Samstag, 27. April 2024

Donald Trump
Ein Ex-Präsident vor Gericht

Gegen Donald Trump laufen etliche Gerichtsverfahren - unter anderem wegen Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten. Selbst der Supreme Court befasst sich inzwischen mit Trump und der Frage, ob ein Präsident grundsätzlich Immunität genießt.

26.04.2024
    Porträt von Donald Trump vor Gericht in New York - der ehemalige US-Präsident guckt mürrisch.
    Mürrisch: Donald Trump vor Gericht in New York. Seine Anwälte versuchen, alle Prozesse so weit wie möglich zu verzögern. (picture alliance / Newscom / Jeenah Moon)
    Lange Zeit war es für Donald Trump und seine Anhängerschaft nur schwer vorstellbar, dass der ehemalige US-Präsident vor einem Gericht zur Rechenschaft gezogen werden könnte. Doch verschiedene Anklagen zeugen inzwischen davon, dass Trumps demokratiefeindliche Machenschaften erhebliche Folgen für ihn haben könnten.
    Kein US-amerikanischer Ex-Präsident hatte jemals so weitreichende juristische Probleme wie Trump. Ob ihn das daran hindern wird, erneut als Präsidentschaftsbewerber der Republikaner ins kommende Rennen ums Weiße Haus zu ziehen, ist aber fraglich. Im Folgenden eine Übersicht über die wichtigsten straf- und zivilrechtlichen Anklagen und Verfahren gegen Donald Trump:

    Inhalt

    Anklage in Washington: Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten von Amerika

    Dies ist wohl die schwerwiegendste Anklage gegen Donald Trump: Der ehemalige US-Präsident muss sich vor einem Bundesgericht wegen Versuchen der Einflussnahme auf das Ergebnis der Wahl 2020 und seine Rolle rund um den Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol am 6. Januar 2021 verantworten.
    Das Justizministerium hat eine Anklageschrift veröffentlicht, in der Trump Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten, Verschwörung zur Behinderung der Beglaubigung des Wahlsieges von Präsident Joe Biden und Behinderung und Verschwörung gegen das Wahlrecht vorgeworfen werden.

    Druck auf Entscheidungsträger

    In der Anklageschrift geht es um die zwei Monate nach der Präsidentschaftswahl am 3. November 2020. Trump und sein Umfeld versuchten damals auf diversen Wegen, das Ergebnis nachträglich zu kippen - unter anderem mit Klagen, aber auch mit politischem Druck auf Entscheidungsträger im Bund und in verschiedenen Bundesstaaten.
    Der Feldzug gegen den Wahlausgang eskalierte am 6. Januar 2021: Anhänger Trumps stürmten das Kapitol. Trump hatte seine Unterstützer kurz zuvor in einer Rede mit der Behauptung angestachelt, dass er durch Wahlbetrug um den Sieg gebracht worden sei.

    Trump plädiert auf "nicht schuldig"

    Dabei habe Trump genau gewusst, dass die von ihm erhobenen Vorwürfe des Wahlbetrugs falsch seien, heißt es in der Anklageschrift. Doch habe er diese wiederholt und verbreitet. Zu Trumps Lügen gehörte demnach etwa die Behauptung, in Georgia seien Stimmen von mehr als 10.000 toten Wählern und in Nevada Zehntausende Wahlzettel doppelt gezählt worden.
    Laut der Anklageschrift ist jeder Vorwurf von Gerichten oder Beamten auf Staats- oder Bundesebene entkräftet worden. Bei ihrer Verlesung Anfang August 2023 in Washington erklärte sich Trump für "nicht schuldig". Seine Verteidigung argumentiert, Trump habe als Präsident Immunität genossen, die ihn vor strafrechtlicher Verfolgung schützt.

    Streit um Immunität vor dem Supreme Court

    Die Frage nach der Immunität ist inzwischen auf Antrag Trumps vor dem Supreme Court gelandet. Das nützt dem Ex-Präsidenten insofern, als dass es den Prozessauftakt in Washington verzögert. Ein Urteil im Verschwörungsprozess noch vor der Präsidentschaftswahl im November ist unwahrscheinlich geworden.
    Vor dem Supreme Court, dem Obersten Gericht der USA, geht es nun um eine Frage von historischer Tragweite. Ein Urteil wird in einigen Wochen erwartet. In einer ersten Anhörung ließen die Richterinnen und Richter Skepsis gegenüber der Argumentation von Trumps Anwalt erkennen.
    Das heißt aber noch nicht, dass sich die Auffassung im Supreme Court durchsetzt, dass ein Präsident rechtlich wie jeder andere US-Bürger auch gestellt ist. Knackpunkt könnte die Frage werden, ob beim Präsidenten zwischen offiziellem Handeln im Amt und privatem Handeln unterschieden werden soll.

    Georgia: Anklage wegen möglicher Wahlmanipulation

    In Georgia muss sich Donald Trump wegen des Vorwurfs der Wahlbeeinflussung vor Gericht verantworten. Bei der Präsidentschaftswahl 2020 sollen Trump und sein Team versucht haben, das Ergebnis in dem Bundesstaat zu manipulieren.
    So soll Trump Druck auf republikanische Parteifreunde, den Innenminister und den Wahlleiter von Georgia ausgeübt haben, die Stimmenauszählung zu seinen Gunsten zu verändern. Angeklagt sind zudem 18 weitere Personen, darunter auch Trumps früherer Anwalt Rudy Giuliani.

    Biden gewann in Georgia nur knapp

    Das Besondere an diesem Verfahren: Selbst wenn Trump erneut Präsidentschaftskandidat der Republikaner wird und die Wahl 2024 gewinnen sollte, könnte er sich nach einer Verurteilung in Georgia nicht selbst begnadigen, da es sich um einen Prozess auf Landes- und nicht auf Bundesebene handelt.
    Georgia gehörte zu jenen Bundesstaaten, die für den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020 eine Schlüsselrolle spielten. Joe Biden gewann dort nur knapp mit etwa 12.000 Stimmen Vorsprung. Trump bemühte sich, seine dortige Wahlniederlage - wie auch in anderen Bundesstaaten - ungeschehen zu machen und zu einem Sieg umzudeuten.

    Anklage in Miami: Mitnahme geheimer Regierungsdokumente

    Die Staatsanwaltschaft wirft Donald Trump in diesem Fall die gesetzeswidrige Aufbewahrung höchst sensibler Informationen aus seiner Zeit als US-Präsident vor. Laut Anklageschrift handelt es sich unter anderem um Dokumente mit Informationen zu nuklearen Waffen und militärischen Notfallplänen der Vereinigten Staaten.

    Das FBI durchsuchte Mar-a-Lago

    Insgesamt werden Trump 37 Straftaten zur Last gelegt. Die Bundespolizei FBI hatte im August 2022 sein Privatanwesen Mar-a-Lago in Florida durchsucht. Der Prozess soll am 20. Mai 2024 beginnen.
    Mitte Juni 2023 erschien Trump zu einer ersten Anhörung vor Gericht und wies alle Vorwürfe von sich. Es war das erste Mal, dass ein Ex-Präsident der Vereinigten Staaten vor einem Bundesgericht erscheinen musste, um sich einer Anklage zu stellen.

    New York: Trump wegen Finanzbetrugs verurteilt

    In einem Zivilprozess wegen Finanzbetrugs ist Donald Trump vor einem New Yorker Gericht zu einer Strafzahlung von mehr als 350 Millionen Dollar verurteilt worden. Laut dem Urteil von Richter Arthur Engoron darf Trump zudem drei Jahre lang kein Unternehmen im US-Bundesstaat New York führen.
    Donald Trump spricht vor einem Gericht in New York.
    Donald Trump vor Gericht in New York: "völliger Mangel an Einsicht und Reue". (picture alliance / Anadolu / Fatih Aktas)
    In dem Verfahren war Trump und seinen Söhnen Donald Junior und Eric vorgeworfen worden, über Jahre hinweg die Vermögenswerte des Familien-Immobilienimperiums um Milliardenbeträge künstlich aufgebläht zu haben, um so bessere Konditionen für Kredite und Versicherungen zu bekommen. Auch Eric und Donald Trump Junior wurden für haftbar befunden und zur Zahlung von jeweils vier Millionen Dollar verurteilt.

    Harsche Urteilsbegründung

    Die Angeklagten seien nicht in der Lage gewesen, ihre Fehler einzugestehen, erklärte Richter Engoron in seiner Urteilsbegründung. Der "völlige Mangel an Einsicht und Reue" Donald Trumps und seiner beiden Söhne reiche "fast ins Krankhafte".
    Da es sich um ein Zivil- und kein Strafverfahren handelte, drohte Trump in diesem Fall keine Haftstrafe. Trump kündigte kurz nach dem Urteil an, gegen die Entscheidung in Berufung zu gehen, und musste deswegen eine Kaution von 175 Millionen Dollar hinterlegen.

    New York: Anklage im Zusammenhang mit Schweigegeld an Pornostar

    Die Staatsanwaltschaft in New York legt Donald Trump die Fälschung von Geschäftsunterlagen zur Last. Er soll damit versucht haben, für ihn schädliche Informationen und rechtswidrige Aktivitäten vor und nach der Präsidentenwahl 2016 zu verbergen.
    Im Zentrum der Vorwürfe steht die Zahlung von Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels. Sie behauptet, eine Affäre mit Trump gehabt zu haben, was dieser bestreitet. Obgleich Trumps Anwälte bis zuletzt versucht hatten, den Prozess abzuwenden, zu verlegen oder zu verzögern, begann dieser am 15. April 2024.

    New York: Trump wegen sexuellen Übergriffs verurteilt

    Neben strafrechtlichen Verfahren wie in Washington ist Donald Trump auch in zivilrechtliche Streitigkeiten verwickelt. Im Mai 2023 wurde er in einem Zivilverfahren wegen eines sexuellen Übergriffs und Verleumdung zu einer Geldstrafe in Millionenhöhe verurteilt.
    Eine New Yorker Geschworenenjury sah es als erwiesen an, dass Trump die Schriftstellerin E. Jean Carroll Mitte der 1990er-Jahre in einem New Yorker Nobelkaufhaus sexuell missbraucht und später verleumdet hatte. Den Vorwurf der Vergewaltigung wiesen die Geschworenen zurück.
    Im September 2023 musste der Ex-Präsident in der juristischen Auseinandersetzung mit Carroll dann eine weitere Niederlage hinnehmen. Ein Bundesrichter in New York entschied, dass weitere Kommentare Trumps über die US-Autorin verleumderisch gewesen seien. Über eine zweite Klage von Carroll wurde Ende Januar 2024 entschieden: Das Gericht verurteilte Trump zu einer Zahlung von 76,7 Millionen Dollar.

    Colorado: Rechtsstreit um die Teilnahme an Vorwahlen

    Juristischen Ärger hatte Trump auch bei den Vorwahlen, mit denen der Präsidentschaftskandidat der Republikaner bestimmt werden soll. Nach Ansicht des Obersten Gerichts von Colorado sollte Trump in dem Bundesstaat von den Primaries ausgeschlossen werden. Trump sei wegen seiner Rolle bei der Kapitol-Erstürmung am 6. Januar 2021 für das Amt des Präsidenten disqualifiziert, heißt es in einem Urteil vom Dezember 2023.
    Auch der Bundesstaat Maine wollte Trump von den Vorwahlen ausschließen. In Michigan und Minnesota waren Kläger hingegen mit Versuchen gescheitert, Trumps Namen von den Wahlzetteln zu streichen. Letztlich landete der Streit vor dem Supreme Court, und dieser entschied im Februar 2024 einstimmig, dass Colorado und andere Bundesstaaten keine Befugnis hatten, Trump auszuschließen.

    Welche Folgen eine Verurteilung von Trump haben könnte

    Dass ein ehemaliger Präsident der USA wegen Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten angeklagt wird, ist beispiellos. Doch selbst wenn er verurteilt werden würde, könnte er erneut zum US-Staatsoberhaupt gewählt werden. Die Verfassung des Landes sieht nach Einschätzung von Juristen keine Beschränkungen für verurteilte Straftäter vor.
    Gewinnt Trump die Wahl, könnte er die negativen Folgen für sich minimieren – indem er beispielsweise das Justizministerium anweist, den Verschwörungsprozess einzustellen. Letztlich könnte er sich sogar - außer in Georgia - selbst begnadigen. Dies müsste dann aber wahrscheinlich vom Obersten Gerichtshof geprüft werden.
    Egal, wie das Verfahren wegen Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten gegen Trump ausgeht: Die Folgen könnten drastisch sein. Sollte Trump die Anklage unbeschadet überstehen, könnten Radikale das als Freibrief verstehen, ein unliebsames Wahlergebnis nicht zu akzeptieren und einen friedlichen Amtswechsel zu sabotieren.

    Gewaltbereit und schwer bewaffnet

    Sollte Trump hingegen verurteilt werden, könnte das wiederum enorme gesellschaftliche Verwerfungen in einem ohnehin politisch tief gespaltenen Land auslösen. Der Sturm auf das Kapitol hat gezeigt, dass die Anhänger Trumps nicht vor Gewalt zurückschrecken - und viele Menschen in den USA sind aufgrund der laxen Waffengesetze schwer bewaffnet.
    Ein Trump-Anhänger steht in Miami vor seinem roten, mit Stickern beklebten Auto.
    Trump-Fan in Miami: Viele Anhänger von Trump stehen vorbehaltlos hinter dem Ex-Präsidenten. (picture alliance / dpa / Magdalena Tröndle)

    Was das Trump-Lager zu den Verfahren sagt

    Trump hat grundsätzlich bisher auf „nicht schuldig“ vor Gericht plädiert. Er bezeichnet die Verfahren gern als „Hexenjagd“, die seine Chancen auf eine weitere Amtszeit im Weißen Haus beschädigen sollen. Außerdem betont er immer wieder, stets das Gesetz befolgt zu haben.
    Der Ex-Präsident ist bekannt dafür, sich in Interviews und auf seiner Onlineplattform Truth Social ausgiebig zu ihn betreffenden Ermittlungen zu äußern und Beteiligte wie Richter und Staatsanwälte zu attackieren.
    Vor der Anklage in New York wegen möglicher Schweigegeldzahlungen an den ehemaligen Pornostar Stormy Daniels hatte Trump auf Truth Social vor „Tod und Zerstörung“ gewarnt, sollte es zu einem Prozess kommen - was nun der Fall ist. In einem anderen Post, den Trump teilte, war er in einer Fotomontage mit einem Baseballschläger neben dem Bezirksstaatsanwalt von Manhattan zu sehen.

    ahe