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CDU-Mitgliederbefragung
Merz muss die Partei zusammenführen

Nach dem starken Mitgliedervotum für Friedrich Merz als Parteichef zeichnet sich in der CDU Geschlossenheit ab. Gleichwohl müsse sich die Partei möglichst breit aufstellen und modernisieren, heißt es. Uneinigkeit herrscht in der Frage, ob Parteivorsitz und Fraktionsvorsitz in einer Hand liegen sollten. Ein Stimmungsbild.

18.12.2021
    Friedrich Merz (CDU, l) steht neben Christina Stumpp, Kandidatin für das Amt der stellvertretenden CDU-Generalsekretärin und Mario Czaja, Kandidat für das Amt des CDU-Generalsekretärs, nach der Bekanntgabe der Ergebnisse der CDU Mitgliederbefragung. Merz soll nach dem Willen der CDU-Mitglieder neuer Parteivorsitzender werden. Auf einem Parteitag der CDU im Januar 2022 soll der neue Bundesvorsitzende von den Delegierten gewählt werden.
    Das Team Merz : Friedrich Merz soll neuer Parteichef werden, Christina Stumpp aus Baden-Württemberg Vize-Generalsekretärin und Mario Czaja aus Ostberlin CDU-Generalsekretär (picture alliance/dpa)
    Friedrich Merz setzte sich bei der Mitgliederbefragung zum CDU-Parteivorsitz mit 62 Prozent klar durch. Auch die Wahlbeteiligung war hoch, sie lag bei über 64 Prozent. Für den Christdemokraten aus dem Sauerland war es nach 2018 und Anfang 2021 bereits der dritte Anlauf für den Parteivorsitz. Merz kündigte an, alle Parteiströmungen einzubinden und die Union zu erneuern. Er soll auf einem Parteitag am 21. und 22. Januar als neuer Parteivorsitzender offiziell bestätigt werden. Wir haben einige Reaktionen aus der CDU für Sie zusammengestellt.

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    Der CDU-Politiker Ruprecht Polenz sagte im Deutschlandfunk, dass diejenigen Merz-Anhänger, die sich nun eine Revision der Merkel-Politik erhofften, enttäuscht würden. Merz wisse, dass man neue Fragen nicht mit alten Antworten bedienen könne. Die Entscheidung für Merz sieht er als große Chance für seine Partei, in der Opposition „Tritt zu fassen“. Merz sei im Jahr 2000 ein guter Fraktionsvorsitzender gewesen – wenn er an diesen Stil des Führens anknüpfe, könne er die Union zusammenhalten.

    Polenz (CDU): Bin auf Merz' "spitze Zunge" gespannt

    Polenz geht davon aus, dass Merz ein scharfkantiges Profil der Union zeichnen wird. Das fänden viele gut. Er werde die Kontraste zur Regierungspolitik klar herausarbeiten. „Ich bin auf seine spitze Zungen und seine polemischen Bemerkungen gespannt“, so Polenz. Gleichzeitig betont er, dass Merz in den letzten zwei Jahren dazugelernt habe. Entgleisungen wie die, Homosexuelle und Pädophile in einem Satz unterzubringen, würden ihm nicht mehr passieren.
    Die CDU-Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer sagte im Deutschlandfunk, dass die Mehrzahl in der CDU die frühere Kanzlerin Angela Merkel nach wie vor stark schätze. Viele vermissten die Kanzlerin schon jetzt und seien dankbar für 16 Jahre Regierungsarbeit. Es sei aber auch klar, dass sich nach einer langen Regierungszeit Dinge neu sortieren müssten. Daran würden Merz und sein Team auch gemessen werden.

    Kemme (CDU): Keinen Änderungsbedarf beim Fraktionsvorsitz

    Die Erwartungen an Merz seien, dass die CDU breit aufgestellt werde und geschlossen sei, sagte Polenz im Dlf. Ob Merz auch den Fraktionsvorsitz übernehmen wolle, ist bislang offen. Polenz sagte, mit einer Doppelspitze habe man in der CDU „nicht so gute Erfahrungen“ gemacht. Er hoffe auf eine einvernehmliche Lösung, in der auch der derzeitige Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus mitreden werde.
    Die CDU-Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer hingegen sieht keinen Änderungsbedarf beim Fraktionsvorsitz. Sie kann sich die Trennung vom Parteivorsitz gut vorstellen. Das sieht ihre Parteifreundin, die Bundestagsabgeordnete Nina Warken , Mitglied im Bundesvorstand der Frauenunion, genau so, wie sie im Deutschlandfunk sagte.
    Kemme betont, dass ein Votum von 62 Prozent zwar eindeutig sei, aber immer noch knapp 40 Prozent auf der anderen Seite stünden. Auch die müssten eingebunden werden. Merz habe sich viele Gedanken gemacht. Er lehne die Frauenquote nicht mehr ab, das habe sie selbst überrascht, sagte Kemme. Er habe mit Mario Czaja aus Ostberlin und Christina Stumpp aus Baden-Württemberg ein gutes Team. Frauen müssten insgesamt aber noch sichtbarer werden. Im CDU-Präsidium dürfe es nicht unter die Grenze von 30 Prozent gehen.

    Warken (CDU): Die Frauen weiter und stärker einbinden

    Nina Warken, Mitglied im Bundesvorstand der Frauenunion, sieht Merz in der Pflicht, die CDU wie versprochen zur modernsten Volkspartei Europas zu machen, sie personell neu aufzustellen - und auch weiblicher zu machen. Mit Christina Stumpp habe Merz eine "noch neue, noch unbekannte junge Frau und Mutter präsentiert", das sei "bemerkenswert". Merz sei auf dem richtigen Weg, betont Warken. Sie erwarte von dem neuen Parteivorsitzenden, dass auch der Bundesvorstand entsprechend mit Frauen besetzt werde. Neben Karin Prien kandidiere Silvia Breher. Die Bundesvorsitzende Annette Widmann-Mauz kandidiere wieder für das Parteipräsidium. "Da haben wir ein gutes Angebot, mit dem wir uns auch als Frauen nicht verstecken müssen", sagte Warken.

    Polenz: CDU muss "soziales Gewissen" werden

    Die CDU sei eine Volkspartei, Bandbreite sei wichtig. Sie müsse daher jünger, weiblicher und diverser werden, findet auch Ruprecht Polenz. Das sei eine Aufgabe für die ganze Partei. Junge Leute wollten klare Antworten auf ihre Fragen. Die werde Merz liefern, sagte Polenz im Dlf. Es gelte, zwei Millionen verlorengegangene Wähler und Wählerinnen zurückzugewinnen.
    Es stünden vier Landtagswahlen an, in drei von ihnen müsse die CDU ihre Mehrheiten verteidigen, erinnert Polenz. Merz werde betonen, wie wichtig solide Finanzen seien und konservative Werte des Zusammenlebens herausstellen. Gleichzeitig sei es richtig, dass Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst mahne, die CDU müsse das soziale Gewissen werden. Merz werde sich das zu Herzen nehmen, zeigt sich Polenz überzeugt.

    Kemme (CDU): Mitglieder auch künftig stärker einbinden

    Die Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer, Jahrgang 1989, sieht in der starken Wahlbeteiligung die Aussage, dass die Mitglieder beteiligt werden wollen. „Das sollten wir öfter machen“, sagte sie im Deutschlandfunk. Bei der Erarbeitung des Parteipgramms habe sich gezeigt, dass es geht. Auch bei Themen wie der Pflegereform könnte es sich lohnen, weil viele Mitglieder in dem Bereich tätig seien. Sie fordert, Mitglieder auch bei der Ausarbeitung des Grundsatzprogramms zu beteiligen. Es geht darum, dass „wir uns nicht nur in der Berliner Blase mit uns selbst beschäftigen“.