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Fox News entlässt Tucker Carlson
Geschichte der US-Medien ist auch eine der Hassprediger

Der weltweit bekannte Moderator Tucker Carlson muss Fox News verlassen. Doch sein Aus bedeutet keinen Kurswechsel beim rechten Nachrichtensender. Das Gegenteil dürfte der Fall sein, wie auch ein Blick in die US-Mediengeschichte zeigt.

Text: Michael Borgers | Doris Simon im Gespräch mit Stefan Fries |
"FOX is HATE TV" ("FOX ist Hass-Fernsehen"), mit dieser Kritik auf einem Schild protestieren Menschen vor einem Gebäude des Senders in New York
"FOX ist Hass-Fernsehen" - mit dieser Kritik protestierten zuletzt Menschen vor einem Gebäude des Senders in New York (IMAGO / ZUMA Wire / IMAGO / Gina M Randazzo)
„Tuckers Nachfolger wird schlimmer sein“, erwartet die US-Zeitschrift "The Atlantic". Die Geschichte von Fox News zeige, dass der Sender und seine Themen größer seien als ein einzelner Moderator.
„Wenn frühere Buhmänner der Linken - Leute wie Bill O'Reilly und Glenn Beck - von Fox verdrängt wurden, hat der Sender immer eine neue Figur gefunden, um sie zu ersetzen“, heißt es weiter in der Analyse. Es werde einen neuen Tucker Carlson geben, und es sei gut möglich, dass dieser „noch schlimmer sein wird“.
Am Montag hatte Fox News seine Trennung von Carlson bekanntgegeben. Dem Netzwerk selbst war das eine „Breaking News“ wert, also eine besonders wichtige Nachricht:

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In der Meldung hieß es dann knapp, man danke Carlson für seine Dienste für den Sender als Moderator und davor als Mitarbeiter. Der 53-Jährige selbst hatte sich auch Stunden danach noch nicht zu Wort gemeldet und stattdessen andere kommentieren lassen. Etwa Donald Trump, der im Sender „Newsmax“ – einem Konkurrenten von Fox News auf dem rechten US-Medienmarkt – erklärte, er sei „schockiert und überrascht“ über die Nachricht.

Aufstieg und Fall von Carlson eng verknüpft mit Trump

Die Wege des republikanischen Politikers und des konservativen Journalisten verliefen spätestens seit 2016 sehr eng nebeneinander: Am 14. November strahlte Fox News zum ersten Mal die nach Carlson benannte Sendung aus – nur eine Woche nach der Wahl Trumps zum US-Präsidenten. In den vier Jahren seiner Amtszeit war Trump dann ein gerne gesehener Gast in der TV-Show.
Zuletzt ergaben allerdings Recherchen, dass Carlson den Unternehmer und Politiker eigentlich nicht hat leiden können und sogar für ihn gelogen hat. Das zeigte auch die Klage des Wahlmaschinenherstellers Dominion gegen Fox News, in der die Verbreitung von Trumps Verschwörungserzählung eines Wahlbetrugs die Hauptrolle spielte. Als Folge dieses Verfahrens gab der Sender gerade rund 800 Millionen Dollar für eine Einigung aus.

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Beobachter gehen nun von einem Zusammenhang aus zwischen diesem Prozess und dem Aus für Carlson. Denn private und in diesem Verfahren öffentlich gewordene Mitteilungen hätten „seine scharfe Kritik am Fox-Management“ enthüllt, so schreibt es etwa die „Washington Post“.
"Und dann gibt es noch Dokumente, die wir nicht kennen, weil es ja nicht zum Prozess gekommen ist, (...) wo sich Tucker Carlson anscheinend noch deutlich äußerte", so USA-Korrespondentin Doris Simon im Deutschlandfunk. Und außerdem seien da auch noch die Sexismus-Vorwürfe einer früheren Mitarbeiterin bei Fox News gegen Carlson, so Simon.
Fox News sei es darum gegangen, kleinere „aufstrebende konservative Konkurrenten zu besiegen“, heißt es bei „The Atlantic“. Und die Zeitschrift erinnert an den ähnlich wie Carlson beliebten und umstrittenen Moderator Bill O'Reilly, den der Sender 2017 schasste und der seitdem zu einer politischen Randfigur geworden sei.

Charles Coughlin - einer der ersten Hassprediger im Radio

Auch Benno Nietzel, der mit seiner Forschung zur US-Mediengeschichte habilitiert wurde, erinnert an die Kontinuität so prominenter Figuren wie Carlson oder O'Reilly. So sei etwa der katholische Priester Charles Coughlin in den 1930er-Jahren mit antisemitischen und rassistischen Positionen im Radio erfolgreich gewesen, erklärte Nietzel gegenüber dem Deutschlandfunk.
Coughlin geriet damit in den Blick der entstehenden Disziplin der Kommunikationswissenschaft, die sich vor allem für das Phänomen politischer Propaganda interessierte. Forscher fanden heraus, dass Coughlin Positionen vertrat, die teilweise wörtlich auch in Reden von Joseph Goebbels vorkamen.
Seit in den 1920er-Jahren das Radio zum Massenmedium wurde, habe es in den USA eigentlich bereits eine „fraktionierte und polarisierte Medienöffentlichkeit“ gegeben, ergänzt der Bielefelder Privatdozent.  Doch natürlich gebe es Veränderungen zu damals, betont Nietzel auch.

Forscher Nietzel: Nachfrage nach bestimmter Realität

So sei heute Fox News– anders als die vielen regionalen Sender mit Stimmen wie der Coughlins – ein US-weites, nationales Netzwerk, das ein ganzes Segment des Medienmarktes dominiere. Und eines, das seinem Publikum liefere, was es nachfrage.
„Das ist auch der Grund, warum Fox News Falschaussagen zur Präsidentschaftswahl von 2020 gesendet hat, obwohl sie wussten, dass sie falsch waren. Weil sie Angst haben, ihr Publikum zu verlieren.“ Für Fox News gebe es immer die Gefahr, „dass noch extremere, kleinere Networks oder Medienportale sie rechts überholen“, stellt Nietzel fest.
In den USA gebe es eben es eine „Nachfrage nach einer bestimmten Realität“. Angesichts des daraus resultierenden Verschmelzens von Nachrichten, Unterhaltung und politischer Ansprache laute für ihn deshalb die entscheidende Frage: „Was bedeutet Berichterstattung überhaupt noch unter diesen Umständen?“