Sonntag, 28. April 2024

DOSB und Olympia-Gegnerin im Streitgespräch
Braucht Deutschland Olympische Spiele?

Der DOSB diskutiert derzeit über eine Olympia-Bewerbung. Es gehe darum, "olympische Spiele neu zu denken", so DOSB-Funktionär Stephan Brause. Linken-Politikerin und Olympia-Gegnerin Heike Sudmann sagt dagegen, ihr fehle das Vertrauen in eine nachhaltige Umsetzung des IOC.

Stephan Brause und Heike Sudmann im Gespräch mit Marina Schweizer | 12.11.2023
Die Olympischen Ringe (Symbolfoto)
Finden die Olympischen Sommerspiele in Zukunft mal wieder in Deutschland statt? Bevor möglicherweise eine Bewerbung erstellt wird, will der Deutsche Olympische Sportbund sich aber erstmal mit der Bevölkerung austauschen. (imago images / GEPA pictures / GEPA pictures / Christian Walgram via www.imago-images.de)
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) tourt seit ein paar Wochen durch Deutschland: In mehreren Städten ist die Bevölkerung dazu eingeladen, über eine mögliche Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele in Deutschland zu debattieren. In Leipzig, Hamburg und München gab es solche Diskussionsveranstaltungen bereits, Berlin und Düsseldorf folgen in den kommenden Tagen.

Olympia-Gegnerin: IOC-Verträge nicht transparent

Mehrfach sind olympische Spiele in Deutschland seit der bislang letzten Ausrichtung 1972 in München gescheitert, teils am Widerspruch aus der Bevölkerung. Stephan Brause, Leiter der Stabsstelle Olympiabewerbung beim DOSB, wirbt dennoch für eine Ausrichtung: Olympische Spiele könnten "Aufmerksamkeit generieren für Sportarten, die sonst nicht so im Mittelpunkt stehen", sagte Brause bei der Dlf-Sportkonferenz.
"Sport ist super", sagte Heike Sudmann. Sie sei nicht grundsätzlich gegen Sportgroßveranstaltungen, so die stellvertetende Vorsitzende der Linken-Fraktion im Hamburger Stadtradt und Vertreterin von NOlympia Hamburg.
Die Linken-Politikerin Heike Sudmann im Gespräch mit Dlf-Moderatorin Marina Schweizer bei der 10. Sportkonferenz im Deutschlandfunk
Die Linken-Politikerin Heike Sudmann spricht sich gegen Olympia in Deutschland aus (Deutschlandradio / Jessica Sturmberg)
Die Verträge, die Ausrichterstädte mit dem IOC eingehen müssten, seien aber nicht transparent. Die Bevölkerung habe in einem Referendum die Olympischen Sommerspiele 2024 in Hamburg abgelehnt, weil es Sorge vor Fremdbestimmung gegeben habe: "Es ging ganz stark darum: Wer bestimmt da was?". Zudem habe es Sorge vor Kostensteigerungen gegeben.

DOSB-Funktionär: IOC hat sich reformiert

Brause argumentierte, das IOC habe unter seinem aktuellen Präsidenten Thomas Bach "den größten Reformprozess seiner Geschichte" eingeleitet. Dieser Prozess dauere aber. Die ersten Spiele, bei dem die Reformen Wirkung zeigen könnten, seien die Sommerspiele im kommenden Jahr in Paris.
DOSB-Funktionär Stephan Brause (links) und NOlympia-Vertreterin Heike Sudmann (rechts) im Streitgespräch bei der Dlf-Sportkonferenz, moderiert von Dlf-Redakteurin Marina Schweizer (Mitte).
DOSB-Funktionär Stephan Brause und NOlympia-Vertreterin Heike Sudmann im Gespräch mit Marina Schweizer. (Lukas Thiele)
"Wir reden über die Fehler der Vergangenheit, aber es hat sich vieles verändert", so der DOSB-Funktionär, "wir werden nächstes Jahr in Paris Bilder sehen, die wenig damit zu tun haben, die wir leider aus den letzten Jahren leider alle im Kopf haben". Heike Sudmann stellte infrage, ob es tatsächlich maßgebliche Veränderungen beispielsweise bei den Vorgaben für die Präsenz von IOC-Werbepartnern in den Ausrichterstädten gebe.

Brause: bestehende Infrastruktur nutzen

Der DOSB gestalte seinen Diskussionsprozess über mögliche Olympische Spiele in Deutschland offen und unabhängig von den IOC-Vorgaben, betonte Brause: "Wir haben die Möglichkeit, olympische Spiele neu zu denken." Es gehe nicht um eine Bewerbung um jeden Preis: "Wir definieren für uns mit der Bevölkerung zusammen, ob und wenn ja, unter welchen Bedingungen überhaupt, wir uns bewerben wollen."
Stephan Brause, Leiter der Stabstelle Olympia-Bewerbung beim DOSB, auf der 10. Deutschlandfunk-Sportkonferenz 2023.
Stephan Brause leitet beim DOSB die Stabstelle Olympia-Bewerbung. (Deutschlandfunk / Jessica Sturmberg)
Ein Bewerbungskonzept müsse mindestens zwei Städte berücksichtigen, "weil wir sagen, wir bauen nicht neu". Es gehe darum, bestehende Infrastruktur zu nutzen: "Wir brauchen kein drittes Olympiastadion in Deutschland." Es müsse außerdem ein konkretes Finanzkonzept vorgelegt werden: "Es darf keine Kostenexplosion auf Kosten des Steuerzahlers geben."

Sudmann: "Bach hat das Ruder nicht herumgerissen"

Olympia-Gegnerin Sudmann würde ein solches Konzept nicht überzeugen, sie sagt: "Ich habe nicht das Vertrauen."
Könnten olympische Spiele in Deutschland für Zusammenhalt und Aufbruch in der Bevölkerung sorgen? Mit dem "Ursprungsgedanken der Völkerverständigung und des friedlichen Wettstreits" könne sie sich das gut vorstellen, so Linken-Politikerin Sudmann. Aber für diese Vorstellung müsse sie das IOC ausblenden. "Ich sehe nicht, dass Herr Bach das Ruder großartig herumgerissen hat, dass wir keine Korruption mehr haben."