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Von der Kita in die Uni

"Kindheit im Blick" - das ist das Ziel des Studiengangs Kindheitspädagogik an der Alanus-Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter bei Bonn. Neben dem Vollzeitstudiengang wird ab Sommersemester 2011 auch ein Teilzeitstudium in Kindheitspädagogik angeboten.

Von Nina Treude |
    "Durch die Pisa-Studie vor vielen Jahren, in der wir sehr schlecht abgeschnitten haben, haben wir gemerkt, wir müssen im Bereich Kindheitspädagogik besser werden. Die Bildung und Ausbildung der Kinder müsste besser werden und natürlich auch das Personal dazu."

    Maximilian Buchka ist ein alter Hase in der Kindheitspädagogik. Lange Jahre hat er in der Sonderschule gearbeitet, hat dann an der Katholischen Hochschule in Köln Pädagogik gelehrt - jetzt ist er Gastprofessor an der Alanus-Hochschule. Beim Aufbau des neuen Studiengangs hat er seine jüngeren Kollegen als Berater unterstützt. Ihnen war wichtig, dass die Studierenden, die im März in Alfter anfangen, Erfahrungen aus der Praxis mitbringen. Der Teilzeitstudiengang richtet sich gezielt an ausgebildete Erzieher, die mindestens drei Jahre Berufserfahrung mitbringen und neue pädagogische Konzepte kennen lernen möchten. Janne Fengler ist Professorin für Kindheitspädagogik an der Alanus-Hochschule:

    "Es handelt sich um eine Akzentsetzung, die aber nicht zur Verengung der beruflichen Perspektiven führt, sondern im Gegenteil zur Anregung, Dinge etwas breiter zu betrachten aus verschiedenen Perspektiven und das eigene pädagogische Selbstverständnis herausfinden zu können."

    Teilzeitstudium, das bedeutet in diesem Fall etwa zehn Seminare an Wochenenden und drei Blockwochen pro Jahr - und das fünf Semestern lang. So soll der neue Studiengang auch für Erzieher attraktiv sein, die voll berufstätig sind. Martina Röthlein-Pfitzner leitet die Kindertagesstätte "Lummerland" in Bonn. Sie hat neben ihrem Job ein Bachelor-Studium auf sich genommen und weiß, wie wichtig die fachliche Weiterbildung ist:

    "Die Tatsache, dass Deutschland und Österreich da im europäischen Vergleich einfach hinterherhinken, finde ich einfach traurig. Es ist heute jedem bewusst, wie wichtig Erziehung ist und ich glaube, dass Erzieherinnen und Erzieher sehr viel Lust haben sich weiterzuentwickeln, aber die Rahmenbedingungen und auch die Bezahlung sind so schlecht, dass man sich das kaum leisten kann."

    Deutschland und Österreich sind die einzigen europäischen Länder, in denen Erzieher keine akademische Ausbildung benötigen. Erzieher und Wissenschaftler sind sich einig darin, dass sich das ändern muss. Denn auf die Erzieher kommen ganz neue Herausforderungen zu: In Zukunft soll der integrative Kindergarten, in dem Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam erzogen werden, der Normfall werden. Eine fundierte Fachbildung ist daher unerlässlich, wie auch Erzieherin Ermelinda Nobre-Sindel erklärt:

    "Wir brauchen einfach eine Weiterqualifizierungsmaßnahme, weil wir immer wieder feststellen, dass wir mit dem Paket, das wir in der Schule bekommen haben, einfach nicht auskommen. Wir werden unseren Kindern einfach nicht gerecht, wenn wir auf dem Stand der Dinge bleiben. Die Kinder haben sich verändert, die Gesellschaft hat sich verändert, und wir müssen mit unserer Pädagogik darauf antworten."

    Der kindheitspädagogische Studiengang der Alanus-Hochschule ist nicht nur für Erzieher aus Nordrhein-Westfalen interessant, die Studieninhalte sind auf die Bedingungen aller Bundesländer angepasst. In kleinen Gruppen besprechen die Studierenden verschiedene pädagogische Ansätze und entwickeln auch eigene Forschungsprojekte. Von der Arbeit mit berufserfahrenen Studierenden verspricht Janne Fengler sich viel:

    "Wenn viele Menschen, die Erfahrungen in einem Bereich haben, zusammenkommen und ihre Erfahrung zusammenbringen, dann ist es eine ganz andere Form der Reflexion, gewissermaßen eine Adlerperspektive auf die eigene Professionalität."

    Ende 2013 werden die ersten Erzieher ihr Teilzeitstudium in Alfter beenden. Vermutlich werden dann aber nicht alle von ihnen, ihr Fachwissen in die Kitas tragen. Denn die Erfahrung zeigt, Erzieher mit Hochschul-Abschluss suchen sich oft andere Jobs: Die Arbeit in der Kita ist vielen schlicht zu schlecht bezahlt.