Der Haka, der Kriegstanz der Maori, der Ureinwohner Neuseelands: Das große Highlight der Eröffnungsfeier der Fußball-Weltmeisterschaft. Die indigenen Völker stehen bei dieser WM im Mittelpunkt: Vor jedem Spiel dieser WM wird ein Willkommensgruß der Aborigines oder Maoris auf dem Spielfeld durchgeführt. Dazu hängen im Stadion neben der neuseeländischen oder australischen Flagge auch die indigenen Fahnen der Aborigines oder Maori.
"Ihre Flagge im Stadion aufzuhängen ist nur ein Weg, es gibt noch viele andere Möglichkeiten, diese First Nations auch mit einzubinden und zu unterstützen“, sagt Philipp Pickering-Parker. Vor 17 Jahren hat er Maori Football Aoteaora gegründet – eine Non-profit Organisation, die sich für Maori im Fußball in Neuseeland einsetzt und unter anderem eine Maori-Nationalmannschaft ins Leben gerufen hat.
Inklusionsmaßnahmen gehen laut Maori nicht weit genug
Für ihn gehen die Maßnahmen für kulturelle Inklusion bei dieser Weltmeisterschaft nicht weit genug: "Am Anfang, während des Bewerbungsprozesses für die WM, waren wir nicht miteingebunden. Obwohl es uns seit 17 Jahren gibt. Wenn wir also von Anfang an involviert gewesen wären, hätten wir ein viel größeres Verständnis dafür, was wirklich die Intention dahinter ist, die Ureinwohner bei dieser WM anzuerkennen. Aber in diese Konversationen ganz am Anfang waren wir gar nicht erst eingebunden."
Seit 2006 versucht Pickering-Parker, mit seiner eigenen Organisation ehrenamtlich mehr Maori in Neuseeland für seine Sportart zu begeistern: "Unser großes Ziel ist es, die Maori-Community zusammenzubringen und gemeinsam zu zelebrieren, was es heißt, Maori zu sein. Uns gegenseitig zu informieren, und unsere kulturelle Identität zu bereichern, die Bindung zu unseren Wurzeln zu stärken, um unsere eigene Geschichte besser zu verstehen. Weil das unser sicherer Hafen ist, den wir ansteuern können, falls wir uns verloren fühlen. Und dann geht es auch darum, zusammenzukommen und zusammen zu spielen als Maori, auf Maori-Art."
Eingliederung in Neuseelands Fußball-Verband wird abgelehnt
Eine Eingliederung in den neuseeländischen Fußball-Verband lehnt Philipp Pickering-Parker mit seiner Organisation deshalb ab. Maori Football sei ein ergänzendes Angebot für junge Maori, die Fußball für sich entdecken. Erst kurz vor Beginn der Weltmeisterschaft haben die Maori gemeinsam mit den Fußball-Organisationen der Aborigines in Australien und den Ureinwohnern Hawaiis mehrere eigene Testspielserien abgehalten – unabhängig von den offiziellen Verbandsstrukturen des organisierten Fußballs.
Pickering-Parker unterstreicht: "Ja, uns war sehr bewusst, dass eine WM stattfindet. Und ja, wir wollen die WM und das Event an sich auch unterstützen. Und alles, was diese WM mit sich bringt. Aber gleichzeitig müssen wir auch aufpassen, dass wir uns auch auf unsere Ziele fokussieren und bei uns bleiben, aber auch unsere internationalen Partner unterstützen. Unsere Ressourcen sind leider sehr limitiert, deshalb waren wir bisher kaum involviert bei dieser WM und konnten auch nicht so wirklich Werbung dafür machen. Weil wir einfach eingeschränkt sind was das angeht."
Verband will Inklusion mit Legacy-Programmen vorantreiben
Auch deshalb will der offizielle neuseeländische Fußballverband diese Weltmeisterschaft nutzen, um Maori Football zu unterstützen und Inklusion im Fußball voranzutreiben. Zum ersten Mal gibt es im Rahmen einer Frauen-Weltmeisterschaft mehrere Legacy-Programme der Gastgeber.
Hussain Hanif ist seit einem Jahr im neuseeländischen Verband dafür verantwortlich, diese Programme auch in die Tat umzusetzen. Er legt viel Wert auf die Zusammenarbeit mit Maori Football: „Eines der Risiken, die mit der Austragung dieser WM einherkommen, ist es, dieses bikulturelle Element auszunutzen, aber dann dahingehend aber kein Vermächtnis zu hinterlassen. Und ganz ehrlich: Als ich in Australien mit indigenen Communities gearbeitet habe, habe ich gemerkt, dass das viel zu oft passiert."
Er fährt fort: "Wir erkennen sie an, aber nutzen dann nicht das Geld, das dafür gesammelt wurde, um Programme in diesen Communities zu etablieren. Und dadurch, dass wir jetzt zusammenarbeiten, haben wir die Möglichkeit, diesen Grundstein schon in den Schulen zu legen."
Nur wenige im Verband identifizieren sich als Maori
Eines der Legacy-Programme, die von der neuseeländischen Regierung im Rahmen der Weltmeisterschaft finanziell gefördert werden, zielt darauf ab, die Teilhabe der Maori im neuseeländischen Fußball zu erhöhen. Hanif erzählt, dass sich bisher nur sieben Prozent aller Mitglieder des neuseeländischen Fußballverbandes als Maori identifizieren. Deshalb wurde gemeinsam mit Maori Football im Rahmen dieser WM ein Programm namens "Kotuitui" auf den Weg gebracht, dass Maori-Jugendliche in Schulen erreichen soll.
"Wir nutzen Maori-Mythen und Legenden, die wir in das Programm auch einbinden. Und das nutzen wir auch, um uns selbst weiterzubilden. Wir sind ein bikulturelles Land, das aber große Probleme hat. Rassismus ist ein großes Problem, wir tun uns immer noch schwer, zu verstehen, was Bikulturalismus eigentlich bedeutet. Und dadurch, dass wir ganz unten ansetzen und unsere Jugend dahingehend sensibilisieren, legen wir einen Grundstein dafür, dass sich das ändert", betont Hanif vom neuseeländischen Fußball-Verband.
Auch Teilhabe von Mädchen und Frauen ein Thema
Für Hanif ist es darüber hinaus wichtig, dass der neuseeländische Verband diese Weltmeisterschaft dafür nutzt, Programme aufzusetzen, die dafür sorgen, dass in Zukunft nicht nur mehr Maori, sondern auch Frauen Teil der Organisation werden.
Hanif erörtert: "Nur 20% unserer Mitglieder sind weiblich. Wenn wir uns also anschauen, welches Vermächtnis diese WM haben soll, dann müssen wir uns die Problemfelder anschauen: Warum die Teilhabe von Mädchen zum Beispiel so gering ist. Und wie wir mehr Frauen in Führungspositionen bekommen, damit Frauen auch am Entscheidungsprozess beteiligt sind."
Die erwähnten Programme würden den Grundstein legen, "aber der Wandel wird Zeit beanspruchen", sagt Hanif. "Das ist natürlich der große Punkt in einem Land, das bisher Wandel nicht gerade positiv gegenüberstand. Aber ich bin sehr gespannt, zu sehen, wer am 21. August, dem Tag nach dem Finale, noch am großen Tisch sitzt und was für Änderungen sie bewirken können."