Archiv


Die "O-Woche" für Erstsemester

Als Studierender im ersten Semester kann man schon in den ersten Wochen an die falschen Leute geraten, nämlich an diejenigen, die vorgeben, sie wüssten alles, in Wirklichkeit aber keinen blassen Schimmer haben. Doch um Blender so schnell wie möglich zu entlarven, gibt es hilfreiche Tipps.

Von Afanasia Zwick |
    Kaum hat man sich beim Fachschaftsfrühstück das erste Mal gesehen, durchforstet man gemeinsam das Vorlesungsverzeichnis, und eh man sich versieht, sitzt man im gleichen Seminar, natürlich nebeneinander. Und plötzlich flüstert einem der neue Freund ins Ohr: "Mitarbeiten in Seminaren musst Du nicht, es kommt nur auf die schriftlichen Noten an." Oder:

    "Es gibt auch ganz viele, die sagen, in Vorlesungen brauchst du nicht gehen, ist geschenkt, geh in das Tutorium. Und am Ende kommt eine Klausur, wo der Prof genau das abfragt, was in der letzten Vorlesung behandelt wurde."

    "Ja, das ist mir auch schon passiert. Gerade am Anfang ist man natürlich verunsichert und geht natürlich auf diese Ratschläge ein. Und merkt dann im Laufe der Zeit, dass das nicht gerade ertragreich war."

    Ein Trost: Die sogenannten "Blender" sind eigentlich ganz leicht zu entlarven. Eindeutiges Erkennungsmerkmal: Fachbegriffe und Fremdwörter bis einem die Ohren qualmen. Deshalb sollten Erstsemester:

    "Vielleicht wirklich schon vom ersten Moment in den Seminaren darauf achten, wer sich rege beteiligt, aber eben nicht so beteiligt, dass er sozusagen blenden will mit seinen Beiträgen und sich eigentlich arrogant über die anderen stellt, sondern auch konstruktive Beiträge leistet, die eigentlich mehr im Sinne sind, alle voranzubringen und die anderen an seinen Gedanken teilhaben lassen möchte."

    "Wenn es jemand nicht schafft, es für jemanden verständlich zu machen, der sich vielleicht nicht auf der gleichen Stufe bewegt, dann ist es mit Fachwissen nicht weit her."

    Doch Blender ist nicht gleich Blender, sie haben viele Gesichter. Außer denen, die vom Lernen abhalten wollen, und denen, die mit Wissen nur bluffen, gibt es auch noch die Egoisten:

    "Wenn jemand da ist, der nur sagt, kannst du mir mal geben, geben, geben und nichts zurückkommt, dann auch mal kritisch hinterfragen."

    Und es gibt die Alleskönner:

    "Darunter würde ich Leute packen, die meinen, es besser zu wissen, die einem vorgeben wollen, was man unbedingt zu tun hätte, ansonsten würde man das Studium nicht bestehen."

    Gemein sei allen Blendertypen, dass sie oft alleine sind und wenn sie Gesellschaft suchen, dann eher die von Professoren oder unerfahrenen Neulingen. Deshalb rät der Frankfurter Germanistikdozent David Assmann:

    "Viele verschiedene unterschiedliche Kommilitonen, Menschen kennenlernen und sich dort dann austauschen, weil in der Gruppe als Ersti ist man nicht allein mit seinen Problemen, sondern alle haben dieselben Probleme. Also sich nicht nur auf eine Person verlassen, sondern immer mal wieder auch andere Freunde, Kommilitonen fragen."

    Und unter denen findet man die Richtigen, wenn man stets bedenkt:

    "Man braucht Mitstudierende, die vielleicht einen Tick besser sind in der Materie als man selbst."

    "Die wichtige Frage ist immer: In welche Richtung treibt es mich, wenn mir jemand einen Tipp gibt oder wenn jemand etwas von mir möchte. Wo geht’s dann mit mir hin?"

    "Tipps sollten von denen kommen, die genau das Gleiche studieren wie du."

    Und hat sich dann erst einmal die Spreu vom Weizen getrennt, hält kaum noch ein Frischling die Hochschule für einen undurchdringbaren Dschungel, sagt die Studienberaterin Silke Hennen:

    "Nach einem Semester haben es die meisten durchschaut. Es ist nicht so kompliziert, wie es ausschaut und wie es vielleicht die Institution anmuten lässt."