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Antiobiotikaresistente Keime in Hähnchenfleisch entdeckt

Noch immer werden Antibiotika in der Tiermast als Leistungsförderer eingesetzt. Und das, obwohl der Einsatz hohe Risiken und Nebenwirkungen hat. Nun haben Umweltschützer in Hähnchenfleisch von Discountern und Supermärkten antibiotikarestistente Keime gefunden.

Von Philip Banse |
    Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland hat in 20 Supermärkten 20 Packungen Hühnerfleisch von vier Herstellern gekauft und auf Antibiotika resistente Keime untersuchen lassen. In der gut der Hälfte der Proben wurde das beauftragte Labor fündig: Bei zehn Proben aus Hamburg, Köln, Nürnberg, Berlin und dem Raum Stuttgart wurden sogenannte ESBL-Keime gefunden. Bei zwei weiteren Proben wurden sogenannte MRSA-Keime gefunden.

    Das Bundesinstitut für Risikobewertung hatte 2009 in 629 Proben Hühnerfleisch bei 24 Prozent diese MRSA-Keime gefunden. Diese Keime können beim Menschen Wundinfektionen hervorrufen. Bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem können diese Keime nach Angaben des BUND auch Blutvergiftungen und Lungenentzündung verursachen. Diese Keime sind gegen Antibiotika resistent und können daher sehr schwer bekämpft werden, Infektionen können schwerer verlaufen. Reinhild Benning vom BUND:

    "Die Ursachen, dass in industriellen Tierhaltungsanlagen Resistenzen herangezüchtet werden. Denn durch den massiven Einsatz der Antibiotika in den Ställen überleben ja dort so gut wie nur resistente Keime. Diese resistenten Keime gelangen über die Lebensmittel auch in unsere Haushalte. Das darf nicht sein. Wenn ich an der Ursache ansetze, dann muss ich die Antibiotika aus der Tierhaltung raus halten, damit die Resistenzen gar nicht erst herangezüchtet werden."

    Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde sagt, dass in Europa pro Jahr 25.000 Menschen sterben, weil sie von Keimen infiziert wurden, die gegen Antibiotika resistent waren. Wie viele dieser Keime von Tieren stammen ist unklar. Auch gilt: Die tierischen ESBL- und MRSA-Keime auf Hühnerfleisch sind genetisch andere als die menschlichen ESBL- und MRSA-Keime, die in Krankenhäusern Probleme machen, sagt ein Sprecher des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Das bedeute nicht, dass die tierischen Keime harmlos seien: "Man muss etwas tun, um die Resistenzen so klein wie möglich zu bekommen", sagte der BfR-Sprecher, resistente Keime würden sich jedoch nicht komplett vermeiden lassen.

    Der BUND kritisiert, dass etwa gar nicht klar sei, wie viele Antibiotika in der Tierproduktion überhaupt verwendet werden. Daten aus Nordrhein-Westfalen legten den Schluss nah, dass Antibiotika in der Tierhaltung flächendeckend eingesetzt werden.

    Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, CSU, lässt eine Novelle des Arzneimittelgesetzes von den Ministerien abstimmen und will ihn in einigen Monaten ins Kabinett einbringen. Mit diesen Gesetzänderungen sollen die Überwachungsbehörden der Bundesländer besser erforschen können, wie viele Antibiotika verschrieben werden. Tierärzte sollten verpflichtet werden, auf Ersuchen der Überwachungsbehörden der Bundesländer alle Daten zur Abgabe und Anwendung von Antibiotika zusammengefasst zu übermitteln. Reinhild Benning vom BUND reicht das nicht aus:

    "Das freut uns natürlich sehr. Aber wie weit diese Ankündigungen unseren Forderungen entsprechen, wissen wir noch nicht. Denn zu den wichtigen Details, die wir hier aufgestellt haben, hat sie sich noch nicht geäußert."

    Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger formulierte eine ganze Reihe von Forderungen:

    "Konkret fordern wir das Verbraucherschutzministerium auf, einen Plan vorzulegen mit klaren Zielen, bis zum Jahr 2015 eine Halbierung des Antibiotika-Einsatzes im Bereich der Tierhaltung."

    Es müssten auch klar Vorgaben für die Tierhaltung gemacht werden. Denn Antibiotika würden dort eingesetzt, wo viele Tiere auf engstem Raum lebten. Mehr Platz wie in der Öko-Landwirtschaft bedeutete weniger Antibiotika.

    "Wir fordern drittens als Sofortmaßnahme das Verbot wichtiger Human-Antibiotika in Bereich der Tierhaltung."

    Der BUND kritisiert auch die Tierärzte, weil zumindest einige von ihnen offenbar ohne Untersuchung der Tiere Antibiotika verschrieben. Die Tierärztekammer habe gute Leitlinien, die seien aber freiwillig und müssten verpflichtend werden, so die Forderung. Tierärzte müssten gezielte Tests machen, welche Keime denn nun bekämpft werden sollen, damit es nicht zu breitbandiger Massenmedikation komme. Auch dürften Tierärzte nicht mehr gleichzeitig Antibiotika verschreiben und dann auch noch am Verkauf er Antibiotika verdienen.

    Schließlich müsse auch der Handel seine Produkte testen und gegebenenfalls aus dem Sortiment nehmen. Der Handel müsse seine Zulieferer zudem zu reduziertem Antibiotika-Einsatz anhalten. Der Einzelhandelsverband hat auf eine Bitte um Stellungnahme nicht reagiert. Wer das Infektions-Risiko durch Keime auf Fleisch verringern will, dem rät das Bundesinstitut für Risikobewertung, das Fleisch zu braten oder zwei Minuten bei 70 Grad zu garen. Beim Zubereiten des rohen Fleischs sollten Verbraucher darauf achten, dass Schnittbretter, Messer und Fleisch nicht mir anderen Lebensmitteln in Berührung kommen.