Dienstag, 30. April 2024

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Positives Echo auf Reformideen des Zukunftsrats

Der Zukunftsrat hat seine Vorschläge für Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorgestellt. Ein Ziel: Einsparungen, die zur Senkung des Rundfunkbeitrags führen könnten. Die Ideen werden von vielen Seiten begrüßt.

Julia Jäkel im Gespräch mit Sebastian Wellendorf | 18.01.2024
Die Übergabe der Empfehlungen des Rates für die zukünftige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks am 18.01.2024.
Der Zukunftsrat hat seine Reformempfehlungen der Politik übergeben. (IMAGO / epd / Rolf Zöllner)
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll sich reformieren und zukunftsfest gemacht werden - eine Aufgabe, mit der sich die Anstalten selbst oft etwas schwer tun, wie Kritiker finden. Deshalb hat die Medienpolitik - auch in Folge der rbb-Affäre rund um die frühere Intendantin Patricia Schlesinger - im vergangenen Jahr den sogenannten Zukunftsrat gegründet.
Dieses achtköpfige Expertengremium sollte konkrete Reformideen für ARD, ZDF und Deutschlandradio ausarbeiten. Die Reaktionen auf die Vorschläge fielen größtenteils positiv aus.

Das sind die Vorschläge des Zukunftsrats

Bei der Präsentation der Ideen wurde nun deutlich, worum es dem Rat hauptsächlich geht: Mehrfachstrukturen sollen abgebaut, die Anstalten "agiler" und die Profile der einzelnen Sender geschärft werden - mit einem Fokus aufs Gemeinwohl und das Regionale. Ein erhoffter Effekt dabei: mittelfristige Einsparungen, die zum Absenken des Rundfunkbeitrags führen könnten.
Den vollständigen Bericht des Zukunftsrats können Sie hier nachlesen.
Wie junge Menschen mit dem Programm erreicht werden können, sei eine der Hauptfragen im Hinblick auf Reformen von ARD, ZDF und Deutschlandradio, betonte Julia Jäkel, die frühere Chefin des Verlags Gruner + Jahr und Mitglied des Zukunftsrats, im Gespräch mit @mediasres.
"Die Wettbewerber, mit denen sich der öffentlich-rechtliche Rundunk hier zu kabbeln hat, sind die globalen Plattformen - die Amazons, die Netflixes, die Spotifys. Und du kannst einfach nicht in einem rein koordinierenden Modell zwischen neun oder mehr Anstalten Technologie, die überzeugend ist, in genügender Effizienz auf die Straße bringen", so Jäkel.
Deshalb schlägt der Zukunftsrat die Gründung einer Tochtergesellschaft für ARD, ZDF und Deutschlandradio vor, um die Digitalisierung und Plattformtechologie der Öffentlich-Rechtlichen voranzutreiben.
Zwar sei das lineare Programm immer noch wichtig, der Zukunftsrat fordere aber, eine Schwerpunktverschiebung in Richtung digitaler Angebote und jüngerer Zielgruppen "entschiedener vorzunehmen, als das heute getan wird - als aber auch die ARD heute überhaupt dazu in der Lage ist".
Zwar seien viele Mitarbeitenden sehr reformwillig, die Strukturen aber vielerorts zu kompliziert, um Dinge schnell und effizient umzusetzen.
Es sei jedoch enorm wichtig, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eilig zu reformieren, so Jäkel. Man müsse die jüngeren Zielgruppen besser mit Inhalten erreichen, "und was den Demokratie- und Gemeinwohlauftrag der Öffentlich-Rechtlichen angeht, den wir sehr betonen und herausstellen - das muss ich Ihnen nicht schildern, warum das in diesen Zeiten wichtiger ist denn je."

Das sind die Reaktionen auf die Reformideen

Sachsens Medienminister Oliver Schenk (CDU) hält insbesondere den Vorschlag zur Bündelung von technischen Kompetenzen für sehr klug, sagte er im Gespräch mit @mediasres. Auch einen stärkeren Fokus des ÖRR auf das Regionale hält er für absolut notwendig, in der heutigen Zeit, "wo wir sehen, wie schwer sich regionale Radiosender, lokale TV-Anstalten und die Zeitungen tun. Wir brauchen dieses Regionale."
Wenn es gleichzeitig gelinge, Kompetenzen und Strukturen zu bündeln, würden Ressourcen freigelenkt, die stärker für inhaltliche Aufgaben genutzt werden könnten. "Dann stellt sich, glaube ich, die Frage nicht mehr so, welche Anstalten man zusammenlegt, welche Funkhäuser man zusammenlegt", so Schenk. Er plädiert für eine zentrale ARD-Anstalt in den neuen Bundesländern.
Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke sieht sich durch die Vorschläge des Zukunftsrats in vielen Punkten des ARD-Reformprozesses gestärkt. Jetzt seien zunächst die Länder am Zug. "Die ARD wird in jedem Fall ihren Weg der Digitalisierung, der regionalen Verankerung und der Effizienzsteigerung konsequent durchsetzen."
Die Redaktionsvertretungen von ARD, ZDF und Deutschlandradio begrüßten das klare Bekenntnis des Zukunftsrats zu einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Forderung nach einer kollegialen Führung. „Wir brauchen starke Redaktionsstatute und mehr Rechte und Mitsprache für die Redaktionsvertretungen in den Sendern“, erklärte ein Sprecher.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sprach von einem "konstruktiven Beitrag" zur Rundfunkreform. "Gut, dass der Zukunftsrat ein klares Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk abgibt und dessen gesellschaftlichen Wert betont", so der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. Dies sei eine Wohltat nach dem populistischen Störfeuer gegen die Öffentlich-Rechtlichen aus Teilen der Politik.
Auch der Branchenverband Deutsche Akademie für Fernsehen und der Privatsenderverband Vaunet begrüßten die Reformideen des Zukunftsrats. Die Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk wies auf offene Fragen zu Werbung und Beteiligungsfirmen hin. Ohne die Einbeziehung der privaten Seite sei keine Veränderung hin zu mehr gesellschaftlicher Vielfalt möglich.

Kritik kommt von Verdi

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi übt Kritik: "Die zentrale Schwachstelle der Vorschläge ist, dass der Zukunftsrat ohne Sachverstand oder Einbeziehung aus der Mitarbeiterschaft der Rundfunkanstalten seine Vorschläge entwickelt hat", so der für Medien zuständige Verdi-Bundesvorstand Christoph Schmitz.
Insbesondere die Vorschläge zur Schaffung einer zentralen ARD-Anstalt wie zur künftigen Festlegung der Finanzierung von ARD, ZDF und Deutschlandradio sieht die Gewerkschaft kritisch. Sie begrüßt dagegen die vom Zukunftsrat geforderte zentrale Einheit zur technischen Entwicklung und zum Betrieb einer gemeinsamen digitalen Plattform.