Vor der Magdalenenkirche in der Karl-Marx-Straße in Berlin-Neukölln hat sich eine lange Schlange gebildet. Eine Rentnerin im elektrischen Rollstuhl, ein Vater mit seiner Tochter, kleine Grüppchen von Frauen und Männern warten darauf, nacheinander durch das Gartentor zum Ausgabefenster vorgelassen zu werden. Dahinter sitzt Monika Zöllner, eine der Chefinnen der Essensausgabe Laib und Seele der Berliner Tafel. Über 250 Menschen, die staatliche Grundsicherung erhalten, kommen einmal pro Woche hierhin, sagt Monika Zöllner.
Gestiegene Preise zu Beginn der Pandemie
Die Nahrungsmittelpreise sind zu Beginn der Pandemie im März 2020 drastisch gestiegen, wie Daten des Statistischen Bundesamts zeigen. Viele Hartz IV-Empfänger sind angesichts ohnehin knapp bemessener Regelsätze auf Essensspenden angewiesen, wie ein alleinerziehender Vater, der sich seit Ausbruch der Pandemie wieder wöchentlich vor der Neuköllner Kirche anstellt. Davor habe ihm das Jobcenter kleinere Arbeitsgelegenheiten, mal als Hausmeister, mal in einer Suppenküche vermittelt.
"Da gehst Du die Stunde für zwei Euro arbeiten. Aber das ist mir egal. Als Alleinerziehender brauche ich jeden Pfennig. Damit ich 240 Euro mehr im Monat habe. Das ist komplett weggebrochen seit letztem Jahr. Und das ist eine Menge Geld." - "Wie viele Kinder haben Sie denn?" - "Zurzeit habe ich bloß eins zu Hause. Gottseidank. Aber der ist klein, der ist sieben. Der hat natürlich auch Wünsche, die man ihm jetzt im Moment nicht erfüllen kann."
Arme haben höheres Infektionsrisiko
Internationale Studien haben gezeigt, dass arme Menschen ein höheres Risiko haben, sich mit dem Coronavirus anzustecken und einen schweren Krankheitsverlauf zu erleiden. Laut einer Untersuchung der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit vom Oktober 2020 gilt das auch für Berlin. Je mehr Erwerbslose und Transferleistungsbezieher in einem Bezirk leben, desto höher die Inzidenz. Der Bezirk Neukölln lag an der Spitze.
"Heute Morgen habe ich gehört, dass Aldi wohl anfängt mit Schnelltests. Ja, die kosten aber Geld. Wer soll die bezahlen? Ein Hartz-IV-Empfänger kann sich die nicht leisten. Das ist so."
Die Arbeitslosenquote ist im ersten Jahr der Pandemie auf 5,9 Prozent, in den ersten zwei Monaten dieses Jahres erneut auf 6,3 gestiegen. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen, also derjenigen Erwerbslosen, die ein Jahr oder länger arbeitslos gemeldet sind, ist im Februar auf über eine Million angewachsen.
Das System steht vor dem Stresstest
Jürgen Schupp ist Professor für Soziologie an der Freien Universität Berlin und forscht am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW zum Arbeitsmarkt und zu sozialer Sicherung. "Die nächsten Monate werden geprägt sein aus der ersten Welle an Arbeitslosen, die jetzt eben auch bedingt durch die Pandemie und die Welle der Pandemie nicht in eine Erwerbstätigkeit wieder vermittelt werden konnten. Und von daher wird das System der sozialen Sicherung SGB II jetzt auch vor neuen Stresstest gesetzt werden oder gefordert sein jetzt im Sommer."
Die Bundesregierung hat auf den Ausbruch der Pandemie im März 2020 unter anderem mit dem sogenannten Sozialschutzpaket reagiert. Damit setzte sie die Vermögensprüfung für Hartz IV-Bezieher aus und übernahm die tatsächlichen Kosten für Miete und Heizung. Außerdem wurden die Sanktionen bei Verstößen gegen die Mitwirkungspflicht zeitweise ausgesetzt. Mit diesen Maßnahmen wollte sie die Härten abmildern für Menschen, die pandemiebedingt auf Hartz IV angewiesen sind. Sie gelten aktuell noch bis Ende des Jahres. Nicht nur darauf mussten sich die Jobcenter einstellen, berichtet Dominik Schad, Leiter des Jobcenters Recklinghausen.
Kaum noch persönliche Gespräche
"Im Rückblick war es tatsächlich so, dass wir innerhalb von wenigen Tagen das persönliche Gespräch, was ja bis dahin bei uns eine Selbstverständlichkeit war, massiv reduziert haben. Ein Großteil der Bürgerkontakte erfolgte tatsächlich, insbesondere in der Lockdown-Phase, dazwischen hat die Zahl der persönlichen Beratungsgespräche auch zugenommen – also beispielsweise letztes Jahr im Sommer – aber in der reinen Lockdown-Phase waren es wirklich absolute Notfälle, Einzelfälle."
Die meisten Gespräche fanden also übers Telefon statt. Das persönliche Gespräch sei aber nicht zu ersetzen, sagt Schad. Doch die zwangsweise Umstellung sei auch ein Digitalisierungs- und Reformbeschleuniger in den Jobcentern gewesen.
"Wir haben beispielsweise in den letzten Monaten dann auch zunehmend digitale Möglichkeiten für die Leistungsempfänger geschaffen, also angefangen über eine Upload-Funktion für Unterlagen, für Anlagen, digitale Antragstellung. Wir werden auch die Weiterbewilligungsanträge digitalisieren."
Jobcenter mit Änderungen zufrieden
Aus Sicht des Jobcenter-Leiters hat sich das Grundsicherungssystem für Arbeitssuchende bewährt. Auch mit dem Sozialschutzpaket sei er zufrieden. Die reduzierte Vermögensprüfung und die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft hätten zu einer Entbürokratisierung geführt. Ohne die Vorgabe des Jobcenters, sich eine günstigere Wohnung zu suchen, könnten sich Hartz IV-Empfänger voll auf die Arbeits-, statt auf die Wohnungssuche konzentrieren. Die Mehrausgaben für diese Maßnahme seien dabei fast zu vernachlässigen, sagt Schad.
"Ein Großteil der Menschen, die SGB II-Leistungen beantragen, leben bereits in Wohnungen, die in etwa dem Bezugsrahmen der Kosten der Unterkunft, also dem, was wir als angemessen erachten und festgelegt haben, entspricht. Das heißt, da gibt es wenig Menschen, ich würde jetzt mal fast sagen, fast niemanden, der mit einer 140 Quadratmeter-Wohnung in bester Lage als Single einen SGB II-Leistungsantrag stellt."
Von Erleichterungen berichtet auch ein Mitte 50-Jähriger bei der Essensausgabestelle ‚Laib und Seele‘ in Neukölln. Er habe vor der Pandemie seinen Job als Leiter eines Kundenservice-Teams bei einem Internetunternehmen verloren. In den ersten Monaten der Pandemie fand er keinen Job. Nun ist das Jobcenter für ihn zuständig.
"Am Telefon ist halt immer ein bisschen schwierig, wenn man, wenn man Strategien erarbeiten will, mal hier was zeigen, da mal was zeigen oder so, mal ein paar Sachen durchgehen. Äh, das geht halt nicht so ohne Weiteres." Er könne aber bestätigen, dass es einfacher ist, in die Grundsicherung zu kommen. "Also es ging zügig. Also der Übergang war okay, mal abgesehen davon, dass man nicht mehr weiß, wie man die Rechnung bezahlen soll."
Hilfen für Bedürftige beschlossen
Weil die Pandemie Mehrausgaben für Bedürftige verursacht, die der Regelsatz von aktuell 446 Euro für eine alleinstehende Person ohne Kinder nicht abdeckte, beschloss die Regierung vereinzelte Bonuszahlungen und einen Zuschuss für digitale Endgeräte, kostenlose FFP2-Masken und eine Aufrechterhaltung des kostenlosen Mittagessens, auch wenn Schulen geschlossen haben.
Doch vieles davon wurde erst Monate nach Beginn der Pandemie beschlossen, sodass der Mehrbedarf von Hartz IV-Empfängern bis dahin die Sozialgerichte beschäftigte. Das Ergebnis war ein Flickenteppich. Während das Jobcenter in Karlsruhe einem Leistungsempfänger 20 FFP2-Masken pro Woche bereitstellen muss, sollten sich ein Ehepaar aus Delmenhorst die Kosten für die Masken aus dem Regelsatz absparen. Die Begründung: Das Geld müsse übrig sein, Ausgaben für Verkehrsmittel und Kultur fielen ja gerade nicht an. Dass die Bundesregierung den Mehrbedarf nicht umgehend ausgeglichen habe, sei unverantwortlich, sagt Sven Lehmann, sozialpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag.
"Wir haben bereits, unmittelbar als die Krise losging, übrigens auch wie alle Gewerkschaften, Sozial-, Wohlfahrts-, Kinderschutzverbände gefordert, dass es einen krisenbedingten Aufschlag auf die Grundsicherung geben muss. 100 Euro für Erwachsene und 60 Euro für Kinder und Jugendliche monatlich. Dazu konnte sich die große Koalition nicht durchringen. Und das ist ziemlich, ziemlich traurig."
SPD verteidigt Beschlüsse
Die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, Katja Mast, hält dagegen: Ohne die SPD hätte es gar keinen Kinderbonus, keine Masken für Bedürftige und keine Schul-Hardware gegeben.
"Ich selbst bin nicht zufrieden mit der Geschwindigkeit an jedem Punkt, ich bin aber jetzt froh, dass wir quasi diese ganzen Maßnahmen aufgelegt haben und ich will nicht verhehlen, dass jede Frage der zusätzlichen Unterstützung zu großem Konflikt immer in der Koalition führt und immer erst im Koalitionsausschuss entschieden wird. Und da ist die SPD immer der Treiber dafür, dort allen Menschen die notwendige Teilhabe in der Bundesrepublik Deutschland zu organisieren."
Kindern fehlen digitale Endgeräte
Eine Kleine Anfrage der FDP im Bundestag hat ergeben, dass im November 2020 erst 16 Jobcenter in ganz Deutschland eine Videoberatung angeboten haben. Viele Hartz IV-Empfänger hätten darüber hinaus keinen Zugang zu digitalen Endgeräten gehabt, mit denen sie Unterlagen für Anträge hätten einscannen können, kritisiert der sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober. Auch die Ausstattung mit Laptops, zum Beispiel für Homeschooling, sei zu spät und nicht ausreichend angegangen worden. "Viele Kinder aus Hartz IV-Familien konnten dem Unterricht einfach nicht folgen, weil das digitale Endgerät, also der Laptop nicht dafür zur Verfügung stand, obwohl die Bundesregierung im April 2020 schon mit dem Digitalpakt Schule 500 Millionen Euro für bedürftige Schüler bereitgestellt hat."
Obwohl das Geld nach seiner Rechnung für rund 1,5 Millionen Laptops für Schüler- und Schülerinnen in der Grundsicherung gereicht hätte, hatten die zuständigen Länder bis Ende des Jahres nur rund 42.000 Geräte angeschafft. "Hier hat Hubertus Heil ein ganzes Jahr lang weggeschaut. Erst im Februar 2021, wie gesagt, obwohl das Geld schon bewilligt war, hat er eine entsprechende Weisung an die Arbeitsagentur ausgegeben, dass bei Bedarf Laptops finanziert werden."
Abkehr vom aktuellen Hartz IV-System gefordert
Die Maßnahmen der Bundesregierung und die Kritik an ihrem Krisenmanagement für Hartz IV-Empfänger könnten durchaus ein Anstoß für grundlegende Reformen sein, sagt Soziologe Schupp. "Da ist, glaube ich, gerade auch die Aufmerksamkeit durch den Coronaschock und die vielfache Erfahrung, wie schnell es gehen kann durch einen externen Schock, den Boden unter den Füßen entzogen zu bekommen, steckt in der Erfahrung jetzt der Wahlbürger drin und da muss die Politik, glaube ich, gute Antworten liefern, wie sie mit diesem Problem mittel- und langfristig umzugehen gedenkt."
Alle Parteien im Bundestag mit Ausnahme der Union fordern eine Abkehr vom aktuellen Hartz IV-System. Stattdessen befürworten die Grünen eine "Garantiesicherung", die SPD will ein Bürgergeld, die FDP ein liberales Bürgergeld und die Linke setzt sich für eine sanktionsfreie, individuelle Mindestsicherung ein. Die AfD fordert eine "Aktivierende Grundsicherung", die allerdings nicht mehr als ein Schlagwort in ihrem Grundsatzprogramm ist. Dabei geht es den Parteien nicht nur um die Höhe der Regelsätze und die Instrumente der Arbeitsvermittlung, sondern auch um die Mitwirkungspflichten und die Sanktionen.
Kinderarmut in Deutschland bekämpfen
Darüber hinaus wollen SPD, Grüne und Linke mit einer Reform der Grundsicherung auch die Kinderarmut in Deutschland bekämpfen. Sie fordern daher eine jeweils im Detail anders ausgestaltete Kindergrundsicherung. Alle drei Parteien wollen Kindern kostenlosen Öffentlichen Nahverkehr ermöglichen und einen Mindestzuschlag gewähren, der je nach Bedürftigkeit des Elternhauses steigt – und nicht auf das Einkommen der Eltern angerechnet wird. SPD-Sprecherin Katja Mast:
"Und zusätzlich muss es immer darum gehen, politisch – und das zeichnet auch den Ansatz der SPD bei der Kindergrundsicherung aus – dass, mit Geld allein ist es nicht getan. Kinder brauchen Teilhabe im Verein, sie müssen in die Schulen kommen, gebührenfreie Kita. Und das steckt natürlich zuerst einmal das große Leitbild ab und darum muss es dann auch von der Perspektive gehen."
Daneben will die SPD vor allem das Image der Grundsicherung aufbessern. Aus Hartz IV soll das Bürgergeld werden, aus der Eingliederungsvereinbarung eine Teilhabevereinbarung. Den Grünen, die aktuell in Umfragen vor der SPD liegen, reiche das nicht, sagt deren sozialpolitischer Sprecher, Sven Lehmann. Die von seiner Partei vorgeschlagene Garantiesicherung sieht vor, die Mitwirkungspflichten für Hartz IV-Empfänger, die in der so genannten Eingliederungsvereinbarung konkretisiert werden, abzuschaffen.
Image der Grundsicherung aufbessern
"Dieses Fördern und Fordern, das war nie in einer Balance. Da hat es immer eine Schieflage gegeben. Man muss sich nur mal anschauen, wie eine so genannte Eingliederungsvereinbarung im Jobcenter aussieht. Da sind ganz, ganz, ganz, ganz viele Pflichten drin, also zum Beispiel Pflicht zur Offenlegung des Kontos, Pflicht zur Offenlegung auch der eigenen Wohnverhältnisse, Pflicht zur Annahme jedweder Arbeit und so weiter. Und das heißt, es war nie in einer Balance. Menschen wurden immer eher zum Bittsteller gemacht, und deswegen müssen wir Hartz IV überwinden."
Das Instrument und oft letzte Mittel, um eine Mitwirkung der oder des Erwerbslosen zu erzwingen, sind bislang die umstrittenen Sanktionen. Im November 2019 hatte das Bundesverfassungsgericht die geltenden Sanktionsregeln für verfassungswidrig erklärt. Seitdem dürfen Jobcenter bei einem Pflichtverstoß nicht mehr als 30 Prozent des Regelsatzes, also des soziokulturellen Existenzminimums, kürzen.
In ihrem Wahlprogramm versprechen die Sozialdemokrat nun "sinnwidrige und unwürdige" Sanktionen abzuschaffen. Unwürdig heißt für die SPD in dem Fall nicht, dass Menschen nicht weniger als das Existenzminimum erhalten dürften, wie Katja Mast erklärt. "Also sinnwidrig und unwürdige Sanktionen sind die, die unnötig bremsen. Wir wollen zum Beispiel keine Sanktionierung in die Mietkosten. Wir wollen keine Unterschiede zwischen jungen und älteren Erwachsenen, wie es heute der Fall ist. Wir wollen eine Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils, und das ist das, was damit gemeint ist an der Stelle."
Mitwirkungspflichten und Sanktionen
Eine Abschaffung von Mitwirkungspflichten und Sanktionen lehnt die CDU jedoch rundweg ab, erklärt deren sozialpolitischer Sprecher, Peter Weiß. "Wenn man ein System schaffen will, bei dem Menschen staatliche Mittel bekommen, aber keinerlei Verpflichtung eingehen, um aus dem Hilfesystem durch eigene Anstrengung und durch die Unterstützung, die wir mit den Jobcentern und der Arbeitsagentur gewähren, wieder aus dieser Situation hinauszukommen, dann muss ich sagen, schaffen wir ein System massiver sozialer Ungerechtigkeit. Ich glaube, wenn man das abschafft, dann ist das kein Sozialstaat mehr, sondern dann ist das ein Wolkenkuckucksstaat."
Grüne und Linke wiederum wollen Sanktionen für Hartz IV-Empfänger komplett abschaffen und die Regelsätze anheben. Die Linke fordert eine Mindestsicherung von 1.200 Euro für alle Menschen, zum Beispiel auch für Asylbewerber. Die Grünen wollen die Regelsätze schrittweise - wie auch von Sozialverbänden gefordert - auf 600 Euro pro Monat anheben. Die FDP hatte zu Beginn der Corona-Pandemie einen Aufschlag von 15 Prozent gefordert, um Mehrbedarfe auszugleichen. Mittlerweile könne man das besser abschätzen, sagt FDP-Sozialpolitiker Pascal Kober.
"Ich kann mich da jetzt nicht auf eine Zahl festlegen, zumal das Bundesverfassungsgericht 2010 geurteilt hat, dass der Regelsatz nicht geschätzt werden darf. Den Fehler machen jetzt auch aus meiner Sicht die Sozialverbände, wenn sie mit pauschalen Anhebungen argumentieren. Aber ich glaube, es ist auch kein Problem, einfach in der Logik und Systematik der Regelsatzberechnung einfach zusätzliche Kosten mitzuveranschlagen."
Hartz IV spaltet die Parteienlandschaft
Die SPD hat lediglich angekündigt, die Regelsatzberechnung weiterentwickeln zu wollen, sodass zum Beispiel die Anschaffung einer Waschmaschine kein Loch in die Haushaltskasse reißt.
Peter Weiß von der CDU setzt, von kleineren Anpassungen abgesehen, auf das Hartz IV-System von vor der Pandemie. Die Maßnahmen für einen erleichterten Zugang zum Arbeitslosengeld II, die so genannten Sozialschutzpakete, will er Ende 2021 auslaufen lassen. "Also wir gehen doch alle davon aus, auch die SPD so hoffe ich, dass wir aus dieser Coronasituation bald herauskommen und mit dem Impfen, was ja in den kommenden Wochen und Monaten hoffentlich an Fahrt gewinnen wird, ist ja auch perspektivisch absehbar, dass wir das Gröbste im Sommer diesen Jahres durchgestanden haben, und dann hoffentlich wieder in normalere Verhältnisse kommen und deswegen haben wir jetzt zunächst einmal diese Hilfeform des erleichterten Zugangs zum Arbeitslosengeld II bis Ende 2021 verlängert und ich hoffe doch sehr, dass das reicht."
Die Zukunft des Hartz IV-Systems spaltet die Parteienlandschaft, auch zwischen potenziellen Koalitionspartnern. Insbesondere auf die SPD dürften nach der Wahl im September beim Thema Hartz IV harte Verhandlungen zukommen. Für die Union gehen die Vorschläge zu weit, für Grünen-Politiker Sven Lehmann nicht weit genug.
"Ich bin ziemlich enttäuscht von der SPD, was dieses Thema Hartz IV angeht, weil sie einfach nur ein Etikett auf etwas geklebt haben, was aber im Wesentlichen an Hartz IV festhält. Und da werden wir Grüne auf jeden Fall Druck machen, sollte es da zu einer Zusammenarbeit nach der Bundestagswahl kommen."
"Ich glaube das erst, wenn ich es sehe"
Zurück bei ‚Laib und Seele‘ in der Karl-Marx-Straße in Berlin-Neukölln. Fragt man die Menschen hier, was ihnen wirklich helfen würde, kommt in der Regel eine Antwort: mehr Geld. Der alleinerziehende Vater, der seit Jahren abhängig vom Jobcenter ist und durch die Pandemie sein Zusatzeinkommen eingebüßt hat, macht sich mit Blick auf die Bundestagswahl keine großen Hoffnungen.
"Ich glaube nicht groß, dass sich dabei was ändert. Ich mein, schön wäre es, wenn sie Hartz IV abschaffen und das irgendwie anders regeln. Aber ich glaube noch nicht daran. Ich glaube das erst, wenn ich es sehe."