Corona-Pandemie
Was der neue Krisenstab im Kanzleramt machen soll

Der Corona-Krisenstab im Kanzleramt soll noch vor Amtsantritt der Ampel-Regierung unter der Leitung eines Bundeswehr-Generals seine Arbeit aufnehmen. Neben der besseren Planung der Impf- und Booster-Kampagne könnte die Koordinierung der Maßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen angegangen werden.

    Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister und Vizekanzler, kommen zur Kabinettssitzung im Kanzleramt.
    Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr designierter Nachfolger Olaf Scholz (SPD) (Michael Sohn/POOL AP/dpa)
    Ein Krisenstab im Bundeskanzleramt soll künftig eine wichtige Rolle bei der Pandemiebekämpfung spielen. Damit reagiert die geplante Ampel-Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auf die vierte Welle mit steigenden Corona-Infektionszahlen und überlasteten Krankenhäusern.

    Was ist geplant?

    Nach Angaben der geschäftsführenden Bundesregierung soll der Krisenstab "baldmöglichst" starten - also offenbar schon vor der Wahl des neuen Bundeskanzlers. Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken twitterte am Sonntag (28.11.2021) von einem Start "in Kürze".

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    Über die Einsetzung und die Aufgabenstellung stünden Merkel und Scholz in engem Kontakt, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag (29.11.2021) in Berlin sagte. Es gehe dabei auch um Abstimmung mit den Ländern, dazu gebe es ebenfalls Gespräche. 
    Wichtigster Unterschied zum bisherigen Corona-Krisenstab der Großen Koalition wird sein, dass der neue Stab im Kanzleramt angesiedelt sein soll und damit nicht von Gesundheits- und Innenministerium geleitet wird. Wer genau im Krisenstab sitzen wird, ist bisher nicht offiziell angekündigt worden, voraussichtlich werden Vertreter der für Corona entscheidenden Bundesministerien dabei sein, aber auch Vertreter von Ländern und Kommunen.
    Blick zwischen den Gitterstäben auf das Bundeskanzleramt in Berlin. Foto: Neundorf/Kirchner-Media
    Im Kanzleramt soll künftig stärker die Bekämpfung der Pandemie koordiniert werden (picture alliance / Kirchner-Media / Neundorf)

    Was soll der Krisenstab genau machen?

    In der Videoschalte des Bund-Länder-Treffens am 30. November kündigte der voraussichtlich künftige Kanzler Olaf Scholz (SPD) an, dass der neue Krisenstab unter anderem die Booster- und weiteren Corona-Impfungen in Deutschland beschleunigen solle. Zudem stellte er als Leiter des geplanten Krisenstabs zur Corona-Bekämpfung den Generalmajor Carsten Breuer vor.
    Generalmajor Carsten Breuer ist bislang Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr, das zum Beispiel nach der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit 850 Soldatinnen und Soldaten im Krisengebiet half.
    "Breuer ist ausgebildet, in schwierigen Lagen Entscheidungen zu treffen" (29.11.2021)

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    Seit Beginn der Pandemie gibt es immer wieder Kritik an uneinheitlichen und zu spät eingeleiteten Krisen-Maßnahmen, die meist in einer Bund-Länder-Konferenz von Kanzlerin und Ministerpräsidentenkonferenz vereinbart wurden. Wie und was der Krisenstab daran ändern kann angesichts der unterschiedlichen Kompetenzen zwischen Bund und Ländern im föderalen System der Bundesregierung, erscheint offen. Auch im Moment gelten in den Ländern sehr unterschiedliche Regelungen – je nach Infektionslage.
    Die SPD-Politikerin Manuela Schwesig hofft mit dem Krisenstab auf ein besseres Krisenmangement: Sie betonte im Dlf am 1. Dezember, dass das Gremium unter der Leitung des Generals nicht den Gesundheitsminister ersetzen solle. Aber niemand könne behaupten, dass das Krisenmanagement zwischen Bund und Ländern in der Pandemie immer optimal gewesen sei. So gebe es beispielsweise auch jetzt wieder Diskussionen darüber, ob der Impfstoff reiche. Einerseits wolle man 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten versprechen, andererseits fehlten vor Ort die dafür nötigen Dosen. Solche Dinge müssten künftig im konkreten Alltagsgeschäft auch ohne eine Zusammenkunft von Bundeskanzler und Länderchefs klappen, so Schwesig.
    Grundsätzlich sei die Einrichtung eines Krisenstabs im Kanzleramt sinnvoll, sagte der Epidemiologe Alexander Kekulé am 26.11.2021 im Dlf. Der Ökonom Clemens Fuest sagte am 29.11.2021 im Dlf: "Ich habe nichts gegen einen Krisenstab, wir haben allerdings in der Tat vor allem ein Umsetzungsproblem. Das heißt, wir brauchen einen Stab von Leuten, die schnell Maßnahmen umsetzen." Und es bestehe immer "die Gefahr, dass sich die Politik hinter solchen Stäben versteckt und aus der Verantwortung flieht".
    Epidemiologe Alexander Kekulé zum Nutzen eines Krisenstabes (26.11.2021)

    Welche Corona-Krisenstäbe gibt es noch?

    Nach Angaben des geschäftsführenden Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) gibt es bereits einen Krisenstab in seinem Haus. Bereits Anfang 2020 war gemäß dem Pandemieplan des Bundes durch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundesgesundheitsminister Spahn ein gemeinsamer Krisenstab eingesetzt worden.
    Das Gesundheitsressort erläuterte, dass der bestehende Krisenstab der Regierung ebenfalls von einem General geführt wird – von Generalarzt Hans-Ulrich Holtherm als Leiter der Abteilung Gesundheitsschutz im Ministerium. Das Gremium in gemeinsamer Führung mit dem Innenressort tage wöchentlich und erstelle unter anderem auch einen täglichen Lagebericht. Beteiligt seien weitere Ministerien. Laut Innenministerium war das Gremium unter anderem auch an der Entwicklung von Einreisevorgaben beteiligt.
    Außerdem gibt es eine laufende Koordinierung zwischen den Chefs der Staatskanzleien der Bundesländer. Hinzu kommen Krisenstäbe auf Ebene der Länder und teils auch der Landkreise und Städte.
    Gesundheitsminister von Baden-Württemberg plädiert für eine allgemeine Corona-Impfpflicht (29.11.2021)
    Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) sagte am 29.11.2021 im Dlf, dass die drei Landes-Gesundheitsminister der Grünen mit der Grünen-Spitze in Berlin am Wochenende (27./28.11.2021) einen Krisenstab gebildet hätten. Lucha sagte außerdem, man brauche jetzt nicht unbedingt einen General, "der uns sagt, was wir zu tun haben".
    Olaf Scholz hat daneben noch ein Expertengremium angekündigt, ebenfalls angesiedelt im Kanzleramt. Dieses Gremium aus Wissenschaftlern soll einmal die Woche tagen und Empfehlungen für die Politik formulieren. Durch die Aufnahme von Experten aus verschiedenen Disziplinen soll ein möglichst ganzheitlicher Ansatz bei der Beurteilung der Corona-Lage entstehen.
    (Quellen: dpa, Reuters, Frank Capellan, tei)