
Lange Zeit war nur schwer vorstellbar, dass Donald Trump vor einem Gericht zur Rechenschaft gezogen werden würde. Ein ehemaliger Präsident der USA im Gefängnis? Doch verschiedene Anklagen zeugen inzwischen davon, dass Trumps demokratiefeindliche Machenschaften doch noch erhebliche Folgen für ihn haben könnten. Die bisher schwerwiegendste Anklage lautet nun auf Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten und beleuchtet Trumps Versuche, die verlorene Wahl 2020 noch zu seinen Gunsten zu kippen.
Kein US-amerikanischer Ex-Präsident hatte jemals so weitreichende juristische Probleme wie Trump. Ob ihn das daran hindern wird, erneut als Präsidentschaftsbewerber der Republikaner ins kommende Rennen ums Weiße Haus zu ziehen, ist fraglich.
Inhaltsverzeichnis
- Welche Folgen eine Verurteilung von Trump haben könnte
- Anklage in Washington: Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten von Amerika
- New York: Anklage im Zusammenhang mit Schweigegeld an Pornostar
- Anklage in Miami: Mitnahme geheimer Regierungsdokumente
- Georgia: Anklage wegen möglicher Wahlmanipulation
- New York: Trump wegen sexuellen Übergriffs verurteilt
- Was das Trump-Lager zu allen Verfahren sagt
Welche Folgen eine Verurteilung von Trump haben könnte
Dass ein ehemaliger Präsident der USA wegen Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten angeklagt wird, ist beispiellos. Doch selbst wenn er verurteilt werden würde, könnte er erneut zum US-Staatsoberhaupt gewählt werden. Die Verfassung des Landes kennt keine Beschränkungen für verurteilte Straftäter.
Gewinnt Trump die Wahl, könnte er die negativen Folgen für sich minimieren – indem er das Justizministerium anweist, den Verschwörungsprozess einzustellen. Letztlich könnte er sich sogar selbst begnadigen. Dies müsste dann wahrscheinlich vom Obersten Gerichtshof geprüft werden.
Egal, wie das Verfahren wegen Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten und die anderen Verfahren gegen Trump ausgehen, die Folgen könnten drastisch sein. Sollte Trump die Verschwörungsanklage unbeschadet überstehen, könnten Radikale das als Freibrief verstehen, ein unliebsames Wahlergebnis einfach nicht zu akzeptieren und einen friedlichen Amtswechsel zu behindern.
Gewaltbereit und schwer bewaffnet
Sollte Trump verurteilt werden, könnte das wiederum enorme gesellschaftliche Verwerfungen in einem ohnehin politisch tief gespaltenen Land auslösen. Der Sturm auf das Kapitol hat gezeigt, dass die Anhänger Trumps nicht vor Gewalt zurückschrecken - und viele Menschen in den USA sind aufgrund der laxen Waffengesetze schwer bewaffnet.
Trumps Anwälte werden vermutlich versuchen, alle Verfahren möglichst lange hinauszuzögern. Ob es bis zur Präsidentenwahl Anfang November 2024 ein rechtskräftiges Urteil geben wird, ist momentan fraglich. Antreten dürfte Trump bei der Wahl nach Einschätzung von Rechtsexperten allerdings auch als verurteilter Straftäter.

Wahrscheinlich wird ihm selbst die neue Verschwörungsanklage bei seinen treuen Anhängern eher nützen als schaden – bisher wurde durch die Versuche der Justiz, Trump zu stellen, die Unterstützung für ihn hier eher größer. Wechselwähler hingegen könnten Abstand von ihm nehmen.
Hier ein Überblick über die wichtigsten Anklagen gegen Donald Trump:
Anklage in Washington: Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten von Amerika
Dies ist wohl die schwerwiegendste Anklage gegen Donald Trump: Der ehemalige US-Präsident muss sich vor einem Bundesgericht wegen Versuchen der Einflussnahme auf das Ergebnis der Wahl 2020 und seine Rolle rund um den Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol am 6. Januar 2021 verantworten.
Das Justizministerium hat eine Anklageschrift veröffentlicht, in der Trump Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten, Verschwörung zur Behinderung der Beglaubigung des Wahlsieges von Präsident Joe Biden und Behinderung und Verschwörung gegen das Wahlrecht vorgeworfen werden.
In der Anklageschrift geht es um die zwei Monate nach der Präsidentschaftswahl am 3. November 2020. Bis heute hat Trump seine Niederlage nicht eingestanden, sondern beharrt darauf, dass ihm der Sieg gestohlen worden sei.
Trump und sein Umfeld versuchten damals auf diversen Wegen, das Ergebnis nachträglich zu kippen - unter anderem mit Klagen, aber auch mit politischem Druck auf Entscheidungsträger im Bund und in verschiedenen Bundesstaaten.
Der Feldzug gegen den Wahlausgang gipfelte am 6. Januar 2021: Anhänger Trumps stürmten das Kapitol. Trump hatte seine Unterstützer kurz zuvor in einer Rede mit der Behauptung angestachelt, dass er durch Wahlbetrug um den Sieg gebracht worden sei.
Dabei habe Trump genau gewusst, dass die von ihm erhobenen Vorwürfe des Wahlbetrugs falsch seien, heißt es nun in der Anklageschrift – und diese dennoch wiederholt und verbreitet. Auf diese Weise habe er seinen Lügen den Anschein der Rechtmäßigkeit geben, eine „nationale Atmosphäre des Misstrauens und der Wut“ schaffen und das öffentliche Vertrauen in die Wahl aushöhlen wollen.
Zu Trumps Lügen gehörte demnach etwa die Behauptung, in Georgia seien Stimmen von mehr als 10.000 toten Wählern und in Nevada Zehntausende Wahlzettel doppelt gezählt worden. Jeder Vorwurf sei von Gerichten oder Beamten auf Staats- oder Bundesebene entkräftet worden, betont die Anklageschrift.
Bei der Verlesung der Anklageschrift am 3. August in Washington hat sich Trump als "nicht schuldig" erklärt. Sein Verteidigung beruft sich darauf, dass er nur seine Meinung geäußert habe. Ein Verweis auf die in der US-Verfassung verbriefte Rede- und Meinungsfreiheit.
New York: Anklage im Zusammenhang mit Schweigegeld an Pornostar
Die Staatsanwaltschaft in New York legt Donald Trump die Fälschung von Geschäftsunterlagen zur Last. Er soll damit versucht haben, für ihn schädliche Informationen und rechtswidrige Aktivitäten vor und nach der Präsidentenwahl 2016, aus der er als Sieger hervorging, zu verbergen.
Im Zentrum der Vorwürfe steht die Zahlung von Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels. Sie behauptet, eine Affäre mit Trump gehabt zu haben, was dieser bestreitet. Der Prozess soll im März 2024 beginnen.
Anklage in Miami: Mitnahme geheimer Regierungsdokumente
Die Staatsanwaltschaft wirft Donald Trump in diesem Prozess die gesetzeswidrige Aufbewahrung höchstsensibler Informationen aus seiner Zeit als US-Präsident vor. Laut Anklageschrift handelt es sich unter anderem um Dokumente mit Informationen zu nuklearen Waffen und militärischen Notfallplänen der Vereinigten Staaten.
Insgesamt werden Trump 37 Straftaten zur Last gelegt. Die Bundespolizei FBI hatte im August 2022 sein Privatanwesen Mar-a-Lago in Florida durchsucht und dort verschiedene Verschlusssachen beschlagnahmt. Der Prozess soll am 20. Mai 2024 starten.
Mitte Juni erschien Trump zu einer ersten Anhörung vor Gericht und wies alle Vorwürfe von sich. Es war das erste Mal, dass ein Ex-Präsident der Vereinigten Staaten vor einem Bundesgericht erscheinen musste, um sich einer Anklage zu stellen.
Georgia: Anklage wegen möglicher Wahlmanipulation
Die vierte Anklage gegen den ehemaligen US-Präsidenten: Donald Trump muss sich wegen des Vorwurfs der Wahlbeeinflussung in Georgia vor Gericht verantworten. Bei der Präsidentschaftswahl 2020 sollen Trump und sein Team versucht haben, das Ergebnis zu manipulieren.

So soll Trump Druck auf republikanische Parteifreunde, den Innenminister und den Wahlleiter von Georgia ausgeübt haben, die Stimmenauszählung zu seinen Gunsten zu verändern. Insgesamt werden Trump acht verschiedene Anklagepunkte in 13 Fällen zur Last gelegt. Angeklagt sind 18 weitere Personen, darunter auch Trumps früherer Anwalt Rudy Giuliani.
Am 24. August hat sich Trump in diesem Strafverfahren den Behörden in Georgia gestellt. Er erschien im Gefängnis von Fulton County, wo seine Personalien aufgenommen wurden. Außerdem wurde zum ersten Mal in der US-Geschichte von einem ehemaligen US-Präsidenten ein erkennungsdienstliches Foto gemacht. Nach Hinterlegung einer Kaution in Höhe von 200.000 Dollar durfte Trump das Gefängnis nach rund 20 Minuten wieder verlassen.
Das Besondere an dem Verfahren: In Bundesstaaten wie Georgia muss bei einer Verurteilung eine Haftstrafe angetreten werden. Bei einer möglichen Wiederwahl zum US-Präsidenten im kommenden Jahr könnte sich der 77-jährige Republikaner also nicht selbst begnadigen. Im Bundesstaat Georgia sind zudem Kameras im Gerichtssaal zugelassen. Damit wäre es das erste Verfahren gegen Trump, bei dem die Öffentlichkeit selbst bei der Beweisaufnahme dabei wäre.
Georgia gehörte zu jenen Bundesstaaten, die für den Wahlausgang eine Schlüsselrolle spielten. Joe Biden gewann dort nur knapp mit etwa 12.000 Stimmen Vorsprung. Trump bemühte sich, seine dortige Wahlniederlage - wie auch in anderen Bundesstaaten - nachträglich ändern zu lassen.
New York: Trump wegen sexuellen Übergriffs verurteilt
Neben den strafrechtlichen Verfahren ist Donald Trump auch in zivilrechtliche Streitigkeiten verwickelt. Im Mai wurde er in einem Zivilverfahren wegen eines sexuellen Übergriffs und Verleumdung zu einer Geldstrafe in Millionenhöhe verurteilt.
Eine New Yorker Geschworenenjury sah es als erwiesen an, dass Trump die Schriftstellerin E. Jean Carroll Mitte der 1990er-Jahre in einem New Yorker Nobelkaufhaus sexuell missbraucht und später verleumdet hatte. Den Vorwurf der Vergewaltigung wiesen die Geschworenen zurück. Trump hat angekündigt, gegen die Entscheidung vorzugehen.
Was das Trump-Lager zu allen Verfahren sagt
Donald Trump hat grundsätzlich bisher auf „nicht schuldig“ vor Gericht plädiert, so auch am 3. August in Washington. Er bezeichnet die Verfahren gern als „Hexenjagd“, die seine Chancen auf eine weitere Amtszeit im Weißen Haus beschädigen sollen.
Auf die jüngste Anklage reagierte Trumps Wahlkampfteam mit der Behauptung, diese sei ein weiterer Versuch der Regierung von Präsident Biden, in die Präsidentenwahl 2024 einzugreifen. Dies erinnere an das Vorgehen in Nazi-Deutschland und in anderen autoritären Regimen. Trump habe stets das Gesetz befolgt.
Der Ex-Präsident ist bekannt dafür, sich in Interviews und auf seiner Onlineplattform Truth Social ausgiebig zu ihn betreffenden Ermittlungen zu äußern und Beteiligte zu attackieren.
Vor der Anklage in New York wegen möglicher Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar hatte Trump auf Truth Social vor „Tod und Zerstörung“ gewarnt, sollte es zu einem Prozess kommen. In einem anderen Post, den Trump teilte, war er in einer Fotomontage mit einem Baseballschläger neben dem Bezirksstaatsanwalt von Manhattan zu sehen.
Donald Trump werde von vielen US-Bürgern als "Robin Hood" im Kampf gegen das "System" gesehen, sagt der Politologe Josef Braml. Die vielen Anklagen nützten ihm eher bei seiner erneuten Kandidatur für das Präsidentenamt. Das zeige sich in den Umfragen, aber auch im wachsenden Spendenaufkommen für ihn. Es wäre ratsamer gewesen, auf eines der Verfahren gegen Trump zu verzichten und sich auf die harten Fälle wie den Sturm auf das Kapitol zu konzentrieren, statt andere Scharmützel fortzusetzen.
Der Politologe rechnet nicht damit, dass in der republikanischen Partei ein Herausforderer wagt, gegen Trump anzutreten. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass er wieder Präsident werden könne, sei hoch.
ahe, dpa, AP