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Vor 125 Jahren
Testflug des ersten Starrluftschiffes

Noch vor den ersten Zeppelinen startete am 3.11.1897 das erste Starrluftschiff. Der Erfinder des 40 Meter langen, lenkbaren Fluggeräts war ein österreich-ungarischer Holzhändler. Trotz einer Bruchlandung wurde der Flug als Erfolg gefeiert.

Von Irene Meichsner | 03.11.2022
Zeichnung über den Flugversuch mit einem Aluminium-Luftschiff, der am 3. November 1897 in Tempelhof in Berlin stattfand
David Schwarz (1850-1897) hat das Luftschiff, das 1897 seinen Testflug hatte, entworfen und gebaut (IMAGO / UIG)
Der Erfinder des ersten sogenannten Starrluftschiffs war - nicht etwa der Graf von Zeppelin, was viele vermutlich glauben, sondern ein österreichisch-ungarischer Holzhändler namens David Schwarz. Angeblich hatte der technikbegeisterte Autodidakt, der 1850 in Keszthely am Plattensee geboren wurde, schon als Kind mit gasgefüllten Ballons experimentiert. Aber letztlich konnte so ein Ballon seinen Traum vom Fliegen doch nicht befriedigen. In einer Romanbiografie zitierte der Schriftsteller Hugo Kocher Schwarz mit den Worten:
„Wahrhaftig, der Ballon von heute ist nichts als ein Spielzeug. Gerade genug, um einigen wenigen das herrliche Gefühl des Fliegens, des lautlosen Dahinschwebens zu schenken. Was wir brauchen, das ist ein lenkbarer Ballon, der, vom Motor getrieben, jede gewünschte Richtung auch gegen den Wind einschlägt.“

Aluminium war ein neuer Werkstoff, der für Aufsehen sorgte

Während eines langen Winters Ende der 1880er-Jahre, den er in einer Blockhütte in Kroatien verbrachte, um dort Holzfällerarbeiten zu überwachen, vertiefte sich Schwarz in die Materie. Das Gerippe, die Außenhülle und die Gondel seines lenkbaren Luftschiffs sollten aus Aluminium beziehungsweise aneinander genieteten Aluminiumblechen bestehen; der neue Werkstoff hatte in der Fachwelt eben erst großes Aufsehen erregt.
„Gelingt es mir, das lenkbare Luftschiff zu bauen und vorzuführen, dann finden sich auch Käufer. An wen ich dabei denke? An die höchsten Regierungsstellen. Nur dort kann man die nötigen Mittel aufbringen für derartige Neuerungen.“
Schwarz legte seine Konstruktionszeichnungen zunächst dem österreichisch-ungarischen Kriegsministerium vor, doch das winkte ab. Er ging daraufhin nach Russland, wo man einen Prototyp seines Fluggeräts baute. Ob Schwarz damit wirklich zwei Probefahrten unternahm, wie er selber behauptete, ist ungewiss. 1892 kehrte er jedenfalls nach Deutschland zurück und setzte sich mit der preußischen Militärverwaltung in Verbindung. Ein Gutachten fiel positiv aus, und Schwarz wurde eine Montagehalle auf dem Tempelhofer Feld, dem Exerzierplatz der Berliner Garnison, in Aussicht gestellt.
„Fliegen will und muss ich, den lenkbaren Ballon schaffen!“

Schwarz erlebte den Bau des Starrluftschiffes nicht mehr

Carl Berg, ein Unternehmer aus dem westfälischen Eveking, von dem Schwarz sein Aluminium bezog, erklärte sich bereit, die Kosten für den Bau des „Ganzmetallluftschiffs“ vorzustrecken und die Einzelteile anzufertigen. Den Gewinn bei einem Verkauf wollten sich die beiden teilen. Schwarz sollte die Erfüllung seines Traums allerdings nicht mehr erleben. Er starb am 13. Januar 1897 in Wien an einem Herzversagen - kurz nachdem er die Nachricht erhalten hatte, dass sein fast 40 Meter langes, zylinderförmiges Luftschiff endlich mit Gas befüllt werden könne. Seine Witwe Melanie setzte seine Arbeit fort.
Am 3. November 1897 war der Jungfernflug anberaumt. Es war ein trüber Tag, und ein kräftiger Ostwind fegte über das Tempelhofer Feld, als der Maschinenschlosser Ernst Jagels gegen 15 Uhr den Motor anließ. Der Start gegen den Wind gelang. Doch leider gab es, auch wegen der heftigen Böen, schon bald Komplikationen.
„Als nun das Luftschiff etwa 100 Meter hochgekommen war, da fiel mir der linke Propellerriemen herunter. Rapide stieg der Ballon bis auf 300 bis 400 Meter in die Lüfte, und der Wind trieb mich nach Schöneberg im Westen ab.“

Trotz Unfall galt der Jungfernflug als Erfolg

Jagels versuchte noch gegenzusteuern. Aber: „In diesem Moment fiel der Riemen auch von der rechten Propellerscheibe herunter. Das so steuerlos gewordene Schiff stieg immer höher in die Wolken.“
Jagels wurde es angst und bange. Er öffnete die Gasventile, verlor viel zu schnell an Höhe, das Luftschiff schlug auf den Boden auf und ging dabei zu Bruch.
„Alles ging furchtbar schnell und ich wurde noch etwas von der Gondel übergeschleift.“
Trotz dieses Unfalls wurde der Flug als Erfolg gewertet, weil es Jagels zumindest für kurze Zeit gelungen war, das Fluggerät gegen den Wind zu steuern. Das wiederum war vor allem für einen Mann von größtem Interesse: den Grafen von Zeppelin, der sich schon seit Jahren mit der Lenkbarkeit von Luftschiffen befasste. Möglicherweise hatte er den Start sogar als Zaungast miterlebt. Jedenfalls vereinbarten Ferdinand Graf von Zeppelin und Carl Berg wenig später eine enge Zusammenarbeit – der Grundstock für den Bau der ersten echten „Zeppeline“.