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Sagen & Meinen
Wer ist wirklich "sozial schwach"?

Menschen, die wenig Geld haben, werden in den Medien immer wieder als „sozial schwach“ bezeichnet. Dabei ist eine soziale Schwäche etwas völlig anderes. Deshalb wäre es deutlich sinnvoller, auf andere Begriffe zurückzugreifen.

Von Stefan Fries | 04.08.2020
Nahaufnahme von Münzen, die in einer Hand liegen.
Armut wird oft gleichgesetzt mit "sozialer Schwäche" (Eyeem / Westend61)
Wenn in Politik, Wirtschaft und Medien aber von "sozial schwach" die Rede ist, ist all das nicht gemeint. Stattdessen geht es um Menschen, die wenig Geld haben, ein geringes Einkommen, die in prekären Verhältnissen leben, die vielleicht sogar arm sind. Der Begriff verschleiert also Armut und ihre Folgen – absichtlich oder zumindest durch Gewöhnung.
Bessere Ausdrücke als "Schwäche"
Wer "wirtschaftlich schwach" ist, ist nicht unbedingt "sozial schwach". Denn: Jemand mit wenig Geld kann sehr sozial sein, und ein Multimilliardär sehr asozial. Soziale Kompetenz ist nicht am Kontostand ablesbar.
Statt "sozial schwach" kann man also besser "finanziell" oder "wirtschaftlich schwach" sagen. Und wenn man auch den Begriff "Schwäche" vermeiden will, ganz einfach: "mit wenig Geld".
Sagen & Meinen: Der Sprachcheck
Viel zu oft setzen sich fragwürdige Begriffe und Euphemismen in Medien fest, zum Beispiel das "Gute-Kita-Gesetz", das "Familiendrama" oder der "Lockdown". Solche Formulierungen hinterfragen wir in der Reihe "Sagen & Meinen – der Sprachcheck".