Donnerstag, 28. März 2024

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Sarrusophon
Viele Jahre vergessen, jetzt wiederentdeckt

Das Saxophon kennt heute jeder. Aber das Sarrusophon? Es wurde auch im 19. Jahrhundert erfunden, war bis 1920 in Frankreich sehr beliebt und dann: wurde es vergessen. Das Trio Lézard erweckt dieses fast ausgestorbene Instrument wieder zum Leben.

Von Susanne Pütz | 07.02.2022
Das Mundstück eines Sarrusophons ganz nah. Den Rest des Instruments sieht man im Hintergrund des Bildes. Das Instrument wurde vor 100 Jahren von Pierre-Auguste Sarrus erfunden.
Ein Instrument, gebaut um 1900, das Bass-Sarrusophon. (Sascha Reker)
Vor gut fünf Jahren sah Oboist Stéphane Egeling zum ersten Mal ein Sarrusophon in einer Vitrine und versuchte ihm einen Ton zu entlocken. „Ich habe gar keinen Ton rausgekriegt und habe gedacht, das Instrument funktioniert nicht. Also habe ich es gleich wieder zurück in die Vitrine gestellt.“
 Doch der Musiker und seine Kollegen vom Trio Lézard wurden neugierig, wollten mehr über dieses seltsame Instrument wissen. Keine leichte Aufgabe, nur wenige Instrumente gibt es auf der Welt, meist in Museen. Bei einer Auktion ersteigern sie ein erstes Sarrusophon, leihen ein weiteres dazu. Ab da heißt es ausprobieren, sagt Stefan Hoffmann:
 „Wie kann das denn klingen? Wir haben den Klang erst mal erforschen müssen, Wir reden von fünf, sechs Jahren Vorlaufzeit, die wir brauchten, um die Rohre des Materials beizuschaffen und zu wissen, was wir wollen, und überhaupt den Instrumenten die Möglichkeit zu geben, das herzugeben, was drinsteckt. Und es ist eine unglaubliche Menge, was da drinsteckt.“

Eine neue Instrumentenfamilie

Der Pariser Kapellmeister und Militärmusiker Pierre-Auguste Sarrus sucht 1856 nach einer Alternative für Holzblasinstrumente wie Fagott und Oboe. Deren Klang, den schätzt er sehr, nur sollten beide kräftiger klingen und geeignet sein für Konzerte im Freien, das wäre ideal.
 "Er wollte irgendwas haben, was man draußen Spazieren tragen kann, das sich durchsetzen kann, ein Blechinstrument, dass aber ein Doppelrohrblatt hat. Also die Attacke, die man damit hat, diesen klaren definierten Anstoß, das war das Instrument der Wahl."
Der Instrumentenbauer Pierre Louis Gautrot legt also los und baut eine Familie mit sieben Mitgliedern: vom Sopranino Sarrusophone bis zum tiefen Kontra.
Vor schwarzem Hintergrund ist ein Blechblasinstrument zu sehen. Es ist länglich wie ein Kontrafagott, es ist aber ein Sarrusophon, das tiefste der Familie der Sarrusophone.
Dukas und Ravel schrieben Orchesterstimmen für dieses Instrument, heute ist es fast vergessen: das Sarrusophon. (Sascha Reker)
 Von diesem Klang sind die französischen Komponisten begeistert. Maurice Ravel, Paul Dukas oder Claude Debussy - alle schreiben für dieses neue Instrument Partien in ihre Orchesterwerke.

Patentklage gegen Sarrus

Not amused ist dagegen Adolphe Sax, der Erfinder des Saxophons. Er prozessiert drei Jahre lang gegen das Patent von Pierre Louis Gautrot und Pierre-Auguste Sarrus. Sie müssen deshalb die Produktion erst mal auf Eis legen, erklärt Stefan Hoffmann.
"Das war natürlich doof, weil man nicht weiter bauen konnte und die Zeit hat Sax genutzt um seine Instrumente weiter zu forcieren. Aber es kam am Ende raus per Gericht, nein das Sarrusophon ist kein geklautes Saxophon."
Das Saxophon ist heute noch bekannt und beliebt, wieso das Sarrusophon nicht? Warum ist das Sarrusophone Anfang der 1920er Jahre überhaupt in Vergessenheit geraten? Stéphane Egeling kann sich das nur so erklären.
"Wir haben keine künstlerischen Gründe gefunden, wieso sich das Sarrusophon nicht durchgesetzt hat, Da gibt es nichts, wo man sagen kann ja, der Ton funktioniert nicht gut oder so. Es ist vollkommen ausgereift. Wir haben ein paar Theorien für uns. Die Wirtschaftskrise war zeitgleich mit dem Aussterben des Sarrusophons. Das heißt die Firmen haben einfach kein Geld mehr in dieses neue Instrument investiert. Und man könnte auch denken nach dem Zweiten Weltkrieg hätte es weitergehen können. Da war vielleicht das Interesse an sinfonischer Blasmusik nicht mehr so hoch.“

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