Mittwoch, 08. Mai 2024

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Annalena Baerbock
Besorgnis wegen möglicher Invasion Chinas in Taiwan

Annalena Baerbock zeigte sich alarmiert wegen Warnungen westlicher Geheimdienste vor einer möglichen Invasion Chinas in Taiwan. „Wir dürfen nicht noch mal den gleichen Fehler machen“, sagte die Bundesaußenministerin mit Blick auf die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen im Dlf.

Annalena Baerbock im Gespräch mit Stephan Detjen | 22.07.2022
Bundesaussenministerin Annalena Baerbock beim NATO Public Forum Ende Juni 2022 in Madrid zum Thema "Steigende Temperaturen, Steigende Spannungen: Klimawandel und Allianzsicherheit".
Bundesaussenministerin Annalena Baerbock betont die europäische Geschlossenheit angesichts der Krisenlage (pa/photothek)
Das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine sei ein „Funken Hoffnung“, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock im Dlf. Die Vereinbarung gilt als entscheidend für die Eindämmung des weltweiten Anstiegs der Lebensmittelpreise.
Hinweis: Das Gespräch wurde am 22. Juli nach Unterzeichnung des Getreideabkommens zwischen der Ukraine und Russland aufgezeichnet. Am 23. Juli kam es zum Beschuss der Hafenstadt Odessa durch russische Truppen.
Nur einen Tag nach Unterzeichnung des Abkommens wurden russische Raketenangriffe auf Odessa gemeldet. Auch der Hafen soll betroffen sein. Es ist einer von drei Häfen in der Ukraine, von dem Getreide ausgeführt werden soll.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres, die USA und Deutschland verurteilten die Angriffe scharf. Bundeaußenministerin Annalena Baerbock wertete den Angriff als Beleg für fehlende Verlässlichkeit Russlands. "Die feigen Raketenangriffe auf den Hafen von Odessa zeigen, dass die Unterschrift der russischen Führung derzeit wenig zählt", sagte Baerbock der Nachrichtenagentur Reuters. "Der Angriff zeigt uns aber auch, dass wir weiter mit Hochdruck an Alternativen arbeiten müssen", fügte die Grünen-Politikerin mit Blick auf den Export ukrainischen Getreides etwa über Häfen in Rumänien hinzu.

Kooperation statt Konkurrenz zwischen NATO-Partnern

Baerbock verteidigte sich im Deutschlandfunk gegen Kritik, dass Deutschland bei der Aushandlung des Getreideabkommens keine Rolle gespielt habe. Das Vorgehen der internationalen Gemeinschaft und der NATO-Partner sehe vor, sich im Umgang mit Russland Aufgaben zu teilen. Die Türkei habe sich wegen ihrer geografischen Lage am Schwarzen Meer angeboten, so Außenministerin Baerbock. Die Europäische Union und Deutschland kümmerten sich um Landrouten. Nach den Raktenangriffen auf Odessa gelte einmal mehr, mit Hochdruck an Alternativen für Getreideexporte aus der Ukraine arbeiten müssen, das sagte Baerbock laut Agenturberichten vom 23. Juli.
Baerbock kündigte zudem an, in die Türkei zu reisen. Dort werde sie ihre Gesprächspartner auch vor einem militärischen Vordringen im Norden Syriens warnen, sagte die Bundesaußenministerin. Weil die Türkei die Ukraine sowie die Sanktionen gegen Russland unterstütze, könne man nicht die Augen vor einem möglichen Völkerrechtsbruch durch die Türkei verschließen. Zugleich treffe man mit der Türkei als NATO-Partner gemeinsame Entscheidungen, um die Verteidigungsfähigkeit gegenüber Russland aufrecht zu halten.

"Wirtschaftliche Abhängigkeit von China reduzieren"

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zeigte sich auch alarmiert wegen Warnungen westlicher Geheimdienste vor einer möglichen Invasion Chinas in Taiwan. „Meine Sorge ist groß“, sagte Baerbock im Dlf. Der Amerikanische Geheimdienst CIA hatte in der vergangenen Woche erklärt, China sei fest zu einer Annexion Taiwans entschlossen. Entsprechende Verlautbarungen seien auch in Berlin bekannt, sagte Baerbock.
Die Bundesaußenministerin forderte deshalb dazu auf, die wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu reduzieren. „Wir dürfen nicht nochmal den gleichen Fehler machen“, sagte Baerbock mit Blick auf die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen. Im Bereich von Medikamenten wie etwa Antibiotika gebe es zum Teil eine komplette Abhängigkeit von asiatischen und auch chinesischen Produkten. Es müsse deshalb Teil der künftigen Sicherheitsstrategie sein, „dass wir hier auch sicher produzieren können“, sagte Baerbock.

Bundesaufnahmeprogramm mit Fokus Afghanistan

Zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan planen Ampel-Koalition und Union einen Untersuchungsausschuss. Die furchtbaren Bilder hätten alle noch im Kopf, sagte Baerbock im Dlf. Der U-Ausschuss will die Phase rund um den Abzug der Bundeswehr in 2021 untersuchen. Während der Koalitionsbildung sei nicht so viel passiert, räumte die Außenministerin ein. Doch als neue Bundesregierung habe man ein Bundesaufnahmeprogramm geschaffen – mit Fokus Afghanistan. Man wolle Menschen, die nicht auf Listen zur Ausreise standen oder bisher nicht ausreisen konnten, herausbringen, insbesondere Frauen. Die Taliban blockierten jedoch viele der Schritte, so auch bereits getroffene Regelungen mit Pakistan, sagte Baerbock im Dlf.

Prüfen, warum Ringtausch nicht funktioniert

Die Bundesaußenministerin sprach sich dafür aus, die Ukraine weiter intensiv mit Waffen zu unterstützen. Es zeige sich, dass Russland der Ukraine im Materialbereich überlegen sei. Deshalb müsse die Bundesregierung überprüfen, warum der geplante Ringtausch mit osteuropäischen Partnern „nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben“, sagte Baerbock. „Deswegen reflektieren wir, wo es hapert, wo es hakt“, versicherte die Außenministerin.
Zuletzt betonte Baerbock, das Wichtigste sei die Einigkeit Europas, man habe noch nie so eng zusammengestanden wie „in diesen Zeiten der Krise“, daran müsse man unbedingt festhalten. Das Friedensprojekt Europa sei jetzt unser Auftrag.

Das Interview der Woche in voller Länge:
Stephan Detjen:  Ich will mit einem Thema beginnen, dass auf Ihrer Reise, zumindest im offiziellen Programm, soweit ich das gesehen habe, gar keine Rolle gespielt hat, aber vor einem Jahr alle Themen dominiert hat, wenn man über Sicherheit gesprochen hat: Afghanistan. Es ist ziemlich genau ein Jahr her, dass die Taliban auf Kabul vorangegangen sind. Dann kam der chaotische Abzug der westlichen Truppen, viele ehemalige Helfer des Westens wurden in Afghanistan zurückgelassen, zehntausende MenschenrechtsaktivistInnen, viele sollten nachgeholt werden. Und manche, die uns jetzt zuhören, denken wahrscheinlich: ‚Mensch, ist das wirklich gerade erst ein Jahr her? Kommt mir viel länger vor.‘ Ist das Gedächtnis, auch wenn es um Sicherheitspolitik geht und gerade, wenn es um Sicherheit in entfernten Regionen geht, so kurz? Ist das Thema Afghanistan auch auf der politischen Agenda schon weit nach hinten gerutscht?
Annalena Baerbock:  Nein, ganz und gar nicht. Weil, die Situation, die Sie gerade beschrieben haben, diese furchtbaren Bilder, ich glaube, die haben wir alle zumindest noch im Hinterkopf, wie Menschen sich an Flugzeuge gehangen haben, Babys über Zäune gereicht worden sind, um aus Kabul herauszufliegen. Und deswegen war ja vor der Sommerpause eine der letzten Entscheidungen des Deutschen Bundestages – fraktionsübergreifen –, dass wir beschlossen haben, dass wir einen Untersuchungsausschuss zu Afghanistan einsetzen, wo reflektiert wird, wo analysiert wird, was ist damals nicht gut gelaufen, was ist sogar katastrophal gelaufen, und das arbeiten wir jetzt gemeinsam als ...

Untersuchungsausschuss zu Afghanistan

Detjen:  Das ist die politische Dimension. Das andere ist dann diese individuelle Dimension, wo es um die Menschen geht, die als Ortskräfte geholfen haben, die sich als Menschenrechtsaktivistinnen engagiert haben für die Demokratie, wo die zurückgelassen wurden. Und Organisationen, wie die „Luftbrücke Kabul“, mit denen auch Ihr Ministerium zusammenarbeitet, die sagen, ‚es ist beschämend, wie viele bedrohte Menschen immer noch in Afghanistan festsitzen und darauf warten, in die sicheren Länder des Westens ausreisen zu können‘. Können Sie, wenn Sie Afghanen, wenn Sie Ortskräfte, die es hierher geschafft haben, wenn Sie die treffen, können Sie denen guten Gewissens sagen: Wir haben unser Versprechen gehalten, wir haben wirklich alles getan, was möglich ist, um die Menschen, denen wir Zusagen gemacht haben, rauszuholen?
Baerbock:  Man muss hier einmal unterscheiden zwischen der Phase im Sommer letzten Jahres, weil da sehr viel nicht gut gelaufen ist oder schlecht gelaufen ist, was wir im Untersuchungsausschuss aufarbeiten, und dann in der Phase danach, wo nach wie vor Menschen in Afghanistan zurückgelassen worden sind, weil sie eben nicht auf den Listen standen – ob die richtigen Leute auf den Listen standen, das evaluieren wir jetzt ja gerade oder analysieren wir kritisch –, aber Menschen auch, die auf den Listen drauf waren, eben nicht rausgekommen sind. Und als neue Bundesregierung, wir hatten dann den Herbst mit der Koalitionsbildung, deswegen in den Monaten ist nicht so viel passiert. Aber als neue Bundesregierung haben wir dann im Koalitionsbeschluss ja festgelegt, dass wir das komplett überprüfen, was falsch gelaufen ist und vor allem, dass wir ein Bundesaufnahmeprogramm schaffen, mit dem besonderen Fokus Afghanistan. Für Menschen, die damals keine Zusagen bekommen haben, wie zum Beispiel – Sie haben es angesprochen – gerade Menschenrechtsverteidigerinnen, Frauen, die unter den Taliban jetzt massivst leiden, aber auch Journalistinnen, Richterinnen, Anwälte oder Ortskräfte, die damals keine Zusagen hatten, dass wir die herausbringen konnten. Ich hatte deswegen vor Weihnachten auch einen Aktionsplan Afghanistan vorgelegt und zugleich haben wir auch mit Organisationen wie „Kabul Luftbrücke“, mit andern NGOs versucht, über Qatar, über Pakistan, Menschen rauszubekommen. Und das hat dazu geführt, dass wir in den letzten sechs Monaten wirklich nochmal deutlich die Zahlen steigern konnten. Wir gehen ja vielleicht nochmal vertieft darauf ein. Ich möchte eines sagen: Es liegt halt nicht alles in unserer Hand, das ist die Schwierigkeit. Die Taliban, die da jetzt an der Macht sind, die blockieren viele der Schritte. Wir hatten mit Pakistan eigentlich vereinbart, dass es eine Regelung gibt, wenn wir Zusagen geben, dass die Menschen nach Deutschland kommen können, dass die dann auch in Pakistan einreisen können, selbst wenn sie keine afghanischen Pässe haben. Das verhindert jetzt plötzlich die Talibanregierung, obwohl sie es vor ein paar Monaten noch zugelassen haben. Aber diese neuen Wege, sage ich mal, zu gehen, auch mit Zivilgesellschaft, das ist wichtig und zugleich kann ich verstehen, dass man auch aus der Zivilgesellschaft sagt: ‚Mensch, aber Ihr müsst noch besser werden‘ – und das versuchen wir jeden Tag.

Neue "nationale Sicherheitstrategie" auf der Höhe der Zeit

Detjen:  Dann sprechen wir jetzt über die bereits erwähnt Deutschlandreise der Bundesaußenministerin. Wenn man sich das anschaut, ist das eine Agenda, in der es um sehr viele Themen geht, die zunächst nicht ins Ressort Außen fallen. Sie waren bei der Freiwilligen Feuerwehr, Sie waren bei den Flutopfern im Ahrtal, Sie waren bei der Bundeswehr, haben sich das angeschaut. Man kann den Eindruck bekommen, mit dem Mandat für die Bundesregierung, diese nationale Sicherheitsstrategie zu entwerfen, ist die Bundesaußenministerin zu einer Superministerin mit umfassender Zuständigkeit auch im Inneren geworden.
Baerbock:  Nein, das ist nicht so. Aber wir übernehmen die Koordinierung. Und der Auftakt dieser Reise soll deutlich machen, dass Sicherheit eben keine Frage allein für unsere äußere Sicherheit ist, sondern dass innere Sicherheit und äußere Sicherheit ganz eng miteinander in einer globalisierten Welt verwoben sind.
Detjen:  Aber darf ich da nochmal kurz einhaken. Wir kommen gleich auf den Sicherheitsbegriff. Aber was diesen Auftrag angeht, ist das ja nicht selbstverständlich. Die Bundesregierung hatte schon mal eine nationale Sicherheitsstrategie, 2016, da war eine frühere Bundesregierung, das war damals vom Bundesverteidigungsministerium – Ursula von der Leyen, war das damals – federführend entworfen. Wollte Frau Lambrecht nicht? Konnte Sie nicht?
Baerbock:  Nein, weil wir einen anderen Ansatz gewählt haben. Wir sind ja eine neue Bundesregierung und wir machen manche Dinge auch wirklich neu. Weil wir gesagt haben, Sicherheitspolitik nicht aus den Lehren der Vergangenheit, sondern auf der Höhe der Herausforderungen, und zwar des 21ten Jahrhunderts. Und das bedeutet, dass die Nationale Sicherheitsstrategie, und die schreiben wir zum ersten Mal, das was Sie angesprochen hatten, das war das sogenannte Weißbuch, wo ganz klar gesagt wurde, für Sicherheit ist Verteidigung, ist Außen und ist die Entwicklungshilfe zuständig, aber im Koalitionsvertrag hatten wir bereits angelegt, dass menschliche Sicherheit viel, viel mehr bedeutet. Sicherheit vor Naturkatastrophen, Sicherheit auch vor Cyberangriffen, damit wird unsere Demokratie gefährdet. Und dieser neue Ansatz, nämlich ressortübergreifend, also Ministerien übergreifend Sicherheit zu definieren, ja, das macht diese Bundesregierung neu und zum ersten Mal, und das bedeutet halt auch, dass wir alle Ministerien einbeziehen müssen. Und das koordiniert das Auswärtige Amt für alle stellvertretend. Und deswegen bin ich auf dieser Reise im Auftrag der gesamten Bundesregierung halt unterwegs, um deutlich zu machen, mit den unterschiedlichen Standorten, die Sie angesprochen haben, auch eine Freiwillige Feuerwehr trägt zu Sicherheit bei, weil in Katastrophenfällen zum Beispiel zuerst die Feuerwehr da ist, wenn man vielleicht das Ausmaß eines Brandes oder das Ausmaß eines Chemieunfalls noch gar nicht gänzlich im Blick hat.

"Ukraine bei ihrem Recht auf Selbstverteidigung unterstützen"

Detjen:  Frau Ministerin, in Ihrem letzten Deutschlandfunk Interview – das war Ende Mai –, haben Sie damals die umstrittene Formel übernommen, die Ukraine müsse den Krieg gewinnen. Das ist eine Festlegung, die Bundeskanzler Scholz damals vermieden hat und auch heute nach wie vor vermeidet. Wie sehen Sie das heute? Halten Sie am Ziel eines ukrainischen Sieges fest?
Baerbock:  Die Ukraine ist ein souveränes Land und jeder Mensch in der Ukraine hat – so wie wir – das Recht darauf, in Frieden und in Freiheit und ich Sicherheit zu leben. Und ich habe damals formuliert, wenn die Ukraine nicht verlieren darf – denn dann leben sie in Unfreiheit, dann leben sie nicht in Frieden und auch nicht in Sicherheit –, dann bedeutet das, wir müssen alles tun, dass sie gewinnen kann. Und der Kanzler hat das anders formuliert. Aber das kommt hier ja nicht auf die Worte an, auch andere Dinge beschreiben unterschiedliche Menschen in unterschiedlichen Worten, aber in der Sache sind sie vereint. Und so sind der Kanzler und ich, sowie die gesamte Bundesregierung, vollkommen klar darin, dass wir die Ukraine bei ihrem Recht auf Selbstverteidigung mit allem was wir haben unterstützen in der Verantwortung, die wir selber für die Menschen in unserem Land haben. Und natürlich ist es derzeit so, dass man denkt, so irgendwie ist das Ganze festgefahren. Und auch das sind viele Fragen, die ich immer wieder höre: Können Sie denn nicht mehr tun, können Sie sich nicht an den Tisch setzen und einfach mal über Frieden verhandeln.
Detjen:  Entschuldigung. Aber ist das Ihr Eindruck: Die Sache ist festgefahren, Stellungskrieg, da bewegt sich jetzt nichts mehr? Der britische Geheimdienstchef, Richard Moore, hat in der zurückliegenden Woche gesagt, der russischen Offensive gehe die Puste aus – „Russia is about run out of steam“, hat Richard Moore gesagt. Wäre das nicht eigentlich der Zeitpunkt zu sagen, da ist noch ganz schön viel Potenzial für Dynamik und jetzt muss man die Ukraine richtig stark und noch stärker auch mit Offensivwaffen unterstützten?
Baerbock:  Auf der einen Art kann man sagen, ja, da geht Russland die Puste aus – was der britische Kollege gesagt hat –, es wird immer schwerer, auf der anderen Seite sehen wir aber schon auch beim Material, dass die Russen der Ukraine überlegen sind im Materialbereich, weswegen wir sie ja seit Monaten unterstützen, dass sie sich verteidigen können. Fakt ist ...

Prüfen, woran es beim Ringtausch hakt

Detjen:  Entschuldigung. Aber die Ukrainer und auch osteuropäische Partner, Polen, würden sagen, das liegt eben auch an der mangelnden Unterstützung aus Deutschland. Der polnische Vize-Außenminister hat gerade gesagt, mit Blick auf die geplanten Ringtauschaktion, die Bundesregierung spiele da nicht fair. Das sei ein Täuschungsmanöver, hat der polnische Vize-Außenminister gesagt.
Baerbock:   Genau, auf den Punkt wollte ich auch hinaus. Ich wollte nur sagen, weil die Briten gesagt haben, eigentlich geht den Russen die Puste aus, auf der anderen Seite stellen wir aber fest, dass die Ukraine dringend Material braucht – das würde ja dem widersprechen. Aber die Ukraine braucht weitere intensive militärische Unterstützung. Und ich habe deswegen in der letzten Woche ja auch nochmal gesagt, wir müssen genauestens überprüfen, warum das mit dem Ringtausch – das hatten wir ja – auch ich – stark mit auf den Weg gebracht, gemeinsam mit der Verteidigungsministerin und dem Bundeskanzler, weil wir gesagt haben, vor allen Dingen mit sowjetischen Systemen können die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten am schnellsten umgehen und wir machen das sogenannte Backfilling, also wir füllen die Bestände in anderen Ländern auf. Offensichtlich hat das in den letzten Wochen nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Deswegen reflektieren wir, wo es hapert, wo es hakt. Ich muss mit Blick auf die polnische Äußerung an der Stelle aber auch sagen – das hatten wir auch letztens besprochen, als mein polnischer Kollege in Berlin war –, es gehören zum Ringtausch beide Seiten mit dazu. Natürlich können wir sagen, die Polen hatten sich das anders vorgestellt, nichtsdestotrotz könnten sie die Panzer, die sie haben, sofort in die Ukraine auch liefern. Aber es geht jetzt nicht darum, mit dem Finger auf den Anderen zu zeigen – genau das will nämlich Putin, er will, dass wir uns streiten, dass wir gespalten sind als Europäer. Und wir haben in den letzten Monaten gezeigt, die größte Stärke ist unsere Einigkeit, unser gemeinsames Agieren in der EU und deswegen gehörte für uns auch dazu zu überprüfen, warum wir beim Ringtausch nicht da sind, wo wir gehofft hatten eigentlich zu sein, um die Ukraine zu unterstützen.
Detjen:  Was passiert da jetzt konkret? Denn das sind ja Vorgänge, die spielen sich auch innerhalb der Regierung ab, da gibt es auch innerhalb der Bundesregierung Streit, Kritik.
Baerbock:  Genau. Und deswegen diskutiere ich das jetzt auch nicht im Radio. Aber die Reflektion – das hat die Verteidigungsministerin ja auch gesagt –, die nehmen wir entsprechend vor. Und in der Zwischenzeit sind wir auch in anderen Bereichen so weit – ohne, dass ich jetzt sage, es ist alles in Butter, dann wäre die Situation nicht so, dass wir sagen, wir müssen immer mal wieder überprüfen, ob wir genug leisten –, haben wir mit Blick auf Unterstützung in der Luftabwehr nochmal weiter Panzerhaubitzen bereitgestellt, weil aus den Gesprächen mit meinem Außenministerkollegen in der Ukraine deutlich geworden ist, wir brauchen vor allen Dingen Luftunterstützung. Wir haben ein ganz neues System, IRIS-T heißt das – das ist jetzt was für Fachleute –, was eigentlich von der deutschen Rüstungsindustrie an ein anderes Land hätte verkauft werden sollen. Da haben wir erreichen können, dass es dieses Land jetzt erstmal nicht bekommt, sondern dass in die Ukraine Ende des Sommers, Anfang des Herbstes geliefert wird. Und ich kann verstehen, dass viele sagen: Ja, aber das ist im Sommer oder im Herbst. Aber gerade, weil wir eben die Unterstützung auf die nächsten Monate sicherstellen müssen, ist es so wichtig, dass wir nicht nur akut über heute reden, sondern auch, wie können wir die Ukraine in den nächsten Monaten weiter unterstützen mit modernsten Materialien. Ich meine, das hätte ich mir auch nie träumen lassen, dass ich sage, mit modernsten Kriegsmaterialien gucken wir, wie wir die jetzt in andere Länder bekommen. Aber das ist bittere Realität heute, dass wir diese Unterstützung leisten müssen und auch mehr leisten, als wir das am Anfang in dieser Situation eigentlich erwartet hatten.

Getreideabkommen - "ein Funken Hoffnung"

Detjen:  Sie haben das eben gesagt, Frau Baerbock, dass Sie auch auf so einer Reise jetzt, bei Gesprächen mit Bürgern, immer wieder gefragt werden: Gibt es dann irgendwann doch mal eine Chance, in Verhandlungen zusammen zu kommen? Jetzt hat es ja gerade ein Verhandlungsergebnis gegeben, nämlich über die Getreideausfuhr aus der Ukraine, unter Vermittlung der Türkei und den Vereinten Nationen. Könnte das ein Türspalt sein, der sich dann noch weiter öffnet für Gespräche, die dann wohin führen könnten?
Baerbock:  Das hoffe ich. Das ist jetzt mal ein Funken Hoffnung in Monaten von eigentlich nur Dunkelheit – wenn ich das mal so deutlich sagen kann. Weil mit Ausbruch dieses Krieges haben wir auf ganz unterschiedlichen Kanälen immer wieder versucht – der Bundeskanzler mit den Telefonaten mit Putin, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Chefverhandler für die Welt, für Frieden, ist extra nach Moskau gereist, das Internationale Komitee des Roten Kreuzes immer wieder auch in Moskau gewesen und alle waren immer wieder damit konfrontiert, dass der russische Präsident, wie jetzt zum Beispiel beim Internationalen Komitee des Roten Kreuzes noch nicht mal bereit war, Familien, Alte, Junge aus belagerten Städten, wie Mariupol oder woanders, mit richtig großen humanitären Korridoren herauszulassen. Und jetzt endlich, nach auch Monaten der Verhandlung – mit Blick auf dieses Getreide, was Sie jetzt gerade angesprochen haben, im Hafen von Odessa – ist ein Hoffnungsschimmer da. Aber auch hier: Eigentlich war die Idee, dass wir das absichern über eine Sicherheitsratsresolution – Russland ist ja Teil des Sicherheitsrates –, dazu war Russland nicht bereit. Deswegen, ich hoffe so sehr, dass das funktioniert.

NATO-Partner - "nicht in Konkurrenz zueinander"

Detjen:  Aber das Interessante ist ja, dass dieser Verhandlungserfolg jetzt, nicht auf Initiative des Westens zustande kommt, sondern unter Mitwirkung auf Initiative der Türkei. Und die Türkei – Erdoğan – verfolgen natürlich gerade eine ganz eigene Agenda. Erdoğan hat sich letzte Woche mit dem iranischen Staatspräsidenten Raisi und mit Putin getroffen, und da geht es evidentermaßen um die Aufteilung der Machtsphären in Syrien. Erdoğan will im Norden Syriens einmarschieren, will die verbliebenen Bevölkerungsteile, die kurdischen Bevölkerungsteile dort vertreiben. Was tun Sie, wenn er das macht?
Baerbock:  Darf ich den zweiten Teil der Frage einmal zurückstellen, um auf den ersten Teil nochmal einzugehen, weil das mir sehr wichtig ist.
Detjen:  Also, die Frage wäre ...
Baerbock:  Nein, weil Sie gesagt haben, „der Westen ...“. Zum einen sehe ich hier nicht den Westen gegenüber Russland oder anderen Akteuren, sondern 141 ...
Detjen:  Nein, weil Sie darauf verwiesen hatten, wie oft der Bundeskanzler mit Putin gesprochen hat, ...
Baerbock:  Genau, aber auch Indien und die Türkei und andere haben auch alle gesprochen. 141 Staaten der Welt haben gemeinsam vor den Vereinten Nationen gesagt: Dieser brutale Angriffskrieg von Russland, den akzeptieren wir nicht, das ist ein Regelbruch. Deswegen haben wir uns innerhalb dieser 141 Staaten und dann nochmals G7, also die stärksten Industriestaaten, wo ja zum Beispiel auch Japan mit dabei ist, dann immer wieder gefragt, wie können wir erstens diese Allianz von Staaten, die für die internationale Ordnung, für die Werte einsteht, zusammenhalten, gerade auch bei dieser Getreidefrage. Weil das so viele Länder von den 141 selber getroffen hat, die gesagt haben, wir haben nichts mehr zu Essen. Und da haben wir unterschiedliche Wege gewählt. Natürlich auch in Absprache mit den Vereinten Nationen.
Ich habe mit Herrn Guterrez darüber gesprochen. Die Vereinten Nationen können sehr, sehr gut das koordinieren, mit Blick auf Odessa und den Hafen. Die Türkei hat angeboten, dass sie hier eine aktive Rolle spielen, weil sie ja am Schwarzen Meer direkt auch beteiligt sind, sie hatten ursprünglich vorgeschlagen, ihre Kriegsschiffe mit einzusetzen. Da sind wir alle der Meinung gewesen, das sollten wir nicht mit weiteren Kriegsschiffen tun. Wir, als Europäische Union, gerade auch mit starker Unterstützung von Deutschland, haben gesagt, dann kümmern wir uns um die Landrouten, über die Eisenbahn. Ich war gerade in Rumänien, im Hafen von Constanţa, wo DB Cargo – auch Volker Wissing als Verkehrsminister – mit dafür gesorgt hat, dass wir vor allen Dingen Getreide über die Schiene herausbekommen, solange das mit Odessa nicht funktioniert. Hier sehen wir, dass diese Parallelität – wir teilen uns auf, wir sind nicht in Konkurrenz zueinander –, auch mit Partnern – ich komme jetzt zur Türkei –, wie der Türkei, dass das ein Weg ist, wo wir zumindest in der Brutalität ein bisschen nicht nur an Hoffnung, sondern an humanitärer Hilfe, an Unterstützung von denjenigen, die am härtesten betroffen sind, leiste können.

Warnung an die Türkei: "Völkerrechtsbrüche haben immer Konsequenzen"

Detjen:  Und jetzt spitze ich die nochmal die Frage zu, vor dem Hintergrund dessen, was Sie gerade gesagt haben: In einer Situation wo – ich sage es jetzt nochmal – der Westen die Türkei braucht, wo die Türkei eine wichtige Rolle mit Blick auf die Ukraine spielt, ist Erdoğan da in einer Situation, wo er sich es erlauben kann, im Norden Syriens einzumarschieren, die Kurden zu vertreiben und der Westen wird nichts tun, weil er Erdoğan braucht an den anderen Fronten?
Baerbock:  Also, klares Nein. Nein, er ist nicht in einer Situation, wo gesagt wird, andere Staaten schauen zu. Und nochmal, es ist nicht der Westen, es sind ganz, ganz viele Staaten der Welt. Und das ist mir auch so wichtig, wenn ich von wertegeleiteter Außenpolitik spreche. Da geht es nicht darum, dass ich sage, ich bin ein westliches Land und ich erkläre jetzt mal anderen, was sie zu tun oder zu lassen haben. Mit dieser Haltung kommt man, aus meiner Sicht, schon in Familien oder in der Innenpolitik nicht weiter und erst recht nicht in der Außenpolitik, sondern für mich ist wichtig zu begründen, auf welcher Grundlage wir Politik machen. Logischerweise auf dem Grundgesetz, auf der Charta der Vereinten Nationen, auf unseren Werten.
Detjen:  Und denen würde es fundamental widersprechen, wenn Erdoğan im Norden Syriens einmarschiert, wenn er da faktisch eine ethnische Vertreibung vornimmt.
Baerbock:  Genau. Und deswegen habe ich das auch so klar gegenüber unseren türkischen Partnern gesagt. Ich habe gesagt, wir sind gerade gemeinsam die Staaten – Ihr als Türkei, mit Blick auf die Getreidelieferungen –, die deutlich machen, den Wertebruch Russlands unterstützen wir nicht – die Türkei unterstützt ja auch die Ukraine militärisch. Dann kann ich doch nicht sagen: Aber wenn ihr internationales Recht brecht, dann machen wir davor die Augen zu. Und das bedeutet ...
Detjen:  Aber Erdoğan weiß, dass der Westen auf eine Invasion im Norden Syriens, auf eine ethnische Säuberung, die da stattfinden würde faktisch, nicht so reagieren kann, im Fall der Türkei, mit Sanktionen etwa, wie er das gegenüber Russland tut.
Baerbock:  Ja, aber wir haben klar und deutlich gemacht – und ich reise demnächst ja auch in die Türkei –, dass ein Völkerrechtsbruch ein Völkerrechtsbruch ist und man nicht sagen kann, aber den einen brauchen wir jetzt mehr als wir den anderen brauchen.
Detjen:   Mit Konsequenzen gegenüber dem NATO-Partner Türkei, den man so dringend braucht?
Baerbock:  Völkerrechtsbrüche haben immer Konsequenzen.
Detjen:  Welche?
Baerbock:  Und zugleich fragen mich auch Leute: Warum habt Ihr dann aber mit der Türkei, warum habt ihr mit denen über NATO-Beitritt von Schweden und Finnland gesprochen? Da ist meine Antwort: Weil die Welt leider nicht so ist, dass ich mir aussuchen kann, mit wem ich derzeit alleine rede, sondern die Türkei ist ein NATO-Partner. Der NATO-Partner muss zustimmen, wenn Finnland und Schweden bei der NATO Mitglied werden. Die haben gesagt, für unsere Sicherheit möchten wir die Sicherheit des Verteidigungsbündnisses haben und deswegen haben wir natürlich auch mit der Türkei genau darüber gesprochen, haben aber auch dort deutlich gemacht, es gibt Grenzen und es gibt Linien. Das, was jetzt kursiert, dass die Schweden angeblich dafür zugesagt hätten, Menschen müssten ausgeliefert werden, die gar keine Straftaten begangen haben, da hat die schwedische Ministerpräsidentin nochmal deutlich gesagt, das ist Quatsch. Nichtsdestotrotz und ja, auch in so einer Situation, wo man mit Blick auf die türkische Regierung nicht alles teilt, ist es so, dass wir gemeinsam in der NATO Beschlüsse treffen, damit wir unsere eigene Verteidigungsfähigkeit gegenüber Russland aufrecht erhalten können.
Detjen:  Also, dass wir mal sehen müssen, unter Umständen, was passiert, falls Erdoğan, wie viele sagen, da tatsächlich, auch im Zeichen des Wahlkampfes in der Türkei Tatsachen schafft im Norden Syriens?
Baerbock:  Ja, und das ist ja nicht nur im Norden Syriens, das möchte ich an der Stelle auch sagen, auch mit Blick auf den Nordirak, auch mit Blick auf die Jesidinnen und Jesiden, das Agieren, was da stattfindet, jedes Land hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Aber völkerrechtlich ist das stark eingegrenzt, dass es heißt, es darf keine Präventivschläge geben. Und das immer wieder deutlich zu machen, wo ein Bruch des Völkerrechtes stattfindet, wo Menschenrechtsverletzungen stattfinden, ja, das ist Aufgabe von verantwortungsvoller Außenpolitik.

Sorge vor möglicher Invasion Chinas in Taiwan

Detjen:   Die Zeit geht zu Ende, Frau Ministerin. Aber ein Thema will ich noch ansprechen. Wenn wir über Völkerrecht, über Autokraten sprechen, die offenbar sich in einer Zeit wähnen, in der sie ihre Machtsphären ausweiten können, dann müssen wir auch nach China schauen. Die CIA hat in diesen Tagen gesagt, sie geht fest davon aus – der amerikanische Geheimdienst –, dass China, dass Xi Jinping in China, Taiwan erobern wird. Die CIA sagt, das ist nicht eine Frage, ob er das tut oder ob er das nicht tut, sondern das ist nur noch eine Frage, wann er das tun wird. Auch das wäre wahrscheinlich eklatanter Bruch des Völkerrechts, auch wenn Deutschland Taiwan nicht als souveränen Staat anerkennt. Was würde passieren? Wie groß ist Ihre Sorge, dass da ein nächster globaler Konfliktherd entsteht?
Baerbock:  Ich möchte jetzt nicht sagen ... oder doch, ich sage, meine Sorge ist groß und zugleich ist es in meiner Verantwortung, in unser aller Verantwortung, dass wir nicht nur über Sorgen reden, dass wir am Ende vielleicht noch ein bisschen über Hoffnung in diesen Zeiten reden können. Aber ja, mit Blick auf China müssen wir einfach feststellen, dass das, was wir bei Russland über Jahre verkannt haben – beziehungsweise „wir“ ist hier relativ gesehen, es gab ja schon einige, die auch vor Jahren gesagt haben, wir müssen das ernst nehmen, was Putin sagt und dürfen uns nicht in massive Abhängigkeiten begeben, weswegen ich ja auch immer Nord Stream 2 für fatal gehalten habe –, da kann man sagen, man hat es nicht kommen sehen, aber wir müssen jetzt aus den Fehlern lernen und wir dürfen nicht nochmal den gleichen Fehler machen. Und mit Blick auf China ist es so, dass China so ist, es ist ein anderes China als es das vor 15 Jahren gewesen ist. Schon damals war es so, dass Menschenrechte nicht respektiert worden sind in allen Landesteilen, aber wir erleben jetzt, dass eben auch die Vorstellung von ‚wir erweitern unser Staatsgebiet auf Kosten anderer Länder, auf Kosten anderer Regime, wir akzeptieren eben nicht mehr die Politik „Ein Land, zwei Systeme“‘, was ja auch mit Blick auf Taiwan immer sichergestellt hat, dass eine Demokratie dort existieren kann. Und ja, die Verlautbarungen, die nicht nur die Amerikaner kennen, sondern auch wir, die müssen wir ernst nehmen. Und deswegen haben wir zum Beispiel in der NATO-Strategie auch gemeinsam formuliert: Die größte Bedrohung für unsere direkte Sicherheit heute ist Russland, aber China könnte zu unserer größten Bedrohung werden, weil sie eben nicht nur militärische Ambitionen haben, sondern wirtschaftlich eine ganz andere Rolle weltweit spielen. Und deswegen ist es mir auch so wichtig. Und jetzt vielleicht nochmal zur Nationalen Sicherheitsstrategie. Da habe ich auch Orte besucht, zum Beispiel ein Medikamentenhersteller, um darüber zu sprechen, welche Abhängigkeiten haben wir eigentlich im Bereich Medikamente von China, Antibiotikaherstellung, Wirkstoffe, wo zum Teil wir komplett auf den asiatischen Raum oder gar China angewiesen sind. Und das jetzt gemeinsam mit unseren Partnern weltweit, mit Demokratien, mit Ländern, wo wir sagen, wir können uns darauf verlassen, dass wir hier auch sicher produzieren können, das ist auch Teil dieser Sicherheitsstrategie, unsere wirtschaftlichen Abhängigkeiten zu reduzieren, nicht komplett zu beenden – in einer globalisierten Welt kann man das nicht und die Welt lebt auch vom Austausch, vom grenzenlosen Austausch. Aber wir dürfen nicht naiv sein und sagen, es wird schon irgendwie gut gehen. Weil das sehen wir gerade heute, das bedeutet dann auch – zum Beispiel mit Blick auf Gas –, was das für Herausforderungen in militärischen Situationen bedeuten könnte.
Detjen:  Und wenn wir jetzt noch viel Zeit hätten, dann könnten wir jetzt noch lange über Gas, über Energie und auch über Klima sprechen, aber die Zeit dieses Interviews ist zu Ende. Andere Themen bei nächsten Mal. Frau Baerbock, für heute herzlichen Dank.
Baerbock:  Danke ebenso. Und eine positive Message: Ich glaube, Europa hat noch nie so eng zusammengestanden wie in diesen Zeiten der Krise. Und das weiter zu bauen, „Friedensprojekt Europa“, das ist jetzt unser Auftrag.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.