt eine Hackschnitzelheizung dazu. Günter Pfeifer, Architekturprofessor an der TU Darmstadt, hat das "Patchworkhaus" gemeinsam mit einem Freiburger Architektenteam geschaffen. Für ihn ist das Haus mit der licht-und luftdurchlässigen Fassade auch ein Symbol vom Konzept der reinen Warmedämmung, das lange vorherrschte:

    "In der schnellen Bewältigung unseres Energieproblems war das Dämmen der Häuser eine schnelle und zunächst auch naheliegende Maßnahme. Doch wir begannen, unsere Häuser mit immer dickeren Dämmungen einzupacken, bis wir einerseits zwar weniger Energie für Heizung verbrauchten, dafür aber wegen der Dichtigkeit dafür sorgen mussten, dass wir darin nicht ersticken. Man kann darüber denken, wie man will. Aber eines steht fest: Bei dieser Methode haben wir außer Acht gelassen, dass wir damit ein statisches und kein dynamisches System gewählt haben."

    Nachwachsende Rohstoffe – vor allem Holz – stehen für die Wiederentdeckung eines dynamischeren Baustils, der auch das Außenklima im Umfeld eines Gebäudes wieder stärker in die Architektur mit einbezieht. "Baukultur und Nachhaltigkeit" ist hier das Stichwort. In der Mainzer Ausstellung wird als herausragendes Beispiel ein sogenanntes "Biohotel" in Kranzberg-Hohenbercha vorgestellt. Ein lang gezogener, zweigeschossiger Holz- und Glasbau, der perfekt auf einer abschüssigen Apfelbaumwiese mitten in die Bäume platziert wurde. Kristina Hasenpflug, Kulturreferentin der Wüstenrot Stiftung, erläuterte in Mainz, warum die renommierte Jury des Gestaltungspreises der Stiftung das "Biohotel" als besonders preiswürdig erachtete.

    "Das Gebäude stellt vielfältige Bezüge zu seinem traditionellen, regionalen Kontext her und überführt die Standortbedingungen wie die Hanglage und den das Grundstück prägenden Apfelgarten unmittelbar in das Architekturkonzept. Gleichzeitig besticht das Hotel durch sein gutes Raumkonzept, das den Nutzern Räume von hoher Behaglichkeit und Ästhetik bietet. Und schließlich hat das Hotel ein beispielhaftes Energiekonzept."

    Nur die Zimmer selbst werden beheizt, nicht aber die durch senkrechte Holzstäbe gestalteten Außengänge, die Licht- und Schattenspiele hervorbringen. Im Sommer wird durch das Lüftungssystem die im Holz gespeicherte Wärme abgeführt, auch an heißen Tagen muss deshalb nicht zusätzlich gekühlt werden.

    Solche Konzepte finden das Wohlwollen von Günter Pfeifer, der aber auch sehr zornig werden kann. Dann, wenn uralte, energieeffiziente Architektur einer weltweit gleichförmigen Bauweise weichen muss, die nichts mit den lokalen Klimabedingungen anzufangen weiß. Der Darmstädter Architekt nennt ein aktuelles Beispiel aus dem Iran:

    "In der Nähe der blauen Moschee in Isfahan werden etwa vier bis sechs Hektar wunderschöne Hofhäuser abgerissen. Weil die nicht mehr in die Zeit passen, werden jetzt sechs- bis acht-geschossige Zeilenbauweisen dahingebaut, mit Betonkonstruktionen und Klimaanlagen, deshalb brauchen sie jetzt eine Atomfabrik! Und diese ganzen Dinge gehen uns verloren, und die Architektur ist letztlich immer die gleiche, egal ob sie in Südamerika, Japan, China oder Europa steht."

    Gegen diese globalisierte, oft energieverschwenderische Architektur "von der Stange" setzt Günter Pfeifer so etwas wie eine baukulturelle Spurensuche. Er identifiziert in der Architekturgeschichte Beispiele von Häusern, die in ihrer jeweiligen Region das örtliche Klima energieeffizient und gleichzeitig luftig integriert haben. Diese oft sehr alten Bauweisen nimmt Günter Pfeifer als Vorbilder für Neubauten, die auch heute an die jeweiligen lokalen Klimabedingungen optimal angepasst werden.

    "Dafür steht nicht nur das Schwarzwaldhaus, die Haubarg in Ostfriesland, die Tuchhallenhäuser in Görlitz, die verschiedenen Arten von Hofreithe-Typologien auch in Rheinland-Pfalz, im Südwesten Deutschlands, aber auch die Bundwerkstadeln oder die Kemladenhäuser in Stralsund. Das ist eine endlose Liste, die wir hier aufzählen könnten."

    Vielleicht wird irgendwann einmal ja auch das lichtdurchflutete "Patchwork-Haus" von Günter Pfeifer und seinen Kollegen zu dieser illustren Liste alter Energieeffizienz in der Baukunst gehören – dem Klimaschutz wäre es zumindest zu wünschen.

    Zentrum Baukultur RLP