Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Vor 100 Jahren geboren
Ava Gardner - die Venus von Hollywood

Ava Gardner gilt als eine der glamourösesten Filmstars aller Zeiten und wurde als sogenanntes Sexsymbol gefeiert. Doch die am 24. Dezember 1922 geborene US-amerikanische Schauspielerin war viel mehr als das.

Von Katja Nicodemus | 24.12.2022
Die Schauspielerin Ava Gardner posiert in einem ärmellosen Abendkleid, Aufnahme circa 1945
Eine der glamourösesten Filmstars aller Zeiten: die US-Schauspielerin Ava Gardner (imago / Cinema Publishers Collection)
„Die Gesellschafts- und Filmjournalisten zwischen Nordkanada und Südafrika haben dieser Frau zahllose Artikel gewidmet. Der Grund ist einfach: Ava Gardner, die Venus von Hollywood, liefert Stoff", so sagt es ein Rundfunkreporter, als Ava Gardner 1954 nach Berlin kommt, um ihren Film „Die barfüßige Gräfin“ vorzustellen.

Leidenschaft und Beziehungskriege

In der Öffentlichkeit wirkte Ava Gardners Leben so, wie man es sich in den 40er-, 50er-Jahren bei einem Hollywoodstar vorstellte: tumultuöse Ehen mit berühmten Männern, dem Schauspieler Mickey Rooney, dem Bandleader Artie Shaw, der Showgröße Frank Sinatra. Scheidungen, Alkohol, Partys. Eine Affäre mit einem legendären spanischen Stierkämpfer.
Leidenschaft und Beziehungskriege – so wie in der Hemingway-Verfilmung „Schnee am Kilimandscharo“ von Henry King, mit der Ava Gardner 1952 ihren internationalen Durchbruch erlebt. Gregory Peck spielt einen ruhelosen Schriftsteller, sie die Frau, die endlich mit ihm sesshaft werden will. Die Leinwand scheint durchzittert von ihrer trunkenen Verzweiflung.
Szene aus dem Film "Schnee am Kilimandscharo": Ava Gardner liegt mit dem Kopf auf einer Decke und schaut Gregory Peck ins Gesicht, der sich zu ihr gebeugt hat
Ava Gardner und Gregory Peck in einer Szene aus dem Film "Schnee am Kilimandscharo" (imago / Cinema Publishers Collection)
„In Syrien bricht ein Krieg aus.“
„Hier bricht auch ein Krieg aus, hier an diesem Tisch, du kannst dich darauf verlassen, Harry.“
„Du solltest nicht so viel trinken.“
„Nein, nein, ich sollte andere Dinge nicht so viel tun. Ich sollte dich weniger lieben, vielleicht wäre das besser für uns.“

Femme fatale, die die Verletzungen des Lebens mitspielt

Ava Gardner wird am 24. Dezember 1922 als jüngstes von sieben Kindern einer armen Tabak- und Baumwoll-Farmerfamilie im Örtchen Grabtown in North Carolina geboren. Als Achtzehnjährige besucht Ava Gardner eine ihrer Schwestern in New York. Deren Mann, ein Fotograf, stellt Aufnahmen von ihr ins Schaufenster seines Ladens. Ein Mitarbeiter des Studios Metro Goldwyn Meyer sieht die Fotos, lädt Gardner zu einem Leinwandtest ein.
Grüne Augen, schwarze lockige Haare, ein verwegenes Kinngrübchen. Schon damals sieht man auf Fotos das Gardner-Paradox: Trotz Make-up und Glamourlicht hat sie diese Lebendigkeit im Blick, trotz der Inszenierung als Sexsymbol geht eine Wärme und Tiefe von ihr aus.
Sie bekommt einen Vertrag bei MGM und nach kleinen Auftritten in B-Pictures die erste größere Rolle: eine Gangsterbraut in Robert Siodmaks „The Killers“ - „Rächer der Unterwelt“ von 1946. Als femme fatale und Verführerin spielt sie die Verletzungen des Lebens mit. Bei ihrer Begegnung mit einem jungen Dieb und Boxer, verkörpert von Burt Lancaster, knistert es.
“Jack told me you are a fighter.”
“Do you like the fights?”
“I have never seen one.”
“No kiddin.”
Szene aus dem Film "The Killers": Ava Gardner umarmt Burt Lancaster drückt ihr Gesicht ganz nah an das seine
Es knistert zwischen Ava Gardner und Burt Lancaster: Szene aus dem Film "The Killers" (imago images / Everett Collection)
Ava Gardner wird kaum mehr Gelegenheit bekommen, moderne, urbane Figuren wie in „The Killers“ zu spielen. Das Studio MGM platziert sie in einfallslosen, aber erfolgreichen Produktionen: „Pandora und der fliegende Holländer“, „Venus macht Seitensprünge“, „Die Ritter der Tafelrunde“. Doch Gardner gelingt es immer wieder, einen leisen Zweifel, ein amüsiertes Augenrollen mitzuspielen. So, als sei sie eher versehentlich durch die Tür des Sexsymbols gegangen.

„Ich bin kein Filmstar"

In den 50er- und 60er-Jahren verkörpert Gardner in Kinoklassikern an tropischen Schauplätzen verwegene Frauen, denen das Leben mitgespielt hat - die sich aber nicht unterkriegen lassen. Mit Clark Gable in „Mogambo“ von John Ford, mit Richard Burton in „Die Nacht des Leguan“ von John Huston, mit Stewart Granger in „Knotenpunkt Bhowani“ von George Cukor. Bei aller Lebensenergie verleiht Ava Gardner ihren Figuren eine berührende Durchlässigkeit, der man sich nicht entziehen kann.
Szene aus dem Film "Die Nacht des Leguan": Ava Gardner und der Zigarette rauchende Richard Burton stehen nebeneinander und schauen nach vorne
Verwegene Frau an einem tropischen Schauplatz: Ava Gardner und Richard Burton im Film "Die Nacht des Leguan" (imago images / Mary Evans / Rights Managed via www.imago-images.de)
Sie selbst fühlt sich in Hollywood unsicher, auf ihr Aussehen reduziert. 1970 sagt sie im Interview mit einer amerikanischen Zeitschrift: „Ich bin kein Filmstar. Und ganz sicher bin ich keine gute Schauspielerin. Sollte ich eine sein wollen, müsste ich an mir arbeiten, nicht wahr? Aber ich habe es nie getan.“
Ava Gardner starb 1990 in London mit nur 67 Jahren. Womöglich war es gerade ihr Misstrauen gegen die eigene Schönheit, das Gefühl, in Hollywood fehl am Platze zu sein, das ihr auf der Leinwand diese seltsam subversive Ausstrahlung und diese unwiderstehliche Offenheit verlieh.