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Wie die Organisatoren der Australian Open die Fans übers Netz ziehen

Viele Tennisfans bei den Australian Open fühlen sich ausgenommen. Erstmals müssen sie in diesem Jahr für die Qualifikationsspiele Eintritt bezahlen. Doch nicht nur unter den Zuschauern gärt der Unmut über den australischen Tennisverband.

Von Andreas Stummer | 15.01.2023
Novak Djokovic während des Vorbereitungsspiel vor den Australian Open gegen Nick Kyrgios
Novak Djokovic während des Vorbereitungsspiel vor den Australian Open gegen Nick Kyrgios (dpa / picture alliance / Sydney Low)
Als wäre es das Finale der Australian Open gewesen. Nick Kyrgios gegen Novak Djokovic. Eine ausverkaufte Rod Laver-Arena im Melbourne Park. Schieds-, Linienrichter und Ballkinder.
Doch das Match, letzten Freitag, war nur ein bedeutungsloses Trainingsspiel, drei Tage vor Turnierbeginn. Trotzdem verlangten die Organisatoren 15 Euro Eintritt. Selbst für die Qualifikationsspiele mussten Zuschauer, zum ersten Mal in Melbourne, drei Euro bezahlen. Viele Tennisfans fühlen sich übers Netz gezogen.

Fans vs. Spieler

"Das ist eine Frechheit. Warum sollen wir zahlen, um Qualifikationsspiele zu sehen? Bei allen anderen Großturnieren ist das gratis", ärgert sich Tennisfan Ben.
"Gleichzeitig haben die Organisatoren das Preisgeld erhöht. Die Spieler sollten froh sein, dass es – trotz Corona – die letzten zwei Jahre die Australian Open überhaupt gab. Warum wird dann nicht für weniger Geld gespielt, statt uns zusätzlich welches für Qualifikations- und Trainingsspiele abzuknöpfen?"

Ein 70-Millionen-Euro-Finanzloch muss gestopft werden

Der Mann, der die Australian Open-Fans zur Kasse bittet, ist Craig Tiley, der Chef von Tennis Australia. Nach zwei Turnieren unter strikten Corona-Vorschriften braucht der Verband dringend Geld. Quarantänehotels, eigene Testzentren und eine Covid-Blase für Spieler, Trainer und Offizielle waren teuer. Ein 70 Millionen Euro-Finanzloch sollen die Australian Open 2023 wieder stopfen.
Craig Tiley, Turnierdirektor der Australian Open
Craig Tiley, Turnierdirektor der Australian Open, achtet dieses Jahr extrem aufs Geld (imago/Stefan Postles)

Selbst die russischen Spielerinnen und Spieler dürfen starten

Angefangen bei der Teilnehmerliste. Serena Williams und Roger Federer haben aufgehört, der Herren-Weltranglistenerste Carlos Alcaraz hat verletzt abgesagt. Da wollte Craig Tiley nicht auch noch auf die besten russischen Spielerinnen und Spieler verzichten. Sie dürfen, anders als in Wimbledon, trotz der anhaltenden russischen Invasion der Ukraine in Melbourne an den Start.
"Russische und weißrussische Spieler können teilnehmen“, sagt Turnierdirektor Tiley. „Aber sie dürfen nicht Russland repräsentieren, es gibt keine russischen Flaggen und auch keine Hymne. Sie werden als neutrale, unabhängige Spieler antreten.“

Profitgier und mangelndes Rückgrat

Im Damen- und Herreneinzelbewerb sind insgesamt neun russische und weissrussische Spielerinnen und Spieler gesetzt. Daniil Medvedev, der Vorjahresfinalist, in Melbourne an Nummer sieben.
„Das ist eine Beleidigung aller Ukrainer“, ärgert sich Vasyl Myroshnichenko, der ukrainische Botschafter in Australien. Er wirft Tennis Australia Profitgier und mangelndes Rückgrat vor.
„Derzeit kämpfen prominente ukrainische Tennisspieler freiwillig an der Front gegen die russische Invasion. Mehr als 150 unserer Sportler sind bisher gefallen. Solange Russland Krieg gegen die Ukraine führt, sollten russische Athleten, auch nicht unter einer neutralen Flagge, an Wettbewerben teilnehmen dürfen.“

Novak Djokovics Rückkehr erzürnt die Gemüter

Der größte Coup für die Turnierorganisatoren aber ist die Rückkehr von Novak Djokovic. Letztes Jahr, nach einem sehr öffentlichen Impf- und Visumsskandal, aus Australien abgeschoben, ist er diesmal, ohne großes Aufsehen, schon seit Wochen wieder im Land. Hat das Vorbereitungsturnier in Adelaide gewonnen und gilt in Melbourne als Favorit. Das Zugpferd des Turniers kommt aber für viele Australier mit einem schalen Stallgeruch.
"Djokovic dürfte gar nicht hier sein. Er hat drei Jahre Einreiseverbot und das sollte gelten", sagt eine Hörerin im Melbourner Sender 3AW. "Wegen Corona haben wir alle viel durchgemacht. Aber dass so ein Mann bevorzugt behandelt wird, ist nicht richtig."
Nie stand mehr auf dem Spiel in Melbourne. Für die Profis geht es um ein Rekordpreisgeld von fast 50 Millionen Euro, für Tennis Australia geht es darum die Zukunft des ersten Grand Slam des Tennisjahres zu sichern. Und vor allem darum wieder schwarze Zahlen zu schreiben.