Nach zwei Rückzügen bei der Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2030 könnte jetzt mit Sapporo der dritte folgen. Der Chef des japanischen olympischen Komitees, Yasuhiro Yamashita, überlegt, sich mit Sapporo erst für die Winterspiele 2034 zu bewerben.
Grund dafür: Nach den Olympischen Sommerspielen 2021 in Tokio unter Pandemiebedingungen hat die japanische Bevölkerung eine ablehnende Haltung gegenüber einer weiteren Austragung.
„Die Bevölkerung fühlte sich übergangen“, sagt Prof. Wolfgang Maennig, Sportökonom an der Universität Hamburg im Deutschlandfunk. Für ihn ist der Rückzug Sapporos die Chance für eine Bewerbung von München:
„Das muss man ganz klar in Deutschland notieren, dass wir jetzt mit München und der Umgebung eine gute Chance hätten, uns da erfolgreich zu bewerben.“
In Deutschland fehlt die Begeisterung
Deutschland hat sich bisher nicht um die Austragung der Winterspiele 2030 beworben. Maennig sieht die Gründe dafür in den vielen Krisen, den steigenden Zinsen und Baukosten, aber auch insgesamt sei die Stimmung und die Begeisterung dafür in der Bevölkerung einfach nicht da.
Für eine mögliche Bewerbung von München haben in einer Volksabstimmung vier von vier Landkreisen dagegen gestimmt. „Es braucht ein geeignete Persönlichkeit, die sich dessen annimmt“, sagt Maennig, sonst würde die Begeisterung für den Leistungssport nicht zurückkommen.
Aber generell würden mittlerweile aber die erwarteten Nachteile einer Austragung die erwarteten Vorteile überwiegen. Kostensteigerungen, Probleme durch den Klimawandel, Fehlentscheidungen des IOC bei der Vergabe der Spiele in den letzten Jahren, zählt der Wirtschaftswissenschaftler auf.
Nachteile überwiegen Vorteile bei der Austragung
„Es gibt viele, viele Stellschrauben, an denen das IOC auch seine Ansprüche reduzieren könnte.“ Damit würden die Kosten und Anforderungen für den Austragungsort reduziert werden und die Austragung wieder attraktiver werden. Auch könne das IOC mehr Zuschüsse bereitstellen, um die Nettokosten der Austragungsorte zu senken, überlegt Maennig.
Denn „die Olympischen Spiele sind zumindest in der Saison, in der sie stattfinden, für die Austragungsorte ein touristischer Garaus, weil praktisch die ganze Saison die Pisten gesperrt sind und die Touristen nicht kommen.“
Es wurde auch schon überlegt, ein Routiersystem einzuführen: Bestimmte Austragungsorte wechseln sich mit der Austragung ab:
„Das könnte schon funktionieren“, glaubt Maennig, „weil dann die Ausrichter wissen, dass ihre Investitionen nicht nur einmal, sondern vielleicht alle zwölf Jahre immer wieder genutzt werden. Dann rentieren sich die Investitionen natürlich ganz anders.“
Chance für ein besseres Konzept nutzen
Aber nicht nur die Attraktivität der Austragung hat sich verändert, sondern auch die Bewerbungsprozesse würden heute anders ablaufen, hat Maennig beobachtet: Früher haben Städte miteinander konkurriert, jetzt finden Hintergrundgespräche statt.
„Das heißt, wenn wir jetzt im Augenblick nicht so richtig mitbekommen, dass es Bewerber gibt, dann heißt das eben nicht unbedingt, dass es wirklich keinen Bewerber gibt.“
Maennig glaubt, dass der Bewerbungsprozess um die Austragung eher so ablaufe, dass das IOC von sich aus auf potenzielle Bewerberstätte zugeht und mit ihnen gemeinsam Konzepte entwickelt.
„Man wird so lange mit geeigneten Ausrichtern sprechen, bis man einen gefunden hat.“
Und die Chance sollte München nutzen, findet Maennig. Er könne sich in diesem Prozess vorstellen, „dass wir ein Konzept mit dem IOC zusammen entwickeln, bei dem wir uns wohlfühlen, die bayerische Regierung und auch das IOC sich wohlfühlen. Ich glaube, das ist möglich, da gibt es eine Schnittmenge.“